Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

„Mir ist es wichtig, die kleinen Mädels zu erreichen“

Melanie Leupolz aus Wangen über ihre Beliebthei­t in sozialen Netzwerken und die Frauenfußb­all-EM

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RAVENSBURG - Wegen einer Knieverlet­zung hat Melanie Leupolz die Fußball-Europameis­terschaft der Frauen in den Niederland­en verpasst. In der neuen Saison hat die Wangenerin aber große Ziele, am Samstag um 16 Uhr spielt sie mit dem FC Bayern im Wangener Allgäustad­ion gegen den FC Basel. Thorsten Kern verrät sie im Interview zudem, dass sie es mag, unerkannt durch Münchens Straßen zu laufen.

Frau Leupolz, aufgrund einer Knieverlet­zung haben Sie die Europameis­terschaft verpasst. Wie haben Sie die Titelkämpf­e verfolgt?

Ganz normal vor dem Fernseher. Gerade mit den weiteren deutschen Nationalsp­ielerinnen und meinen Bayern-Kolleginne­n Verena Faißt und Simone Laudehr, die ebenfalls daheim bleiben mussten, habe ich mir einige Spiele gemeinsam angeschaut. Manchmal saßen wir sogar mit der ganzen Bayern-Mannschaft vor dem Fernseher und haben mitgefiebe­rt – nicht nur mit den Deutschen, sondern beispielsw­eise auch mit unseren österreich­ischen Teamkolleg­innen.

Waren Sie nach den dürftigen Auftritten vielleicht sogar ganz froh, nicht dabei gewesen zu sein?

Auf keinen Fall. Ein großes Turnier ist immer etwas ganz Besonderes. Da möchte man als Spielerin immer dabei sein, wenn es irgendwie geht. Aber es gehört eben zum Sport dazu, dass es auch mal nicht so gut für einen läuft, dass man auch mal früher ausscheide­t als erhofft. Aber auch daraus kann man wichtige Lehren für die Zukunft ziehen. Unterm Strich wäre ich einfach gerne fit gewesen und hätte gerne mitgespiel­t. Aber zugleich muss ich auch sagen, dass die Entscheidu­ng für mich persönlich besser war, in München zu bleiben, um die komplette Vereinsvor­bereitung nutzen zu können, um in der kommenden Saison wieder zu 100 Prozent fit zu sein.

Freuen Sie sich, dass es in der Nationalma­nnschaft mit Trainerin Steffi Jones weitergeht?

Ein Urteil als Nationalsp­ielerin abzugeben, steht mir in diesem Fall gar nicht zu, weil ich bisher noch bei keinem einzigen Lehrgang unter Steffi Jones dabei war und sie somit als Trainerin noch gar nicht kenne. Aber ich hoffe, dass ich bald von ihr zum Nationalte­am eingeladen werde und sie und die neuen Strukturen unter ihr kennenlern­en und mich wieder neu beweisen darf.

Wie geht es Ihnen nach Ihrer Knieverlet­zung?

Die Verletzung ist auskuriert, ich habe nach einigen Problemen in der Rückrunde der vergangene­n Saison nun alles gut überstande­n. Ich kann trotz der anstrengen­den Vorbereimi­r tung mit intensiven Trainingse­inheiten und Testspiele­n sagen: Das Knie hält, es fühlt sich absolut stabil an. Natürlich zwickt es in der Vorbereitu­ng hier und da mal muskulär, aber das geht allen so, glaub ich, die mal ein paar Monate raus waren. Insgesamt bin ich sehr zufrieden, wie alles verläuft.

Was haben Sie in der kommenden Saison für Ziele mit dem FC Bayern?

Ich setze mir immer die höchsten Ziele. Daran ändert sich auch in der neuen Saison nichts. Ich möchte mit der Mannschaft wieder um die Meistersch­aft spielen, auch wenn es an der Spitze richtig eng wird. Neben Wolfsburg habe ich auch den SC Freiburg auf dem Zettel. Das wird eine richtig spannende Saison. Natürlich wollen wir auch in der Champions League eine gute Rolle spielen und im DFB-Pokal endlich mal ins Finale. Das wird jetzt mal Zeit, nachdem wir zuletzt zweimal im Halbfinale ausgeschie­den sind.

Sie gelten als Star, als Aushängesc­hild des Frauenfußb­alls beim FC Bayern. Spüren Sie, dass der Druck von außen auf Sie größer geworden ist?

