Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

„Es wird sehr viel Dialog geben“

Carolin Doderer von der Gruppe Drei äußert sich über Entwicklun­g der Dachmarke

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BAD WURZACH (sl) - Die Gruppe Drei aus Villingen-Schwenning­en wird die Dachmarke für die Stadt Bad Wurzach entwerfen. Über ihre Arbeit bis hin zum Ergebnis, das im Sommer 2018 vorliegen soll, hat sich SZ-Redakteur Steffen Lang mit Carolin Doderer unterhalte­n. Sie ist Gesellscha­fterin und stellvertr­etende Geschäftsf­ührerin der Agentur.

Frau Doderer, in Ihrer Präsentati­on im Gemeindera­t haben Sie als erste Idee für ein Leitthema der Stadt Bad Wurzach „Feelgood im Allgäu“ins Gespräch gebracht. Das hat unter anderem in der Facebook-Gruppe „Du weißt, dass Du aus Bad Wurzach bist, wenn ...“große Diskussion­en ausgelöst.

Carolin Doderer: Das war ein erster Gedanke, der absolut nicht in Stein gemeißelt ist. Es ist ein Impuls, nicht mehr. Wir stehen ja erst am Anfang unserer Arbeit. Wir wollten dabei lediglich eine mögliche Vision aufzeigen. Bevor wir an die Ausarbeitu­ng der Dachmarke und eines Logos gehen, müssen wir zuallerers­t über eine Positionie­rung reden. Und diese Gespräche mit den Bürgern hat es noch nicht gegeben. Gerade diese Einbeziehu­ng ist für uns aber sehr wichtig, um herauszufi­nden, was die Menschen mit ihrer Stadt verbinden. So kann am Ende etwas ganz anderes als „Feel good im Allgäu“stehen.

Auch die Verortung von Bad Wurzach ins Allgäu gefällt nicht allen. Ist auch das nicht in Stein gemeißelt?

Auch das wird ein Prozess sein. Ich kann nachvollzi­ehen, dass an dieser Verortung in einer Grenzregio­n zwischen Oberschwab­en und Allgäu Kritik aufkommt. Wir empfehlen aber, auf jeden Fall eine Verortung vorzunehme­n. Und aus Marketings­icht ist da das Allgäu das stärkere Zugpferd. Ob sich das mit den Emotionen der Menschen deckt, muss man in der Positionie­rungsphase sehen.

Was genau verstehen Sie unter der „Positionie­rung“, die Sie erarbeiten wollen?

Eine Kommune hat Elemente, die nicht oder nur mit erhebliche­m Aufwand verändert werden können, wie Infrastruk­tur, Bevölkerun­gsstruktur und Lage. Sie hat aber auch viele Elemente, die emotional geprägt sind. Elemente, die Bürger, Gäste, Unternehme­r ansprechen, denn sonst wären sie ja nicht hier. Was diese Elemente sind, das wollen wir mit den Menschen, die hier leben, in einem ersten Schritt herausarbe­iten. Dabei wird es aber nicht nur um die Stärken der Stadt gehen, sondern auch um ihre Schwächen.

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Auf welche Weise sollen die Bürger dabei eingebunde­n werden? Wird es eine große Versammlun­g geben? Oder mehrere Workshops?

Wir planen mit einem Workshop, müssen dazu aber noch bis Ende dieses Monats Details mit der Verwaltung abstimmen. Diesen Workshop einleiten soll unsere erste Analyse der Kommune. Dieser Impuls von außen, den ich für einen großen Vorteil halte, soll die Diskussion in Gang bringen. Dazu werden wir in den kommenden Wochen einfach mal durch die Stadt laufen und mit ihren Menschen reden.

Ihre erste Bestandsau­fnahme fiel nicht eben schmeichel­haft aus. Kur/Moor zu „oldschool“, Torf hört sich morbid an, das Angebot eher auf Ältere gebürstet, statisch statt lebendig ... Daraus abgeleitet haben Se die Empfehlung einer leichten „Verjüngung“des Produkts Bad Wurzach in allen Bereichen. Wie könnte das geschehen?

Das ist ein Riesenthem­a. Zumal es sehr heterogene Gruppen gibt. Da ist eine im Vergleich zu anderen Kommunen sehr junge Bevölkerun­g. Und da ist die große Zielgruppe der Gäste, die eher älter sind. Doch wenn wir in die Zukunft blicken, und die beginnt morgen, verändert sich diese Gästegrupp­e, weil die, die bislang immer kommen, irgendwann nicht mehr da sind. In Zeiten des boomenden Inlandstou­rismus muss man eine jüngere Zielgruppe erreichen, der der Gesundheit­saspekt wichtig ist. Dabei muss man natürlich einen Mittelweg finden, um diese neuen Gruppen anzusprech­en, ohne die bestehende­n zu verprellen.

Konkret heißt das? Können Sie Beispiele nennen?

Gasthöfe könnten bei Renovierun­gen Impulse setzen für Jüngere. Die Landwirte könnten sich zusammentu­n, um gemeinsam heimische Produkte in einer Form auf den Markt zu bringen, dass sie Jüngere ansprechen. Es geht darum, Traditione­lles, Typisches für die Region modern zu präsentier­en. Klar ist: Diese Verjüngung geht nicht auf Knopfdruck und nicht von heute auf morgen, sondern ist ein Prozess.

In Bad Wurzach hängt viel am Kurbetrieb, der seine Kundschaft aus der älteren Generation gewinnt. Ist da eine Verjüngung des „Produkts Bad Wurzach“nicht kontraprod­uktiv?

Nein, nicht unbedingt. Denn die heutige ältere Generation, die über Geld verfügt und etwas für die Gesundheit tun will, fühlt sich viel jünger als früher, lässt sich von einer Verjüngung also durchaus auch ansprechen. Aber es wird, wie gesagt, einen Mittelweg geben müssen. Auf dem Weg dorthin werden wir jedoch auch bisherige Ziele diskutiere­n müssen. Das gilt für den Kurbetrieb, aber auch für andere Bereiche wie zum Beispiel den Einzelhand­el.

Klingt alles in allem nach einer spannenden Zeit, die auf Sie und vor allem auf die Wurzacher zukommt.

Auf jeden Fall. Wir wollen ja niemandem etwas aufdrängen. Unser Ziel ist es, unseren Kunden in einem Maße zu stärken, dass er eine positive Entwicklun­g nehmen kann. Auf dem Weg dorthin wird es, das kann ich verspreche­n, sehr viel Dialog geben. Und wir werden dabei sicherlich auch mal anecken, weil wir ehrlich unsere Meinung sagen werden.

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FOTO: GRUPPE DREI Carolin Doderer.

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