Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Tausende Patienten mit unterdosierten Krebsmedikamenten
ESSEN (AFP) - Der wegen knapp 62 000 Arzneimittelverstößen angeklagte Apotheker aus Bottrop hat nach Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft 37 Arztpraxen und Kliniken in sechs Bundesländern mit teils unterdosierten Krebsmedikamenten beliefert. Allein 32 dieser Praxen und Kliniken befanden sich in Nordrhein-Westfalen, wie eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft Essen am Donnerstag bestätigte. Jeweils einen Abnehmer hatte der Apotheker demnach in Rheinland-Pfalz, BadenWürttemberg, Sachsen, Niedersachsen und dem Saarland.
Die Zahl der betroffenen Patienten wurde in einem Bericht des NDR-Magazins „Panorama“und des Recherchezentrums „Correctiv“mit 3700 angegeben. Die Sprecherin der Staatsanwaltschaft nannte keine konkrete Zahl. Die Anzahl der Betroffenen bewege sich aber „im niedrigen vierstelligen Bereich“.
Die Staatsanwaltschaft hatte im Juli Anklage gegen den Apotheker erhoben. Er soll von Januar 2012 bis zu seiner Festnahme im November 2016 in 61 980 Fällen gegen das Arzneimittelgesetz verstoßen haben. Dabei soll er unter anderem Krebsmittel mit deutlich weniger Wirkstoff als ärztlich verordnet in den Verkehr gebracht haben. Ein Prozess fände vor dem Landgericht Essen statt. Die Entscheidung über die Zulassung der 820 Seiten umfassenden Anklageschrift fiel aber noch nicht. Neben Arzneimittelverstößen legt die Staatsanwaltschaft dem Mann zur Last, mehr als 50 000 Rezepte zu Unrecht abgerechnet zu haben. Dadurch sollen den gesetzlichen Krankenkassen rund 56 Millionen Euro Schaden entstanden sein.