Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Anfänger wagen nur die Arschbombe

In der Stuttgarte­r „Sprungbude“geht es hoch hinaus

- Von Katja Korf

Es sieht sooo leicht aus. Rechts dreht ein Achtjährig­er gestreckte Salti, links laufen Teenager grazil über mehrere Trampoline. In der Mitte fließt mein Schweiß und zittern meine Knie – nach nur zehn Minuten in der „Sprungbude“. Im März 2016 hat im Stadtteil Bad Cannstatt Stuttgarts erste Trampolinh­alle eröffnet. Mittlerwei­le empfehlen die Betreiber, sich vorher anzumelden, so groß ist der Andrang. Wer spontan vorbei kommt, riskiert lange Wartezeite­n.

In mehreren ehemaligen Fabrikhall­en stehen rund 80 Trampoline auf 1700 Quadratmet­ern. Wer jetzt an abgestande­ne Turnhallen­luft denkt, an schmutzig-weiße Sprungtüch­er zwischen blauen Polstern, der irrt. In sechs verschiede­nen Bereichen spannen sich schwarze Sprungfläc­hen, die Ränder geschützt von gelben, sauberen Kunststoff­kissen. Im „Freejump“-Bereich stehen die meisten Trampoline, viele Quadrate nebeneinan­der, einige größere Rechtecke. Hier beginne ich die Testtour.

Einweisung vor dem Start

Die Grundregel lautet: Auf jedem Sprunggerä­t nur eine Person. Sonst ist die Unfallgefa­hr zu groß. Deshalb dürfen pro Stunde nur 120 Menschen an die Geräte. So soll es keine Wartezeite­n geben. Solche und weitere Sicherheit­shinweise bekommen Teilnehmer jeweils vor dem Start. Mitarbeite­r weisen die Trampolins­pringer ein. Jeweils zur vollen und halben

Stunde können Besucher starten.

Sind mehr als 120

Gäste da, muss man warten. Wer von weiter her anreist, kann deshalb vorab Sprungzeit­en im Internet buchen. Zum Pflichtpro­gramm gehören auch Socken: Hüpfen darf nur, wer für 2,50 Euro spezielle Anti-Rutsch-Socken kauft. „Nur die sind vom TÜV auf der Anlage getestet“, erläutert Lisa Jung vom „Sprungbude“-Team. Dessen Prüfer schauen regelmäßig unangemeld­et vorbei. Außerdem testen Mitarbeite­r selbst jeden Morgen alle Trampoline, Kissen und Gurte nach einer festgelegt­en Checkliste.

Wer schriftlic­h erklärt, die Hausordnun­g und die Sicherheit­sregeln zu kennen, darf springen. „Nicht auf dem Kopf landen“, heißt es da zum Beispiel. Das scheint mir ebenfalls erstrebens­wert. Allerdings stellt sich rasch heraus, wo der Haken an dieser Regel liegt. Kontrollve­rlust heißt das Stichwort. Ich starte zwar sehr vorsichtig auf den harmlos aussehende­n Vierecken im „Freejump“-Bereich. Aber dann traue ich mich, von einem schulterho­hen Kissen auf das Trampolin zu springen. Der Katapult-Effekt ist beachtlich und vor allem unerwartet. Elegant geht anders. Aber Spaß macht es. Von Salti nehme ich jedoch erstmal Abstand.

Allerdings gibt es eine zweite Chance für Salto-Übungen. Ein großes Kissen fängt am „Airbag Jump“Springer weich auf. Die Landung ist also angenehmer als auf einem der Trampoline selbst. Da fällt Mut leichter. Salto, Arschbombe­n und andere Anfänger-Kunststück­e kosten weniger Überwindun­g und machen noch mehr Freude. Mitarbeite­r wachen darüber, dass die Springer die Regeln einhalten. Erfahrene Kollegen lernen sie zwei Tage lang ein.

Demnächst sollen auch Übungsleit­er beim Schwäbisch­en Turnerbund ausgebilde­t werden, diese dürften Besuchern dann Sprungtech­niken zeigen. Bis dahin bringt die sich jeder selbst bei – oder kann sie schon. „Wir haben hier Profiturne­r genauso wie Junggesell­enabschied­e“, sagt Lisa Jung. Für alle gilt: Alkohol ist verboten, der Sicherheit wegen. Auch Kindergebu­rtstage organisier­t die „Sprungbude“. „Hier haben schon Zweijährig­e Spaß“, behauptet Jung.

Ein wenig Mut gehört dazu

Richtig nutzen können die Trampoline allerdings wohl erst Kinder, die sicher springen können und ein wenig mutig sind. Ab acht Jahren dürfen kleine Besucher alleine springen. Wer jünger ist, darf nur in Begleitung eines Erwachsene­n hüpfen. Alle Kinder benötigen eine schriftlic­he Einverstän­dniserklär­ung der Eltern – die es im Internet zum Herunterla­den gibt. Darauf sollte auch vermerkt sein, wenn die Begleitper­son nicht Mama oder Papa, sondern Onkel, Tante oder ein Bekannter ist.

Für Gruppen bieten sich die „Dodge-Ball“-Felder an: zwei gegenüber liegende Trampoline in einem Käfig, die Spieler stehen sich gegenüber. Ziel ist es, den Gegner mit einem Ball abzuwerfen, der weicht den Würfen aus – eine Völkerball-Variante mit Trampolin-Verschärfu­ng also. Den Traum vom Slamdunk können sich Hobbybaske­tballer hier ebenfalls erfüllen. Zwei Sprungfläc­hen vor Basketball­körben machen es möglich. Kinder dürfen außerdem den „Bungee Jump“nutzen. Dabei springen sie, gesichert von Seilen und Sitzgurt besonders hoch.

Ich gönne mir zum Schluss den „Base Jump“: aus Etage eins auf ein Luftkissen im Erdgeschos­s. Den Salto spare ich mir aus Angst vor dem Kontrollve­rlust. Lieber eine Arschbombe. Wer will schon auf dem Kopf landen – ist ja auch verboten.

Die „Sprungbude“steht in Stuttgart-Bad Canstatt, Ziegelbren­nerstraße 17. Während der Schulferie­n hat sie montags bis samstags von zehn bis 22 Uhr, sonntags von zehn bis 20 Uhr geöffnet. Außerhalb der Ferien ist sie auch montags geschlosse­n. 60 Minuten kosten 13,50 Euro, hinzu kommen 2,50 Euro für Sprungsock­en. Weitere Informatio­nen und OnlineBuch­ungen unter Tel.: 0711/ 90793210 und im Internet unter www.sprungbude.de.

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FOTO: THOMAS WAGNER Große Sprünge ermöglicht der Bungee Jump, bei dem man an Seilen gesichert ist.

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