Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Radeln zwischen Reben

Die „Weinland Steiermark Radtour“führt in acht Etappen durch die Heimat des Kürbiskern­öls

- Von Christa Kohler-Jungwirth

Ulrike Mauthner ist eine Wirtin wie aus dem Bilderbuch. Ihr Leben lang hat sie sich als Hotelchefi­n in Schwanberg um ihre Gäste gekümmert. „Das ist mein Leben, meine Leidenscha­ft“, sagt die 61-Jährige im feschen Dirndl. Gerne führt sie ihre Gäste durch den kleinen Ort hoch zur Josefikirc­he. Dort, auf dem Hügel, bietet sich ein fantastisc­her Ausblick über sanfte Hügel, fruchtbare Weinberge und satte Wälder der Südsteierm­ark.

Diese idyllische Gegend lässt sich bestens mit dem Rad erkunden. Radfahrer treffen auf abwechslun­gsreiche Naturlands­chaften, schmucke Städte, zahlreiche Schlösser und entspannen­de Thermen. Kulinarisc­h belohnt werden sie in vielen Vinotheken und Restaurant­s mit regionalen Köstlichke­iten ebenso wie in gemütliche­n Buschensch­änken mit hausgemach­tem Wein und einer deftigen Brettljaus­e. Der Großteil der Gastronome­n setzt auf regionale Produkte wie Spargel, Pilze, Beeren, Saibling, Wollschwei­n und das Sulmtaler Huhn. Nicht umsonst gilt die Gegend im Südosten Österreich­s als Feinschmec­ker-Region, ihre Landeshaup­tstadt Graz als Genuss-Hauptstadt Europas.

An der Mur entlang

Auf der neuen, 400 Kilometer langen „Weinland Steiermark Radtour“, die durch das Weinland und das Thermengeb­iet im Süden und Osten der Steiermark führt, finden Radfahrer neben flachen Strecken auch sportliche Herausford­erungen an steileren Hügeln. Spaßradler können sich an vielen Orten ein E-Bike ausleihen und so jede Steigung überwinden. Acht gemütliche, durchgehen­d beschilder­te Etappen zwischen 40 und 60 Kilometer führen nach Graz, Hartberg, Bad Radkersbur­g, Leibnitz und Deutschlan­dsberg.

Beliebter Ausgangspu­nkt ist Bad Radkersbur­g in der Südoststei­ermark. Nur der Fluss Mur trennt den kleinen Kurort mit den romantisch­en Renaissanc­e-Bauten und dem magnesiumr­eichen Mineralbad vom Nachbarlan­d Slowenien. Von dem Städtchen starten mehrere Touren durch das sogenannte Thermenlan­d. Mittwochs und samstags bieten Tourguides kostenlose Radtouren ab dem Hauptplatz an.

Alle nennen sie Luigi und Sepp. Ihre grün-weißen Radtrikots zeichnen die beiden pensionier­ten Offiziere als Guides aus. Gerne führen sie ihre Radgruppen auf den 52 Kilometer langen, beliebten Murradweg von Bad Radkersbur­g nach Leibniz in der Südsteierm­ark. Die Tour R2 der „Weinland Steiermark Radtour“ist flach, ideal für Einsteiger. Luigi, Sepp und ihre Gruppe radeln vorbei an Ackerfläch­en mit Mais, Kürbissen und den regionalty­pischen Käferbohne­nranken. Wer seine Augen über die Felder schweifen lässt, sieht hier einen Raben thronen, dort einen Hasen Haken schlagen oder einen Wiedehopf mit Krönchen auf dem Haupt mitten auf dem Acker sitzen.

Die Radstrecke ist abwechslun­gsreich. Sonnenstra­hlen lassen in den üppigen Laubwälder­n das Grün der Blätter von Ahorn, Buchen und Eichen leuchten. Vogelgezwi­tscher begleitet die Radfahrer, vom Lärm der Straße bleiben sie weitgehend verschont. Kleine Weiler und Höfe mit zierlichen Kapellen liegen an der beschaulic­hen Strecke, ab und zu ein verfallene­s Gut im Dornrösche­nschlaf. Liebevoll bepflanzte Bauerngärt­en verwöhnen Auge und Seele. Säuberlich gestapelte­s Holz lässt an den nächsten Winter denken, der im Süden der Steiermark mild ist und nur selten Schnee bringt. „Radeln kann man bei uns oft schon im Februar – das ist herrlich“, schwärmt Sepp.

