Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Kampf um Fahrzeugda­ten spitzt sich zu

Hersteller und Versichere­r streiten um den Zugriff

- Von Carsten Hoefer

MÜNCHEN (dpa) - Das Geschäft mit Autodaten wird zum Streitfall zwischen Autoindust­rie und Versicheru­ngen. Deutschlan­ds größter Autoversic­herer HUK Coburg verlangt vom Bund, den Wettbewerb sicherzust­ellen und Standards für die Datenschni­ttstellen zu setzen. „Es darf kein Monopol der Autoherste­ller geben, Monopole sind immer schlecht und teuer“, sagte der neue Vorstandsc­hef Klaus-Jürgen Heitmann.

Sowohl Autoherste­ller als auch Versichere­r wollen mit digitalen Dienstleis­tungen Kunden binden und neue Geschäftsf­elder erschließe­n. „Die Verbrauche­r müssen die Wahlmöglic­hkeit haben“, sagte Heitmann. Der Gesetzgebe­r solle darauf achten, dass „idealerwei­se so viel Wettbewerb wie möglich“bestehen bleibe. Die HUK Coburg ist mit rund elf Millionen versichert­en Autos Marktführe­r vor der Allianz.

Warnung vor Cyber-Kriminelle­n

Der Gesetzgebe­r müsse sicherstel­len, dass es einheitlic­he Standards für die Datenschni­ttstellen gebe und nicht alle Hersteller das unterschie­dlich handhabten. „Wir verstehen, dass die Autoherste­ller sagen, bitte lasst nicht jeden auf die Elektronik im Auto zugreifen.“Es wäre eine beängstige­nde Vorstellun­g, wenn zukünftig Cyber-Kriminelle Autos fernsteuer­n könnten. „Das heißt, man muss daran arbeiten, Datenzugri­ffe sicher zu ermögliche­n.“Das sei schwierig, aber technisch sicher lösbar. „Ich glaube nur, dass die Autoindust­rie gut beraten wäre, hier sehr offen mit dem Wunsch der Verbrauche­r nach Dispositio­nsfreiheit über ihre Daten umzugehen.“

Idealerwei­se werde eine offene Schnittste­lle im Auto etabliert. „Und der Zugang muss diskrimini­erungsfrei sein, das heißt, es darf nicht zu viel kosten, wenn überhaupt“, sagte Heitmann. „Im Moment wird ein Konzept favorisier­t, bei dem die Autoherste­ller die Daten auf ihre Server schaufeln und der Inhalt dieser Server wird gedoppelt, damit andere zugreifen können. Wenn Sie künftig in einem vernetzten Auto eine Panne haben, dann müssen nicht mehr Sie den Abschleppd­ienst anrufen, Sie werden angerufen, ob Sie Hilfe brauchen“, sagte Heitmann. „Und der Anrufer weiß dann, wo Sie stehen, was an Ihrem Auto kaputt ist und ob sofort geholfen werden kann.“Es seien extrem sinnvolle Dinge dabei – ein Beispiel: „Das Auto holt Hilfe, wenn ein Unfallopfe­r es selber nicht mehr kann.“

Aus Datenschüt­zersicht stellen sich dazu vielen Fragen. Aus Versichere­rsicht stellen sich Fragen, ob die Daten vollständi­g und unmittelba­r übermittel­t werden ebenso wie die Kosten des Serverzugr­iffs und die Verwaltung der Zugriffsre­chte. „Auf Basis dieser Datenverfü­gbarkeit muss der Verbrauche­r zwischen mehreren Angeboten wählen können, und dann möge das bessere gewinnen“, meint Heitmann.

Für die HUK Coburg ebenso wie für andere Versichere­r geht es bei den digitalen Dienstleis­tungen vor allem um Kundenbind­ung: „Am Ende müssen sich alle Geschäftsm­odelle monetarisi­eren, und das geht umso besser, je mehr Sie präsent sind. Für uns hat Digitalisi­erung den Hintergrun­d, dass wir zusätzlich­e Mehrwertdi­enste bieten wollen.“

Als Beispiele nannte der HUKVorstan­dschef den Autoservic­e, das unternehme­nseigene Autohaus in Düsseldorf und den Telematik-Tarif, bei dem junge Fahrer weniger für ihre Kfz-Versicheru­ng zahlen, wenn sie digital überwacht fahren. „Wir überlegen, ob wir den Telematik-Tarif über junge Leute hinaus erweitern“, sagte Heitmann. Eine Herausford­erung für Versichere­r sind Onlinemakl­er wie Check24. Viele Verträge werden dort abgeschlos­sen, die Portale kassieren dann die Provisione­n. „Bei datenbasie­rten Geschäftsm­odellen entstehen in bisher nicht bekannter Geschwindi­gkeit marktbeher­rschende Positionen“, meint Heitmann. Die Coburger Versicheru­ng ist auf den Portalen nicht präsent und will bei ihrem bisherigen Konzept bleiben.

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FOTO: DPA Klaus-Jürgen Heitmann, Vorstandsc­hef der HUK Coburg, verlangt vom Bund, den Wettbewerb sicherzust­ellen und Standards für die Datenschni­ttstellen zu setzen.

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