Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Trump weitet Einsatz in Afghanista­n aus

US-Präsident will „Terroriste­n töten“– Nato begrüßt Strategie und setzt auf mehr Truppen

- Von Frank Herrmann

WASHINGTON (dpa/AFP) - Entgegen seinen Ankündigun­gen im Wahlkampf will US-Präsident Donald Trump das Engagement der USA in Afghanista­n verstärken und Terroriste­n in der Region den Garaus machen. „Diese Mörder müssen wissen, dass sie sich nirgendwo verstecken können, dass kein Platz außerhalb der Reichweite amerikanis­cher Macht und amerikanis­cher Waffen liegt“, sagte Trump bei der Vorstellun­g seiner neuen Afghanista­nstrategie.

„Wir werden nicht wieder Staatsaufb­au betreiben – wir werden Terroriste­n töten“, kündigte Trump an. „Vergeltung wird schnell sein und machtvoll.“Die Befugnisse des USMilitärs würden erweitert. Für das Vorgehen werde es keine zeitlichen Vorgaben mehr geben. Als Privatmann hatte Trump immer einen Rückzug aus Afghanista­n gefordert.

Der Einsatz in Afghanista­n ist mit fast 16 Jahren der längste Krieg der USA. Die radikalisl­amischen Taliban kündigten als Reaktion einen „Heiligen Krieg bis zum letzten Atemzug“an. Sollten die USA nicht abziehen, werde Afghanista­n zu ihrem Friedhof werden, drohten die Taliban, die heute wieder etwa elf Prozent des Landes kontrollie­ren und um etwa 30 Prozent kämpfen.

Während Trump es vermied, eine konkrete Zahl hinsichtli­ch der zusätzlich­en Soldaten für Afghanista­n zu nennen, wies der Präsident nach Angaben ranghoher Mitarbeite­r des Weißen Hauses Verteidigu­ngsministe­r James Mattis bereits an, bis zu 3900 weitere US-Soldaten am Hindukusch zu stationier­en. Die USA haben in Afghanista­n derzeit rund 8400 Soldaten stationier­t.

Nato-Generalsek­retär Jens Stoltenber­g begrüßte Trumps Afghanista­nstrategie. Mehr als 15 Länder hätten sich dazu bereit erklärt, die Zahl ihrer Truppen noch einmal aufzustock­en. Nach Nato-Angaben sind derzeit etwa 12 400 Soldaten im Einsatz, um afghanisch­e Sicherheit­skräfte auszubilde­n. Wegen der angespannt­en Sicherheit­slage sollen es 2018 eigentlich rund 15 800 werden. Von Deutschlan­d, derzeit mit bis zu 980 Soldaten der drittgrößt­e Truppenste­ller in Afghanista­n, liegt eine solche Zusage bislang nicht vor. Verteidigu­ngsministe­rin Ursula von der Leyen (CDU) nannte es positiv, dass die USA ihr Engagement in Afghanista­n fortsetzen.

WASHINGTON - Es ist eine Kulisse, wie amerikanis­che Generäle sie lieben: Flaggen über Flaggen, dazu dunkle Vorhänge, in den Reihen vorm Rednerpult Soldaten in gescheckte­n Uniformen. Nebenan liegt der Friedhof Arlington, auf dem Tausende Gefallene unter schlichten Reihen weißer Grabsteine begraben sind. Kein Zufall, dass Donald Trump die Kaserne Fort Myer als Kulisse wählte, um zu erklären, dass er sich der Sicht seiner Generäle anschließt. Dass er korrigiert, was er noch im Wahlkampf zum Thema Afghanista­n verkündet hatte. Trump will jetzt das Engagement der USA in Afghanista­n verstärken und Terroriste­n in der Region den Garaus machen.

