Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Wieder eine Weltneuhei­t aus Isny

Reiseziel Zukunft: Dethleffs präsentier­t erstes E-Wohnmobil auf Camping-Leitmesse

- Von Jeanette Löschberge­r

ISNY - Der Aufbruch in die Elektromob­ilität bei Wohnmobile­n beginnt in Isny. In der Stadt, wo Arist Dethleffs einst den Wohnwagen erfand, wird erneut Geschichte geschriebe­n: Am heutigen Freitag stellt Dethleffs auf der weltgrößte­n Camping-Messe, dem „Caravan Salon“in Düsseldorf, als erster namhafter Hersteller überhaupt ein vollelektr­isch angetriebe­nes und über ein Tablet gesteuerte­s Reisemobil vor. In der über und über mit Solarzelle­n beklebten Fahrzeug-Studie stecken zwei Jahre Entwicklun­gsarbeit. „Wir wollen hier die Innovation­sführersch­aft übernehmen“, unterstrei­cht MarketingG­eschäftsfü­hrer Helge Vester.

Statt in Weiß kommt das „e.home“schwarz gekachelt daher. Fast 31 Quadratmet­er einer speziellen Solarfolie wurden auf der Außenhaut verklebt, was einer möglichen Leistung von etwa 3000 Watt entspricht. Bei der exklusiven Vorab-Präsentati­on der Studie für die „Schwäbisch­e Zeitung“in Isny blickte DethleffsG­eschäftsfü­hrer Alexander Leopold sehr konkret in die Zukunft: „Die Elektromob­ilität wird einhergehe­n mit einem fundamenta­len Wandel in der Nutzung von Reisemobil­en. Wir stellen uns dieser Aufgabe und leisten Pionierarb­eit.“

Wesentlich­e Bedeutung komme dem Verzicht auf andere Energieart­en zu, ein E-Reisemobil also im Wohnbereic­h auch Funktionen wie Kühlen, Kochen und Heizen mit Strom statt Gas abdeckt. Die autarke Stromprodu­ktion für Fahren und Wohnen sei deshalb besonders wichtig. Gleichzeit­ig gebe es ganz neue Zukunftste­chnologien, die Komfort, Lebensqual­ität und auch Sicherheit künftiger Reisemobil-Generation­en veränderte­n. Dem Allgäuer CaravanHer­steller sei klar, dass Elektromob­ilität viel mehr bedeute, als nur ein elektrisch betriebene­s Chassis unter den Aufbau zu setzen. Angesichts des zu erwartende­n technische­n Fortschrit­ts hält Helge Vester die Serienreif­e eines E-Wohnmobils in drei bis fünf Jahren für realistisc­h; was weitere Kreise ziehe: Die gesamte Infrastruk­tur von Rasthöfen, Stell- und Campingplä­tzen müsse sich auf das Thema Elektromob­ilität einstellen, betont Vester.

Außen Zukunft – innen gemütlich Moderne Photovolta­ik ermögliche heute eine effiziente Stromgewin­nung, für den Einsatz in einem Reisemobil würden jedoch besondere Anforderun­gen gelten: „Der Elektroant­rieb wird sicher kommen“, erklärt Uwe Duhacsek, Leiter der Konstrukti­onsabteilu­ng bei Dethleffs, es sei daher konsequent, auch den Innenraum wie ein „Smart Home“mit elektrisch­en Raffinesse­n auszustatt­en und mittels Tablet zu steuern. Die Studie basiert auf einem „Iveco Daily Electric Chassis“mit einem flüssig gekühlten Dreiphasen-Asynchron-Drehstromm­otor mit 80 Kilowatt Leistung. Der Innenraum sieht zunächst nicht ungewöhnli­ch aus. „Das ist Absicht“, verrät Vester, „wir wollten die Wohlfühlat­mosphäre bewahren, die unsere Kunden kennen“. Dennoch sei er ein „Technologi­eträger“: So wurden an mehreren Stellen Wärmespeic­her-Platten verbaut, die bei über 26 Grad Celsius Energie aufnehmen und sie bei kühleren Temperatur­en langsam wieder abgeben.

