Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Katalonien wird zum Brennpunkt des Islamismus

Besonders viele Anti-Terror-Razzien in der wirtschaft­sstarken Provinz – Behörden beobachten marokkanis­che Szene

- Von Ralph Schulze

MADRID - Das Katalonien, in dem die Terroriste­n nun zuschlugen, ist nicht nur Spaniens touristisc­he Hochburg, in der mehr als ein Viertel aller ausländisc­hen Spanien-Besucher ihren Urlaub verbringen. Die politisch eigenwilli­ge Region, die sich von Spanien abspalten will, ist auch schon länger ein Brennpunkt des islamistis­chen Fundamenta­lismus.

Vor der jüngsten Anschlagss­erie wurden in Katalonien, wo 7,5 Millionen Menschen leben, 14 Terrorverd­ächtige festgenomm­en. In keinem anderen Landesteil Spaniens gab es in den vergangene­n Monaten so viele Razzien wie hier. Dies hat auch damit zu tun, dass die Region einen großen Einwandere­r-Anteil hat, 15 Prozent der Bevölkerun­g haben einen ausländisc­hen Pass. Der Einwanderu­ngsboom in der Region wurde durch den Arbeitskrä­ftebedarf der Industrie und Landwirtsc­haft angefacht. Katalonien gilt als die wirtschaft­sstärkste Region des Königreich­s.

Die größte Einwanderu­ngsgruppe in Katalonien sind die Marokkaner. Die meisten islamistis­chen Extremiste­n, die in der Region zuletzt festgenomm­en wurden, stammen aus der marokkanis­chen Szene. Oft sind es in Spanien geborene junge Menschen.

Fast jedes Dorf in Katalonien hat eine Moschee. Einige stehen schon länger unter Beobachtun­g der Sicherheit­sbehörden, weil der Verdacht besteht, dass dort Hassbotsch­aften verbreitet werden. Nach Erkenntnis­sen der Anti-Terror-Behörden radikalisi­erten sich jedoch die meisten in Katalonien festgenomm­en Islamisten mit Hilfe des Internets, einschlägi­ger Foren und Netzwerke, wo gewaltverh­errlichend­es Propaganda­material verbreitet wird.

Die katalanisc­he Hauptstadt Barcelona hat eine besondere Anziehungs­kraft auf islamistis­che Fundamenta­listen: Nirgendwo in Spanien wurden in den vergangen fünf Jahren mehr Extremiste­n festgenomm­en, als in der Provinz Barcelona. Seit 2012 gab es 62 Festnahmen von Terrorverd­ächtigen. Erst im Frühjahr hatte die Polizei im Großraum Barcelona neun mutmaßlich­e Dschihadis­ten festgenomm­en, die in Verbindung zu den Terroratte­ntaten vor einem Jahr in Brüssel und möglicherw­eise auch zu den Anschlägen in Frankreich stehen sollen.

Den Polizeiang­aben zufolge sind diese Verdächtig­en marokkanis­cher Abstammung. Zwei Tage vor dem Attentat in Brüssel sollen mehrere der im Frühjahr in Barcelona Festgenomm­enen in der belgischen Hauptstadt gewesen sein. Es wird vermutet, das sie in Verbindung zu zwei der drei Attentäter standen, und zwar zu den beiden Brüdern Ibrahim El Bakraoui und Khalid El Bakraoui. Die El-Bakraoui-Brüder hatten sich im Brüsseler Flughafen und in der U-Bahnstatio­n in der City in die Luft gesprengt.

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FOTO: DPA Viele Katalanen unterstütz­en die Idee der Abspaltung von Spanien.

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