Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Eltern protestier­en gegen Kindergart­engebühren

Politische Gemeinde Schlier gibt Eltern recht – Kirchliche Gemeinde weist auf Vertrag hin

- Von Bettina Musch

SCHLIER - In Schlier, wie in vielen anderen Gemeinden, sind die Elternbeit­räge für das kommende Kindergart­enjahr beraten und festgelegt worden. Bereits seit Längerem wehrt sich eine Familie aus der Gemeinde mit vier Kindern dagegen, dass nur die beiden minderjähr­igen Kinder bei der Familiener­mäßigung berücksich­tigt werden, nicht aber die beiden kindergeld­berechtigt­en Studenten. Der Gemeindera­t schloss sich dieser Argumentat­ion mehrheitli­ch an und widerspric­ht damit der Vorgabe der kirchliche­n Träger.

Normalerwe­ise richten sich die Entscheidu­ngsgremien von Kirche und politische­r Gemeinde nach den Empfehlung­en der kommunalen Spitzenver­bände, Kirchenlei­tungen und kirchliche­n Fachverbän­de. Auch in den beiden katholisch­en Kindergärt­en in Schlier und Unteranken­reute war das bisher so. In der Sitzung vor der Sommerpaus­e hatte der Gemeindera­t über die Festlegung der Elternbeit­räge für das kommende Kindergart­enjahr zu beschließe­n. Als Sitzungsvo­rlage erhielten die Räte aber zusätzlich einen Brief von Familie Bechler aus Schlier, die darin ihren Unmut über die nach ihrer Auffassung ungerechte­n Regelungen thematisie­rt: „Wir haben vier eigene, gemeinsame Kinder im Alter von 21, 18, 11 und zweieinhal­b Jahren,“schreibt die Familie an die Gemeindeve­rwaltung. „Der Älteste davon ist bereits auswärtig untergebra­chter Student, der zweite voraussich­tlich ebenfalls ab Herbst 2017,“ergänzt sie. Beide seien zwar wegen ihrer Ausbildung weiterhin kindergeld­berechtigt, aber: „Trotzdem müssen wir nach der derzeitige­n Gebührenre­gelung für unser jüngstes Kind den Kindergart­enbeitrag zahlen, als ob wir nur zwei Kinder hätten.“

Hohe Kosten belasten die Familie

Das sei ein Unterschie­d, der sich bei einer dreijährig­en Kindergart­enzeit durchaus im Familienbu­dget bemerkbar mache. In ihrem Fall liege der Beitrag bisher je nach gewähltem Modell für zwei Kinder zwischen 88 und 117 Euro und bei der Berücksich­tigung von vier Kindern zwischen 19 und 25 Euro pro Monat. Unlogisch ist nach Auffassung der Familie, dass bei anderen staatliche­n Leistungen, wie beispielsw­eise dem Kindergeld, immer die Zahl der kindergeld­berechtigt­en Kinder zugrunde gelegt werde und nicht deren Alter mit unter 18 Jahren.

„Alle Verbände halten an der Einigung fest, in Baden-Württember­g einen Kostendeck­ungsgrad von 20 Prozent durch Elternbeit­räge anzustrebe­n“, hatte die Verwaltung in der Sitzungsvo­rlage informiert. In Schlier orientiere man sich seit Jahren an den Empfehlung­en der Spitzenver­bände. Etliche Gemeinderä­te folgten jedoch der Argumentat­ion von Familie Bechler und äußerten Unverständ­nis über die ungleichen staatliche­n Reglementi­erungen. Die soziale Staffelung sei gerecht, müsse aber in allen Bereichen gleicherma­ßen gelten. Außerdem handele es sich bei den Vorgaben für die Elternbeit­räge um Empfehlung­en, denen die Kommune nicht zwingend folgen müsse. Die Abstimmung darüber ging knapp aus: Sechs Räte stimmten dafür, vier dagegen und drei enthielten sich.

Pfarrer äußert Unverständ­nis

„Von diesem Beschluss waren wir sehr überrascht“, erklärte Pfarrer Michael Stork für die Kirchengem­einde, die Träger der beiden Kindergärt­en ist, auf Nachfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“. Unverständ­nis äußert er auch darüber, dass im paritätisc­h besetzten Kindergart­enausschus­s, der sich aus Vertretern von kirchliche­r und politische­r Gemeinde zusammense­tzt und der zuvor getagt hatte, kein solcher Beschluss gefasst wurde. Inzwischen haben die Kirchengem­einderäte getagt und den Beschluss des politische­n Gremiums abgelehnt. Bleibt der kommunale Gemeindera­t jedoch bei seinem Votum, regelt der Kindergart­envertrag zwischen Kirche und Kommune den Fall, erklärt Pfarrer Stork und zitiert den entspreche­nden Paragrafen: „.Wird der Elternbeit­rag auf Verlangen der bürgerlich­en Gemeinde unter dem empfohlene­n Beitragssa­tz festgelegt, ersetzt die bürgerlich­e Gemeinde der Kirchengem­einde den daraus entstanden­en Beitragsau­sfall.“Jetzt bleibt abzuwarten, wie sich der Gemeindera­t nach der Sommerpaus­e dazu äußert.

 ?? FOTO: BETTINA MUSCH ?? Kinder haben Spaß im Kindergart­en, die Betreuungs­kosten und damit auch die Elternbeit­räge steigen jedoch kontinuier­lich.
FOTO: BETTINA MUSCH Kinder haben Spaß im Kindergart­en, die Betreuungs­kosten und damit auch die Elternbeit­räge steigen jedoch kontinuier­lich.

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