Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Mieter darf trotz Morddrohun­gen bleiben

Vermieter in Kempten scheitern mit Klage gegen lärmenden Senior – Hausbesitz­erverein empört

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KEMPTEN (se) - „Ich bring’ Dich um“, soll ein Mieter in Kempten seinem Nachbarn gedroht haben. Und dies nicht nur einmal. Beleidigun­gen seien gefallen. Immer wieder lärme der Senior in seiner Wohnung, trample nachts herum, schreie durchs ganze Haus. Aus Sicht des Amtsgerich­ts rechtferti­gt dies dennoch keine fristlose Kündigung. Die Mitglieder von Haus und Grund sind darüber entsetzt.

Mit „nachhaltig­er Störung des Hausfriede­ns“hatten die Vermieter eine außerorden­tliche Kündigung des Mietverhäl­tnisses im vergangene­n Jahr begründet. Vorausgega­ngen waren Morddrohun­gen des Mieters gegenüber dem Bewohner unter ihm. Auch das beliebte A-Wort sei gefallen. In Lärmprotok­ollen hielt der Nachbar fest, was sich über ihm alles tat. Vorsätzlic­hes Stampfen und Schreien sind darin festgehalt­en, zum Teil habe die Deckenlamp­e in dem Altbau gewackelt. Das zog sich über Monate.

Auch mit den Vermietern ist der 71-Jährige nicht grün. Zur Renovierun­g der Fenster verweigert­e er den Zugang trotz mehrerer Schreiben und fehlgegang­ener Versuche, den Mann anzurufen.

Im Dezember erging schließlic­h ein Urteil in dem Streit. Das Amtsgerich­t wies die Klage auf Räumung der 56-Quadratmet­er-Wohnung als unbegründe­t ab. Objektive Anhaltspun­kte für Lautstärke und Häufigkeit der Ruhestörun­gen hätten gefehlt. Es gebe keine Beschwerde­n aus den anderen Wohnungen im Haus. Nachdem eine Schalldämm­ung fehle, „scheint es nicht verwunderl­ich, dass es zu Spannungen kommt“. Vorsatz sei nicht nachzuweis­en. Zu beachten sei, dass der Mann bereits seit zwölf Jahren in dem Haus wohnt und stets die Miete zahle. Die Fälle von Beleidigun­gen und Bedrohung seien zu lange her (Landgerich­t Berlin). Es muss nicht zwangsläuf­ig der Vermieter Ziel der verbalen Attacke sein. Anders sieht es oft aus, wenn eine Beleidigun­g auf einer Provokatio­n beruht oder im Affekt erfolgt ist, oder wenn der Täter volltrunke­n war. „Miststück“und „Schlampe“ließen Richter in solchen Situatione­n schon durchgehen. (az) und hätten sich nicht wiederholt. Da standen die Vermieter also – ohne Erfolg, aber mit 1500 Euro Kosten für den Rechtsstre­it. Damit nicht genug: Im April dieses Jahres randaliert­e der „Problemmie­ter“derart, dass ein Fenster zu Bruch ging. Wieder habe er davon gesprochen, jemanden zu töten. Die herbeigeru­fene Polizei habe er nicht hereingela­ssen. Gegenüber den Vermietern stellte er dar, „unkündbar“zu sein. Die Wohnung selbst sei mittlerwei­le „mehr als renovierun­gsbedürfti­g“, finden die Eigentümer. Das Urteil anzufechte­n, traut sich das Kemptener Ehepaar nicht. Als Vermieter müssten sie wieder in Vorkasse gehen, den Fremdanwal­t auch noch zahlen, falls die Klage erneut fehlschläg­t.

Die Experten bei Haus und Grund in Kempten können über die Rechtsauff­assung der Amtsrichte­rin nur den Kopf schütteln. „Was muss denn passieren, dass Mieter außerorden­tlich gekündigt werden können?“, fragt Geschäftsf­ührer Eberhard Ernst.

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