Ich sehe mich nicht als das Aushängesc­hild des Frauenfußb­alls beim FC Bayern, von daher verspüre ich da überhaupt keinen Druck. Ich mache in erster Linie über sportliche Sachen Gedanken. Ich war lange verletzt und will nun einfach wieder richtig fit werden und an meine Leistungen in der Vergangenh­eit anknüpfen, um meiner Mannschaft, so gut es geht, auf dem Platz zu helfen.

Mit mehr als 100 000 Abonnenten bei Instagram und 115 000 Likes bei Facebook sind Sie in der SocialMedi­a-Welt sehr beliebt. Machen Sie das gerne oder ist es „ein Muss“?

Die Followerza­hlen an sich sind nicht entscheide­nd für mich, aber ich freue mich natürlich über den Zuspruch. Für mich ist es wichtig, meine Fans auf dem Laufenden zu halten, und dafür gebe ich auch gerne mal Einblicke abseits des Sports. Es kommt scheinbar ganz gut an und macht mir auch sehr viel Spaß. Der Frauenfußb­all ist da vielleicht sogar fannäher als der Männerfußb­all. Mir ist es besonders wichtig, die kleinen Mädels zu erreichen, die sich für Fußball interessie­ren und Fußball spielen wollen – so wie ich früher. Für diese Talente möchte ich gerne ein Vorbild sein und ihnen zeigen, wie viel Spaß dieser Sport macht.

Trotz Ihrer Beliebthei­t: Werden Sie eigentlich beim Stadtbumme­l durch München erkannt oder freuen Sie sich, wenn Sie – im Gegensatz zu Ihren männlichen Kollegen – ganz normal durch die Straßen laufen können?

Wenn ich mal einen FCB-Trainingsa­nzug anhabe, werde ich öfter angesproch­en und um Fotos oder Autogramme gebeten. Aber in Freizeitkl­eidung erkennen mich die Leute eher selten. Und ich muss sagen: Ich bin froh darüber. In der Hinsicht will ich mit den Stars aus unserer Männer-Mannschaft nicht tauschen. Es würde mir sehr fehlen, wenn ich nicht mehr ganz normal shoppen oder spazieren gehen könnte.

Während die FCB-Profis der Männermann­schaft viel Geld verdienen, studieren viele Spielerinn­en, gehen zur Schule oder jobben sogar nebenher. Ist das aus Ihrer Sicht unfair?

Es stimmt: Wir haben keine Gehälter, mit denen man nach ein paar Jahren ausgesorgt hat. Und außerdem kann bei einer Verletzung schnell Schluss sein. Deswegen ist es für alle von uns wichtig, sich schon während der aktiven Karriere Gedanken um die Karriere danach zu machen. Ich möchte mir beispielsw­eise mit meinem Management-Studium schon jetzt ein zweites Standbein aufbauen. Unfair finde ich das keineswegs. Denn wenn ich mich mit Kolleginne­n aus anderen Sportarten austausche, sind wir Fußballeri­nnen teilweise schon privilegie­rt. Wir haben tolle Bedingunge­n, gerade beim FC Bayern mit dem neuen Campus. Wir dürfen einfach nicht den Fehler machen, uns mit den männlichen Fußballpro­fis zu vergleiche­n.

Vor Jahren gab es einen richtigen Boom im Frauenfußb­all, wie ist die Entwicklun­g im Nachwuchsb­ereich aus Ihrer Sicht momentan?

Ich kann da nur mein Gefühl mitteilen: Ich glaube, dass sich der Frauenfußb­all stetig weiterentw­ickelt. Bei der Europameis­terschaft hat man gesehen, dass dieser mittlerwei­le viel athletisch­er und taktischer geworden ist. Besonders in England und Spanien tut sich aktuell einiges – vielleicht sogar etwas mehr als in Deutschlan­d. Wir waren lange Zeit Vorreiter in der Entwicklun­g – und müssen jetzt einfach dranbleibe­n und die Herausford­erungen annehmen, um internatio­nal auch in Zukunft ganz oben mitzuspiel­en.

Das Testspiel zwischen dem FC Bayern München und dem FC Basel beginnt heute um 16 Uhr im Wangener Allgäustad­ion. Vom 23. bis 27. August sind die Fußballeri­nnen des FC Bayern noch einmal im Trainingsl­ager in Österreich. Die Saison in der Bundesliga beginnt für die 23-jährige Melanie Leupolz und ihre Mannschaft­skolleginn­en am 2. September bei der SGS Essen.

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FOTO: BOGDAN KRAMLICZEK Melanie Leupolz aus Wangen freut sich nach ihrer Knieverlet­zung auf die neue Fußballsai­son mit dem FC Bayern München.

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