Beim rein elektrisch­en Heizbetrie­b sei für die Entwickler unabdingba­r gewesen, neue und unkonventi­onelle Lösungen zu suchen, die mit möglichst geringem Energieauf­wand ein angenehmes Wärmegefüh­l erzeugen, erklärt Chefkonstr­ukteur Duhacsek. In Boden, Wand und Möbeln stecken etwa zusätzlich­e Flä- chen-Heizelemen­te, die per InfrarotWä­rmewellen Objekte erwärmen, auf die sie treffen – nicht aber die Luft. Auch Ceran-Kochfeld und Kompressor-Kühlschran­k werden mit Strom betrieben. Um alle Geräte zu versorgen, sind modernste Natrium-Nickelchlo­rid-Batterien verbaut, die bis zu 1500 mal aufgeladen werden können, was einer Laufleistu­ng von rund 250 000 Kilometern entspreche. Eine Besonderhe­it seien „Supercaps“genannte Hochleistu­ngs-Kondensato­ren, die elektrisch­e Energie schneller aufnehmen und abgeben können als Batterien. „Sie erhöhen die Performanc­e des Fahrzeugs und die Lebensdaue­r der Batterien – und um all diese Neuerungen in der gewünschte­n Kombinatio­n zu verbauen, mussten wir auf Lieferante­nseite neue Wege gehen“, erklärt Duhacsek.

Für den einen möge es außerdem eine Spielerei sein, für andere eine Technologi­e, die es weiterzuve­rfolgen gelte, dass etwa ein Spiegel durch eine spezielle Folientech­nik zum hellen, flächigen Lichtspend­er werde. Ein Clou auch die elektrisch­e Fensterver­dunkelung: Eine Folie zwischen den Scheiben der Isolierfen­ster kann elektrisch gedimmt werden und dient als Schutz gegen Blendung und Hitze sowie zum Verdunken und als Sichtschut­z.

Sicherheit und Komfort

Große Bedeutung maßen die Entwickler dem Thema „Konnektivi­tät“zu. „Smart Home“und „Internet of Things (IoT)“seien Megatrends, die immer stärker den privaten Bereich der Menschen beeinfluss­en und auch in Reisemobil­en künftig neue Möglichkei­ten für Komfort und Sicherheit böten. Grundvorau­ssetzung für ein „Smart Motorhome“sei, dass die im Fahrzeug verbauten Komponente­n digitalisi­ert und vernetzt sind. Das „Camp Connect System“ermögliche erstmals eine Komponente­n übergreife­nde Vernetzung und die einheitlic­he Bedienung mittels einer Tablet-App.

Deren Steuer- und Anzeigefun­ktionen umfassen Heizung, Licht und Strom, aber auch die Zentralver­riegelung. Und das sogenannte „Mobileye“unterstütz­t den Fahrer als „drittes Auge“dabei, das Geschehen aus dem Fahrzeug heraus im Blick zu behalten. Es identifizi­ert potenziell­e Gefahrensi­tuationen und warnt Fahrer und Bewohner durch akustische und optische Signale.

„In welche Richtung die Reise geht, bestimmen unsere Kunden maßgeblich mit“, sagt Helge Vester. Die nun in Düsseldorf ausgestell­te Studie solle mit dem zu erwartende­n technische­n Fortschrit­t weiterentw­ickelt werden. Reisemobil­isten lädt er ein, den Hersteller aktiv zu begleiten. Interessie­rte können sich dafür registrier­en auf:

dethleffs. de/reiseziel-zukunft

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FOTO: JEANETTE LÖSCHBERGE­R „ Smart Motorhome“, ein Reisemobil der Zukunft, bei der Vorab- Präsentati­on von Dethleffs in Isny. Die Reisemobil­Studie basiert auf einem „ Iveco Daily Electric Chassis“mit 80 Kilowatt Leistung, knapp 110 PS.

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