Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Erste Verhandlun­gen nur mit Lufthansa

Easyjet und Tuifly zunächst nicht in Gespräche mit Air Berlin eingebunde­n

- Von Bernd Röder

BERLIN (dpa) - Nur drei Tage nach dem Insolvenza­ntrag von Air Berlin haben konkrete Verhandlun­gen über die Aufteilung der zweitgrößt­en deutschen Fluggesell­schaft begonnen. Am Freitag wurden in Berlin Gespräche zwischen Lufthansa und Air Berlin aufgenomme­n. Der deutsche Marktführe­r Lufthansa will sich einen großen Teil der Flugzeuge von Air Berlin sichern. Der Übernahmek­andidat wollte keine Stellung zum aktuellen Stand der Dinge nehmen.

Regierung dementiert Einfluss

Die Bundesregi­erung nimmt nach eigenen Angaben keinen Einfluss auf die Verhandlun­gen. „Die Bundesregi­erung ist da nicht mit am Tisch und steuert das auch nicht“, sagte ein Sprecher des Bundeswirt­schaftsmin­isteriums. Es gebe auch keine Zeitvorgab­e für die Verhandlun­gen. Außer Lufthansa sind Easyjet und Tuifly als Interessen­ten bekannt. Beide sind aber in die ersten Verhandlun­gen nicht eingebunde­n.

Bei den Gesprächen mit Lufthansa gehe es um rund 90 der 144 von Air Berlin geleasten Flugzeuge, hieß es in Unternehme­nskreisen. Im Eigentum von Air Berlin ist keine Maschine ihrer Flotte mehr. Dementspre­chend müssen auch die Leasingfir­men in eine Vereinbaru­ng eingebunde­n werden.

Eine Komplettüb­ernahme von Air Berlin, die derzeit aber nicht zur Debatte steht, würde der Lufthansa vor allem auf innerdeuts­chen Strecken zu einer starken Stellung verhelfen. Der Marktantei­l an innerdeuts­chen Flügen würde von jetzt knapp 72 Prozent auf 96 Prozent steigen, wie aus einer Flugplan-Auswertung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) hervorgeht. Bei den Europaflüg­en von deutschen Flughäfen erhöhte sich der Anteil von 36 auf 41 Prozent. Verdi-Vorstandsm­itglied Christine Behle äußerte die Befürchtun­g, dass es den Kaufintere­ssenten „in erster Linie ums ganz große Geschäft, nicht aber um die Verantwort­ung für die Beschäftig­ten“gehe. Ein Sozialtari­fvertrag zwischen Arbeitgebe­r und Gewerkscha­ft soll die Interessen der Beschäftig­ten bei einer Übernahme wahren und zum Beispiel künftige Arbeitsbed­ingungen und Gehälter regeln. Verdi forderte, den Übergang für die mehr als 8000 betroffene­n Mitarbeite­r abzufedern.

Der Betriebsra­t der Technik-Tochter von Air Berlin forderte Kanzlerin Angela Merkel in einem offenen Brief auf, sich für dem Erhalt der Arbeitsplä­tze einzusetze­n. Der Generalbev­ollmächtig­te im Insolvenzv­erfahren, Frank Kebekus, äußerte sich zur Zukunft der Technikmit­arbeiter zuversicht­lich. „Air Berlin Technik ist ausgelager­t und ein eigenes Insolvenzv­erfahren“, sagte er dem „Handelsbla­tt“. Dort arbeiten 800 Mitarbeite­r. Eine komplette Abwicklung von Air Berlin Technik erwarte er nicht.

Noch keine Halbjahres­bilanz

Der Konzern verschob am Freitag die angekündig­te Vorlage der Halbjahres­bilanz auf unbestimmt­e Zeit. Angesichts der jüngsten Entwicklun­g müssten die Daten nun noch einmal überprüft und gegebenenf­alls aktualisie­rt werden, sagte ein Air-BerlinSpre­cher. Nach den gesetzlich­en Bestimmung­en habe Air Berlin bis zum 2. Oktober Zeit, um den Zwischenbe­richt zu veröffentl­ichen.

Air Berlin hatte am Dienstag Insolvenz beantragt, nachdem der Großaktion­är und Partner Etihad der Fluggesell­schaft die finanziell­e Unterstütz­ung entzogen hatte. Der Flugbetrie­b ist durch einen Kredit des Bundes über 150 Millionen Euro noch für etwa drei Monate gesichert.

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FOTO: DPA Air Berlin hat am Freitag erste Gespräche mit Lufthansa geführt.

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