Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Vertreibun­g aus dem Paradies verschoben

Die Nacktbader am Eschacher Weiher dürfen bis 2023 auf der Halbinsel bleiben

- Von Bastian Hörmann und Anja Worschech

BUCHENBERG-ESCHACH - Aufatmen bei den Nacktbader­n des FKKVereins „Bund Alpenland“im Oberallgäu. Seit Kurzem steht fest: Sie dürfen die idyllische Moorinsel am Eschacher Weiher weitere fünf Jahre nutzen. Eigentlich sollte die Halbinsel bereits 2018 renaturier­t werden, da sie im Naturschut­zgebiet liegt.

Warum der Pachtvertr­ag doch verlängert wurde? „Auf der Fläche neben der Insel sind Homosexuel­le unterwegs, die dort ihre Spielchen treiben“, sagt Anton Klotz, Vorsitzend­er des Zweckverba­nds „Erholungsg­ebiete Kempten und Oberallgäu“. Diese „wilden Treffen“seien vielen ein Dorn im Auge, Badegäste würden das mit Missgunst beobachten. „Der Verein tut der Situation gut, deshalb haben wir die Pacht verlängert.“Denn der FKK-Verein „Alpenbund“kümmere sich um die Insel, sagt Klotz.

Toni Barth, Bürgermeis­ter von Buchenberg, begründet die Pachtverlä­ngerung anders: Man schenke den Vereinsmit­gliedern mehr Zeit, weil man einen „geordneten Rückbau“möchte. Trotzdem bleibt ein Problem: „Wir müssen uns überlegen, wie man das Betretungs­verbot auf der Insel in Zukunft durchsetze­n will“, sagt Barth. Denn die Halbinsel ist leicht zu erreichen und ein einladende­s, romantisch­es Idyll. Am See gab es bisher immer wieder Probleme, da sich Gruppen über Internetfo­ren im hinteren Uferbereic­h des Sees verabredet­en, um öffentlich Sex zu haben. „Da gab es zum Teil ganze Rudel-Bums“, sagt ein 71-jähriger Badegast aus Leutkirch. Viele Familien mit Kindern wollten daraufhin nicht Anton Klotz, Vorsitzend­er des Zweckverba­nds „Erholungsg­ebiete Kempten und Oberallgäu“

mehr an den Weiher fahren.

Die Lösung: Die Gemeinde mähte den Farnbereic­h am Ufer ab, in dem sich die Männer regelmäßig vergnügten. „Die Szene hat sich seitdem verlagert. Das ist jetzt nicht mehr so schlimm“, sagt der Leutkirche­r.

Das spielt dem FKK-Verein nun in die Karten. „Wenn wir hier weg sind und die Insel sich selbst überlassen ist, dann werden hier andere den Platz einnehmen“, sagt Karin Kipfer, Schriftfüh­rerin des FKK-Vereins. Eine weitere Nacktbader­in nickt zustimmend. „Dann herrscht hier Sodom und Gomorra“.

Spekulatio­nen ranken sich seitdem aber auch um die bewaldete, nicht einsehbare Insel des FKK–Vereins „Bund Alpenland“. „Unter den Badegästen erzählt man sich, da geht’s abends recht bunt zu“, sagt eine 77-Jährige aus Haldenwang. Selbst mitbekomme­n hat die Haldenwang­erin das aber noch nie. „Ich bin ja nur nachmittag­s zum Schwimmen hier.“

Gudrun Dohmer ist schon seit über 30 Jahren Mitglied des FKK–Vereins: „Ich kann mir schon vorstellen, dass mit den Leuten die Fantasie durchgeht, weil sie die Insel nicht kennen.“Sex-Treffs wie am Waldsee im Landkreis Neu-Ulm gab und gibt es auf der Insel im Eschacher Weiher jedenfalls nicht. „Keine Sexpartys, keine Orgien oder andere Auswüchse“, sagt Karin Kipfer vom FKK-Verein. „Das wäre uns aufgefalle­n.“

Mehr als eine FKK-Liegewiese

Kipfer ist erleichter­t, dass der Pachtvertr­ag für ihren Verein nun verlängert wurde. Selbst wenn es nur ein Aufschub auf Zeit ist. Die Nacktbader gründeten ihren Verein vor 60 Jahren. Die etwa 100 Vereinsmit­glieder (Altersdurc­hschnitt 71 Jahre) genießen somit noch ein paar weitere Sommer die Abgeschied­enheit der Halbinsel.

Auf der bewaldeten Moorinsel versteckt sich nämlich viel mehr als nur eine FKK-Liegewiese. Es gibt eine Schutzhütt­e und ein Ball-Spielfeld. Die Wege sind aus Holz und liegen urig zwischen den Bäumen. Auch auf die Natur achtet der Verein ausdrückli­ch. „Das steht in unserer Satzung“, sagt Kipfer. Seinen Müll nehme jedes Vereinsmit­glied selbst mit, es gebe eine eigens gebaute Toilette und die Wollblumen­wiese, in der Nähe des Zugangs zur Insel, habe noch nie jemand betreten. Auch der Oberallgäu­er Landrat Anton Klotz bestätigt das: „Uns ist aufgefalle­n, dass sich die Vereinsmit­glieder bestens benommen haben. Es gab keine Probleme.“Dennoch muss der Verein alle Anlagen und Holzstege bis 2023 abbauen, um die Halbinsel in ihren ursprüngli­chen Zustand zu versetzen.

„Auf der Fläche neben der Insel sind Homosexuel­le unterwegs, die dort ihre Spielchen treiben.“

 ?? FOTO: RALF LIENERT ?? Der Eschacher Weiher ist beliebt bei Badegästen und Nacktbader­n. Der FKK-Verein „Bund Alpenland“hat auf der bewaldeten Halbinsel seinen Bereich. Am hinteren Ufer treffen sich immer wieder Gruppen, um öffentlich Sex zu haben.
FOTO: RALF LIENERT Der Eschacher Weiher ist beliebt bei Badegästen und Nacktbader­n. Der FKK-Verein „Bund Alpenland“hat auf der bewaldeten Halbinsel seinen Bereich. Am hinteren Ufer treffen sich immer wieder Gruppen, um öffentlich Sex zu haben.

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