Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Kleine Ursache, große Wirkung
Eine Wanze hat spürbare Schäden in Tettnanger Hopfengärten verursacht
TETTNANG - Eine Wanze hat den Tettnanger Hopfenpflanzern in dieser Saison starke Kopfschmerzen bereitet. Vor allem jenen, die Landsorten wie Tettnanger oder Hallertauer Mittelfrüh in ihren Hopfengärten stehen haben. An den befallenen Pflanzen gibt es Wachstumsschäden, Verformungen oder Kräuselbildung. Die Analysen sind noch nicht abgeschlossen, die Sorge bleibt.
Willi Moosherr von der Außenstelle Tettnang des Landwirtschaftlichen Technologiezentrums Augustenberg (LTZ) gab Hopfenpflanzern am 29. Juni bei einem Treffen den ersten Hinweis. Der Experte hatte beobachtet, dass einzelne Triebe den Draht nicht mehr finden. In diesen Trieben gab es Einstichstellen. Nach einiger Recherche hatte er eine Wanze in Verdacht. Danach stand bei Jürgen Weishaupt, dem Geschäftsführer des Hopfenpflanzerverbands Tettnang, das Telefon nicht mehr still. „Mein Hopfen sieht schlecht aus – diese Worte habe ich immer wieder gehört“, erinnert sich Weishaupt. Der Verband koordinierte Maßnahmen und Nachforschungen. Zuvor hatten die Hopfenbauern das Aussehen auf die Trockenheit bezogen – jetzt war klar: Ein Schädling ist schuld.
Unbekannte Wanze
„Niemand wusste, um welches Tier es sich genau handelt“, sagt Weishaupt. Klar war nur: Es gibt ein Problem. Doch welchen Schaden die Wanze genau verursacht, wie viele Generationen es geben würde – das war unbekannt. Zumal diese Schäden in Tettnang vorher noch nie aufgetreten waren – außer im Jahr 2007 am Rand von Hopfengärten, aber ohne Auswirkung auf die Ernte. In dem größten deutschen Anbaugebiet, der Hallertau, war das Schadensbild vollkommen unbekannt. „Wir haben dann nationale und internationale Netzwerke Jürgen Weishaupt, Geschäftsführer des Hopfenpflanzerverbands Tettnang genutzt“, sagt Weishaupt. Die Alarmglocken schrillten: 1998 vernichtete das Tier in Tschechien etwa 50 Prozent der Ernte.
In England waren Wanzenschäden ebenfalls bekannt. Und zwar nicht nur an Trieben, sondern auch an Dolden und Blüten. Klar war: Die zweite Generation Anfang/Mitte August kann große Schäden verursachen. Wenn die Wanze die Pflanze ansticht, um den Pflanzensaft zu saugen, sondert sie erst ein Sekret ab. Das verursacht die Schäden.
Es wurde eine Notzulassung für den Wirkstoff „Karate“beantragt, so Weishaupt. Pflanzenschutzmittel damit wurden zum Teil in Hopfengärten vorbeugend aufgebracht, um die Dolden zu schützen, in anderen Gärten wurde nicht gespritzt. Auf jeden Fall wird der Wanzenbefall Ertrag kosten. Wie viel das sein könnte, das werden Experten morgen bei der Hopfenschätzung im Tettnanger Anbaugebiet sehen. Was das Ganze noch schwieriger macht: Die Wanze ist hochmobil, Das mache die Entwicklung von Bekämpfungsstrategien schwierig, so Weishaupt.
Bisher nur Vermutungen
Warum die Wanze in diesem Jahr in diesem Maß – und das auch nur in Tettnang – aufgetreten ist, weiß niemand. Es gebe nur Vermutungen, sagt Weishaupt: „Durch das warme Frühjahr kann es sein, dass einfach sehr viele Tiere da gewesen sind.“Vielleicht seien sie deswegen in die Hopfengärten gegangen. Vielleicht sei die Population sonst kleiner.
Ob der Befall in diesem Jahr eine Ausnahme war, oder ob dieser wieder auftreten kann, werde sich erst nächstes Jahr zeigen, so Weishaupt: „Wir haben in dieser Zeit immer mehr Fragezeichen als Antworten gehabt.“So kann es sein, dass es im nächsten Jahr zahlreichen Nachwuchs gibt, ebenso kann die Wanzenepidemie ausbleiben.
„Niemand wusste, um welches Tier es sich genau handelt.“
„Durch das warme Frühjahr kann es sein, dass einfach sehr viele Tiere da gewesen sind.“
Jürgen Weishaupt TRAUERANZEIGEN