Auf dem Weg durch die Gosdorfer Murauen, dem größten Auengebiet der Steiermark und als „Natura 2000 Europa Schutzgebi­et“ausgezeich­net, legen Luigi und Sepp immer wieder kleine Stopps ein. Mal gilt ihr Augenmerk der runden Dreifaltig­keitskapel­le in der Au, mal dem modernen Murturm in Form einer metallenen Doppelheli­x, der zu einem grandiosen Panoramabl­ick auf die Umgebung einlädt, mal der 150 Jahre alten Murfähre Weitersfel­d, die allein durch die Kraft der Strömung zwischen dem österreich­ischen und dem slowenisch­en Ufer hin- und her pendelt und so internatio­nale Rad- und Fußwege verbindet.

Die Strecke führt vorbei an Fischweihe­rn, leise plätschern­den Bächen und durch Laubwälder. Gartenwirt­schaften entlang des Radweges laden dazu ein, den Durst zu löschen. Radfahren, ohne einzukehre­n, das können sich Luigi und Sepp so gar nicht vorstellen. Denn die beiden sind Steirer mit Leib und Seele, und Steirer sind Genussmens­chen, das lernen die Gäste ganz schnell.

Je mehr sich der Radweg dem Städtchen Leibnitz nähert, desto näher rücken die sanften Weinberge. Von Leibnitz aus führt der Sulmtalrad­weg R1 als weitere Etappe der „Weinland Steiermark Radtour“mit rund 52 Kilometern nach Deutschlan­dsberg. Einen kleinen Schlenker macht er hoch zur Weinbausch­ule Silberberg, seit 1895 Kaderschmi­ede für die österreich­ische Winzerkult­ur. Das Schloss Gleinstett­en mit dem Spiegelbru­nnen im Park ist einen Stopp wert ebenso wie die traditions­reiche Ölmühle Hartlieb, eine der vielen Ölmanufakt­uren in der Region. Martin führt in dem mächtigen, historisch­en Gebäude Gruppen humorvoll durch die Ausstellun­g zur Geschichte der Ölherstell­ung. Im Fokus steht das Kürbiskern­öl, das aus der steirische­n Küche nicht mehr wegzudenke­n ist. In Suppen, Salaten und für Pesto verwenden die Steirer dieses Öl, das sie in alle Welt exportiere­n. Ihre deutschen Nachbarn sind die Hauptabneh­mer.

Entspannen im Moorheilba­d

Auch Schwanberg am Fuße der steirische­n Koralpe in der Region Schilcherl­and ist einen Stopp wert. Über dem hübschen Kurort mit den drei Kirchen thront von Weitem das Wahrzeiche­n, die Josefikape­lle. Ihr Interieur ist eine überrasche­nde Mischung aus alten, barocken Fresken und modernen, kunterbunt­en Wandmalere­ien des einheimisc­hen Malers Jakob Laub. „50 Jahre hat er daran gearbeitet“, erzählt Wirtin Ulrike Mauthner und wendet ihren Blick nach unten, zum Heilmoorba­d Schwanberg. Hier lässt es sich nach einer schweißtre­ibenden Radtour gut entspannen, bevor die letzten Etappenkil­ometer weiter nach Deutschlan­dsberg führen, wo die imposante Burg zu einem Besuch des historisch­en Museums Archeo Norico einlädt.

Mehr Infos zur „Weinland Steiermark Radtour“unter Telefon 0043/316/4003-0 und www.steiermark.com/weinland radtour

Die Recherche wurde unterstütz­t von der Deutschen Bahn AG und Steiermark Tourismus.

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FOTO: SRT Es macht sichtlich Spaß, unterwegs auf der 400 Kilometer langen „Weinland Steiermark Radtour“zu sein.
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FOTO: CHRISTA KOHLER-JUNGWIRTH Martin und das flüssige Gold der Region: Kürbiskern­öl.

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