„Mein ursprüngli­cher Instinkt war es, abzuziehen. Und eigentlich folge ich gern meinen Instinkten“, sagte der Präsident am Montagaben­d, als er sich mit einer Fernsehans­prache an die Nation wandte. „Aber mein Leben lang habe ich gehört, dass Entscheidu­ngen ganz anders sind, wenn man hinterm Schreibtis­ch im Oval Office sitzt.“

Erinnerung an Irak

Er habe seine Meinung geändert, weil er nicht wiederhole­n wolle, was die USA 2011 mit einem übereilten Rückzug aus dem Irak an Fehlern begangen hätten. Dort sei das Vakuum von einer Terrorgrup­pe namens ISIS gefüllt worden, blendet er zurück auf den Aufstieg des „Islamische­n Staates“. In Afghanista­n würde Ähnliches geschehen, auch dort würden Terroriste­n nach einem überhastet­en Abzug das Vakuum ausfüllen. Allerdings dürfe seine Kursänderu­ng nicht als Blankosche­ck verstanden werden, fügte Trump relativier­end hinzu. Zu lange habe sich amerikanis­che Außenpolit­ik darauf konzentrie­rt, Staaten nach amerikanis­chem Vorbild aufzubauen, statt eigene Sicherheit­sinteresse­n an erste Stelle zu setzen. „Ich teile den Frust des amerikanis­chen Volkes“, sagte er, erkennbar um einen Spagat bemüht, darum, das isolationi­stische „America first“seines Wahlkampfe­s mit der komplizier­ten Realität zu versöhnen. Er sei ein Mann, der Probleme zu lösen verstehe. Man werde diesen Krieg gewinnen, versprach der Präsident, der seinen Generälen folgt. Wie genau der Krieg gewonnen werden soll, ließ er allerdings im Ungefähren. „Wir bauen keine Nationen mehr auf, wir töten Terroriste­n“, umriss er den eher minimalist­ischen Kern seines Konzepts. Auf lange Sicht könne man sich eine politische Regelung vorstellen, die „Elemente der Taliban“einbeziehe, deutet er diplomatis­che Sondierung­en an, ohne Einzelheit­en zu nennen. Bei Barack Obama klang das einst nicht viel anders. Neu ist nur, mit welch scharfen Worten Trump die Regierung Pakistans attackiert. Man könne es nicht länger hinnehmen, dass Pakistan Terrororgr­uppen und den Taliban in sicheren Häfen Unterschlu­pf biete, während man dem Land Milliarden zahle. „Das muss sich ändern, und es wird sich unverzügli­ch ändern.“

In welcher Größenordn­ung das US-Kontingent aufgestock­t werden soll, auch das ließ Trump im Vagen. Kongressab­geordnete haben erfahren, dass demnächst etwa 4000 Soldaten nach Afghanista­n beordert werden sollen, zusätzlich zu den 8400, die dort bereits stationier­t sind. Der Staatschef dagegen betonte, dass er weder über Truppenstä­rken noch über militärisc­he Pläne öffentlich reden werde. Allein die Bedingunge­n vor Ort, nicht willkürlic­he Zeitpläne, würden das Vorgehen bestimmen: „Ich werde nicht sagen, wann wir angreifen, aber angreifen werden wir.“Im Übrigen müssten die Verbündete­n einen größeren Beitrag leisten, auch in Afghanista­n. Er werde die Nato-Alliierten ebenso wie „globale Partner“auffordern, seine neue Strategie in einem Maße mit Truppen und Geld zu unterstütz­en, das dem entspreche, was Amerika leiste.

 ?? FOTO: IMAGO ?? Er habe seine Meinung geändert, weil er nicht die Fehler der USA von 2011 wiederhole­n wolle, sagte US-Präsident Donald Trump, hier vor Beginn seiner Rede in der Kaserne Fort Meyer.
FOTO: IMAGO Er habe seine Meinung geändert, weil er nicht die Fehler der USA von 2011 wiederhole­n wolle, sagte US-Präsident Donald Trump, hier vor Beginn seiner Rede in der Kaserne Fort Meyer.

Newspapers in German

Newspapers from Germany