Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Auch an der Basilika leben viele Tauben
Population in vertretbaren Rahmen – Unterschlupf in den Türmen – 170 Quadratmeter Gitternetze
WEINGARTEN - Venedig, Stuttgart, Ravensburg und – nein, nicht Weingarten. Denn in Sachen Taubenpopulation ist die Lage in Weingarten deutlich entspannter als in den anderen Städten. Zwar gibt es gerade an der Basilika eine gewisse Anzahl an Tauben. Von einer Plage kann man aber sicherlich nicht sprechen. Vielmehr versucht das Amt für Bau und Vermögen als Eigentümer einen Mittelweg zu gehen. Während wichtige Bereiche mit speziellen Gitter abgedeckt sind, wurden in Süd- und Nordturm sogar extra Öffnungen gelassen, um Vögeln einen Rückzugsort zu bieten. „Wir haben das bewusst gemacht, um auf die Belange des Naturschutzes Rücksicht zu nehmen“, sagt Hermann Zettler, Leiter des Amtes für Bau und Vermögen Ravensburg.
Er schätzt, dass rund um die Basilika zwischen 20 und 30 Tauben leben. Um zu steuern, wo die Tauben Unterschlupf finden, werden regelmäßig kleinere Öffnungen verschlossen – und bei den Sanierungsmaßnahmen an den Türmen eben bewusst offen gelassen, um Vögeln Schutz vor der Kälte im Winter und Schatten im Sommer zu bieten. Damit sich die Tiere aber nicht etwas unterhalb an den Türmen aufhalten, hinsetzen und dort koten, wurden insgesamt 170 Quadratmeter feine Metallnetze in mühsamer Kleinstarbeit verlegt. „Der Taubenkot ist für die Sandsteine nicht gut“, sagt Zettler.
Falken keine Alternative
Das aber diese Gitter auch nicht die optimale Lösung sind – Vögel könnten sich dort auch verfangen oder verletzen – ist der Amtsleiter offen für Neuerungen. Eine recht erfolgsversprechende Variante ist in Hamburg an der Elbphilharmonie installiert, wo es direkt am Wasser vor allem um Möwen- , aber auch Taubenabwehr geht. Dort werden mit einem Schalldrucksystem Töne erzeugt, die für erwachsene Menschen kaum zu hören sind. Allerdings wirkt er auf das Gefieder der Vögel, für die es sich anfühlt, als ob sie berührt werden. Da sie das wiederum als unangenehm empfinden meiden sie nach kurzer Zeit den Bereich, in dem die Töne erzeugt werden. Sie können sich nicht an den Schalldruck anpassen und verlassen auf Dauer den Bereich. „Das ist total interessant“, sagt Zettler. „Wir sind immer offen für neue Konzepte.“Eine andere, etwas drastischere Variante kommt für den Amtsleiter allerdings nicht infrage. Denn Tauben sind bei Wanderfalken als Beute sehr beliebt. Doch gibt es laut Nabu Weingarten in der Region nur ein einziges Paar der seltenen Greifvögel. Dieses lebt eher im Bereich Baindt, Baienfurt und Bergatreute bei der ehemaligen Papierfabrik beziehungsweise bei der Kießgrube. „Die haben ein relativ großes Jagdgebiet“, sagt Hubert Kapler vom Nabu Weingarten, der auch weiß, wie schwierig und wenig erfolgversprechend eine Ansiedlung wäre. „Eine Ansiedlung würde nicht funktionieren. Es gibt wenige Vögel, die bereit wären, das zu besiedeln.“
Rasche Vermehrung
Etwas andere Maßnahmen zur Taubenabwehr verfolgt die Stadtverwaltung. Schon vor einigen Jahren wurden Rathaus und Amtshaus von unten verschalt und verschlossen. So gibt es für die Tauben keine Unterschlupfmöglichkeiten. An übrigen öffentlichen Gebäuden, wie beispielsweise dem Baubetriebshof, wurden auf Fenstersimsen Metallschienen angebracht, die mit Spikes und Nägeln versehen sind. Dadurch können sich die Tauben nicht dort niederlassen. Nicht nur deshalb halten sich die Vögel eher bei der Basilika auf.
Hubert Kapler meint, dass die Nahrungsbedingungen dort sehr gut sind. Außerdem suchen sich Tauben als sogenannte Höhlenbrüter sichere und trockene Rückzugsräume, um dort ihr Nest zu bauen. „Die brüten zwei bis dreimal im Jahr und da kommen meist jeweils zwei Eier raus“, sagt er. „Die Reproduktion ist recht hoch.“Daher müsse man die Vögel genau im Blick behalten, damit die Population nicht irgendwann unkontrolliert nach oben schnelle – und Weingarten in einer Reihe mit Ravensburg, Stuttgart und Venedig landet.