Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Gelber Koloss statt Regionalbahn
Bahngleise werden erneuert – 1,2 Kilometer lange Großbaumaschine ist im Einsatz
AITRACH/AICHSTETTEN - Die Deutsche Bahn lässt in den Sommerferien zwischen Tannheim und Aichstetten die Gleise auf einer Länge von rund 9,2 Kilometern erneuern. Anlass ist der Ausbau der Bahnstrecke München-Lindau-Zürich, der 2018 startet. Die gesamte Strecke wird elektrifiziert, Züge sind dann mit höherer Geschwindigkeit unterwegs. Der Zugverkehr zwischen Memmingen und Leutkirch ruht wegen der Arbeiten bis einschließlich 10. September. Hochbetrieb herrscht auf der Strecke trotzdem. Schließlich müssen 18 500 Meter Schienen, 15 300 Stück Schwellen und 22 100 Tonnen Schotter ausgetauscht oder recycelt werden.
„Ideale Bedingungen“
Es ist eine beeindruckende Szenerie, die sich dem Betrachter bietet. Ein gelber Koloss thront auf den Schienen, von der „Bild“-Zeitung vor Jahren mal als „wahrscheinlich längste Waschanlage der Welt bezeichnet“. Die PM 200-2 R, eine sogenannte Bettungsreinigungsmaschine, ist seit Anfang August zwischen Aichstetten und Tannheim im Einsatz. Die Arbeiten sind laut, für die Männer in Orange geht es jedoch verhältnismäßig beschaulich zu. „Wir haben hier ideale Bedingungen“, erklärt Bauüberwacher Michael Kloß von DB Netze. Die eingleisige Strecke ermögliche ruhiges Arbeiten. „Bei zwei Gleisen gibt es immer ein erhöhtes Gefahrenpotenzial.“
Mit der 1,2 Kilometer langen Großbaumaschine ist auf der Strecke ein Alleskönner im Einsatz. Sie erledigt mehrere Arbeiten auf einmal, funktioniert wie eine kleine Fabrik. Die Maschine hebt die Gleise an und baut den Schotter darunter aus, wie Bauleiter Peter Weber von der Firma Eurailpool erklärt. Der Schotter wird gesiebt und gewaschen, die Steine scharfkantig gemacht und wieder ins Gleisbett eingebracht. „Das spart Ressourcen, Schotter ist wertvoll“, sagt Weber.
Stabilerer Untergrund
Außerdem trägt die Maschine das unter dem Schotter liegende SandKies-Gemisch, die sogenannte Planumsschutzschicht ab, und erneuert diese. „Der neue Untergrund ist deutlich stabiler“, erklärt Bauleiter Weber, auch dank eines Vlies mit lastverteilendem Gitter. Das alte Material wird abtransportiert und am Bahnhof Tannheim zwischengelagert. Im letzten Schritt werden die Gleise wieder abgesenkt, der Schotter unter die Schwellen gestopft, sodass nach den Arbeiten wieder ein Zug mit einer Geschwindigkeit von 70 Stundenkilometern darüber rollen könnte.
Bis zu 1000 Meter legt die PM 200-2 R am Tag zurück. Gearbeitet wird im 24-Stunden-Betrieb, sieben Tage die Woche. Pro Schicht sind auf der fahrenden Baustelle 22 Mann im Einsatz. Am Mittwoch, 23. August, hat die Schotter-Waschanlage nach knapp drei Wochen ihren letzten Einsatz auf den Gleisen.
Die nächste Großbaumaschine steht bereits in den Startlöchern. Sie beginnt Ende dieser Woche mit dem Austausch der Schienen und Schwellen. Kloß bezeichnet die Großbaustelle als „durchaus anspruchsvolles Projekt“, was allein der Blick auf die Zahlen belegt: Mehr als zehn Millionen Euro kostet die Deutsche Bahn nach eigenen Angaben die Gleiserneuerung zwischen Tannheim und Aichstetten.
Eindrücke von der Maschine und den Bauarbeiten gibt es unter www.schwaebische.de/bahnbaustelle-tannheim