Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Kleine Ursache, große Wirkung

Eine Wanze hat spürbare Schäden in Tettnanger Hopfengärt­en verursacht

- Von Mark Hildebrand­t

TETTNANG - Eine Wanze hat den Tettnanger Hopfenpfla­nzern in dieser Saison starke Kopfschmer­zen bereitet. Vor allem jenen, die Landsorten wie Tettnanger oder Hallertaue­r Mittelfrüh in ihren Hopfengärt­en stehen haben. An den befallenen Pflanzen gibt es Wachstumss­chäden, Verformung­en oder Kräuselbil­dung. Die Analysen sind noch nicht abgeschlos­sen, die Sorge bleibt.

Willi Moosherr von der Außenstell­e Tettnang des Landwirtsc­haftlichen Technologi­ezentrums Augustenbe­rg (LTZ) gab Hopfenpfla­nzern am 29. Juni bei einem Treffen den ersten Hinweis. Der Experte hatte beobachtet, dass einzelne Triebe den Draht nicht mehr finden. In diesen Trieben gab es Einstichst­ellen. Nach einiger Recherche hatte er eine Wanze in Verdacht. Danach stand bei Jürgen Weishaupt, dem Geschäftsf­ührer des Hopfenpfla­nzerverban­ds Tettnang, das Telefon nicht mehr still. „Mein Hopfen sieht schlecht aus – diese Worte habe ich immer wieder gehört“, erinnert sich Weishaupt. Der Verband koordinier­te Maßnahmen und Nachforsch­ungen. Zuvor hatten die Hopfenbaue­rn das Aussehen auf die Trockenhei­t bezogen – jetzt war klar: Ein Schädling ist schuld.

Unbekannte Wanze

„Niemand wusste, um welches Tier es sich genau handelt“, sagt Weishaupt. Klar war nur: Es gibt ein Problem. Doch welchen Schaden die Wanze genau verursacht, wie viele Generation­en es geben würde – das war unbekannt. Zumal diese Schäden in Tettnang vorher noch nie aufgetrete­n waren – außer im Jahr 2007 am Rand von Hopfengärt­en, aber ohne Auswirkung auf die Ernte. In dem größten deutschen Anbaugebie­t, der Hallertau, war das Schadensbi­ld vollkommen unbekannt. „Wir haben dann nationale und internatio­nale Netzwerke Jürgen Weishaupt, Geschäftsf­ührer des Hopfenpfla­nzerverban­ds Tettnang genutzt“, sagt Weishaupt. Die Alarmglock­en schrillten: 1998 vernichtet­e das Tier in Tschechien etwa 50 Prozent der Ernte.

In England waren Wanzenschä­den ebenfalls bekannt. Und zwar nicht nur an Trieben, sondern auch an Dolden und Blüten. Klar war: Die zweite Generation Anfang/Mitte August kann große Schäden verursache­n. Wenn die Wanze die Pflanze ansticht, um den Pflanzensa­ft zu saugen, sondert sie erst ein Sekret ab. Das verursacht die Schäden.

Es wurde eine Notzulassu­ng für den Wirkstoff „Karate“beantragt, so Weishaupt. Pflanzensc­hutzmittel damit wurden zum Teil in Hopfengärt­en vorbeugend aufgebrach­t, um die Dolden zu schützen, in anderen Gärten wurde nicht gespritzt. Auf jeden Fall wird der Wanzenbefa­ll Ertrag kosten. Wie viel das sein könnte, das werden Experten morgen bei der Hopfenschä­tzung im Tettnanger Anbaugebie­t sehen. Was das Ganze noch schwierige­r macht: Die Wanze ist hochmobil, Das mache die Entwicklun­g von Bekämpfung­sstrategie­n schwierig, so Weishaupt.

Bisher nur Vermutunge­n

Warum die Wanze in diesem Jahr in diesem Maß – und das auch nur in Tettnang – aufgetrete­n ist, weiß niemand. Es gebe nur Vermutunge­n, sagt Weishaupt: „Durch das warme Frühjahr kann es sein, dass einfach sehr viele Tiere da gewesen sind.“Vielleicht seien sie deswegen in die Hopfengärt­en gegangen. Vielleicht sei die Population sonst kleiner.

Ob der Befall in diesem Jahr eine Ausnahme war, oder ob dieser wieder auftreten kann, werde sich erst nächstes Jahr zeigen, so Weishaupt: „Wir haben in dieser Zeit immer mehr Fragezeich­en als Antworten gehabt.“So kann es sein, dass es im nächsten Jahr zahlreiche­n Nachwuchs gibt, ebenso kann die Wanzenepid­emie ausbleiben.

„Niemand wusste, um welches Tier es sich genau handelt.“

„Durch das warme Frühjahr kann es sein, dass einfach sehr viele Tiere da gewesen sind.“

Jürgen Weishaupt TRAUERANZE­IGEN

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FOTO: ZVG HOPFENPFLA­NZERVERBAN­D TETTNANG Die Wanze in vergrößert­er Darstellun­g: Dieses Exemplar ist etwa sechs bis sieben Millimeter groß.
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