Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Unwetter: Feuerwehr rückt 210 Mal aus
Sturm richtet große Schäden im Kreis Ravensburg an
RAVENSBURG (sz/vin) - Ein kräftiges Unwetter ist am Freitagabend über den Landkreis Ravensburg gezogen. Vor allem der heftige Sturm mit Böen bis zu 100 Stundenkilometern sorgte für große Schäden. In Baindt stürzte ein Baum auf ein Auto. Verletzt wurde niemand.
Die Feuerwehren im Landkreis Ravensburg wurden am Freitagabend zwischen 19.30 und 24 Uhr zu insgesamt 210 unwetterbedingten Einsätzen alarmiert, heißt es in einem Pressebericht. Dabei mussten primär umgestürzte Bäume von versperrten Straßen und Bahngleisen beseitigt werden. Einige Strecken waren stundenlang gesperrt, es kam zu erheblichen Verspätungen im Bahnverkehr auf der Südbahn.
Weitere Einsätze gab es durch beschädigte Stromleitungen, die gesichert werden mussten, beschädigte Dächer, Wasser im Keller, Blitzschlag und die Evakuierung von Freiluftveranstaltungen, unter anderem des Festivals „Allgäus Finest“in WangenKarsee. Vielerorts kam es aufgrund beschädigter Stromleitungen zu Stromausfällen, etwa in Baienfurt und Baindt. Die Energieversorger waren deshalb ebenfalls im Dauereinsatz.
Um die Vielzahl an Notrufen bewältigen zu können, wurde das Personal in der Rettungsleitstelle deutlich erhöht. Zahlreiche Nebenstraßen mussten gesperrt werden, da die Beseitigung der umgestürzten und teilweise ineinander verkeilten Bäume in der Nacht eine unverhältnismäßig große Gefahr für die Einsatzkräfte darstellte.
Die Einsatzmaßnahmen dauerten mancherorts bis zum frühen Samstagmorgen an, wie zum Beispiel in Bad Waldsee, wo eine mächtige Weide entwurzelt wurde und ein Wohnhaus unter sich begraben hatte. Teile des tonnenschweren Baumes durchschlugen das Dach sowie Zimmerdecken des Gebäudes und drangen meterweit in den Wohnraum ein. Die Bewohner blieben zum Glück unverletzt. Die endgültige Bergung des Baumes war erst am Samstag mit Hilfe eines Autokranes möglich.
Am Samstagvormittag wurde bei Tageslicht vielerorts das Ausmaß der Schäden erst richtig sichtbar. So kam es in der Zeit zwischen 9 und 14 Uhr zu 35 weiteren Einsätzen der Feuerwehren. Auch das Technische Hilfswerk war im Einsatz, unter anderem in Ravensburg im Bereich der Deisenfangstraße, wo circa 20 große Bäume entwurzelt wurden und in einer Hochspannungsleitung lagen.
Am Samstagnachmittag beruhigte sich die Einsatzlage. Die Spuren des Unwetters sind vielerorts noch deutlich sichtbar, die weiteren Aufräumarbeiten werden noch Tage in Anspruch nehmen. In vielen Wäldern und Parks mit großen Bäumen herrscht derzeit eine erhebliche Gefahr durch Sturmholz und teilweise lose Bäume und große Äste. Deshalb sollten Spaziergänger diese Orte vorerst meiden.
Nach Mitteilung der EnBW werden die Reparaturen am Stromnetz noch mindestens bis Montag anhalten. Zwischen 19.38 Uhr und 20.04 Uhr ging rund ein Dutzend Störungen im 20 000 Volt-Mittelspannungsnetz bei der Leitstelle ein. Als am folgenreichsten erwies sich jedoch die massive Störung der 110 000Hochspannungsleitung zwischen den Umspannwerken Ravensburg und Baindt, so Ulrich Stark von der EnBW. In dem Waldstück nahe der B 30 waren mehrere Bäume in die Leitung gestürzt und hatten einen Kurzschluss verursacht. Der legte einen der beiden Trafos im Umspannwerk Baindt lahm, von dem aus die Gemeinden im Schussental und vor allem im Westen davon versorgt werden. Um 20.56 Uhr hatte die Bereitschaft die Versorgung über den zweiten Trafo aufgebaut. Aber auch aus dem Stadtgebiet Ravensburg selbst erfolgte eine Störungsmeldung, nachdem ein Baum in der Nähe des Berufsbildungswerks in eine Freileitung gefallen war. Insgesamt betroffen von den vielen Schäden an den Freileitungen waren mehrere tausend Haushalte in dem Gebiet zwischen Wilhelmsdorf/Dürnast und Bergatreute beziehungsweise Reute im Süden von Bad Waldsee.
Insgesamt waren die meisten Anschlüsse zwischen 21 und 22 Uhr wieder am Netz. Aufgrund der großen Zahl der Schäden mussten die Teams der Bereitschaft in vielen Fällen jedoch zunächst die Fremdkörper beseitigen – wegen des teils stark aufgeweichten und durchnässten Bodens habe sich das als sehr kompliziert und schwierig erwiesen. Bis etwa 0.30 Uhr am Samstag früh konnte ein Großteil der noch nicht versorgten Anschlüsse schließlich wieder zugeschaltet werden. Wo ein Notstromaggregat erforderlich war, brauchte es besonders viel Geduld. Dort gab es erst wieder um 5.47 Uhr Strom.