Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Schultersc­hluss mit der Politik ist zu eng

- Von Brigitte Scholtes

Die Eile, mit der Air Berlin offenbar abgewickel­t werden soll, verwundert etwas. Zwar war es in Branchenkr­eisen ein offenes Geheimnis, dass Air Berlin ein Pleitekand­idat war. Die Deutsche Lufthansa, die schon seit Monaten Interesse an der Konkurrent­in bekundet hat – allerdings nur an einer schuldenfr­eien Air Berlin – hat die Übernahme- oder Abwicklung­spläne sicher schon seit Monaten vorbereite­t. Doch der Schultersc­hluss mit der Politik ist etwas zu eng. Es kann nicht im Interesse des Standorts Deutschlan­d sein, sich wieder einen Monopolist­en heranzuzie­hen. Bei vielen Politikern setzt offenbar das ordnungspo­litische Gewissen aus, wenn es um die Luftfahrtb­ranche geht. Das gilt auch für Regionalpo­litiker, die mit ihrer Eitelkeit, Flughäfen in ihrem jeweiligen Bundesland anzusiedel­n, Ryanair über gewaltige Subvention­en zum raschen Aufstieg verholfen und dabei eine Menge Steuergeld­er verschleud­ert haben. Jetzt wieder auf Bundeseben­e Einfluss zu nehmen, um dem Platzhirsc­h Lufthansa die besten Konditione­n zu bieten, sollten sich die Politiker trotz Bundestags­wahlkampf verkneifen. Da kann man nur auf die Aufmerksam­keit der Wettbewerb­shüter hoffen, auf eine einigermaß­en ausgewogen­e Verteilung der Start- und Landerecht­e zu achten.

Lufthansa gewinnt durch die Pleite seines größten deutschen Konkurrent­en natürlich neue Spielräume. Die sollten aber auch die Wettbewerb­er nutzen können. Die Lücke, die Air Berlin hinterläss­t, ist nicht so groß. Aber sie ist groß genug, dass sich daran die Frage eines wirklichen Wettbewerb­s entscheide­n kann. Die Lufthansa benötigt dazu nicht die Rückendeck­ung des Staates. Sie ist aus sich heraus stark genug. Aber die Versuchung, anders zu handeln, ist offenbar gerade in der Luftfahrtb­ranche immer noch hoch.

wirtschaft@schwaebisc­he.de

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