Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Hightech aus dem Jahr 1895
Noch gibt es keinen Plan für die Sanierung der Pumpstation „Moosmühle“
LEUTKIRCH - Direkt vor dem Einlauf zum Leutkircher Stadtweiher steht ein Gebäude, das in der Vergangenheit eine zentrale Rolle dabei gespielt hat, die Bewohnerinnen und Bewohner der Stadt ausreichend mit Frischwasser versorgen zu können. Doch um die Pumpstation „Moosmühle“ist es still geworden. Das bereitet den Liebhabern der Immobilie Unwohlsein. Lässt die Stadt das Gebäude verrotten? Oder existieren doch noch Chancen, daraus in Zusammenarbeit mit der Heimatpflege sogar ein Industriedenkmal mit kleinem Museum zu schaffen?
Idyllische Wegstationen lassen sich auf Leutkircher Gemarkung leicht finden. Die „Moosmühle“zählt dazu, und wer sich ein wenig Zeit nimmt, von der danebenstehenden Parkbank hinein in den Stadtweiher zu blicken, bleibt zu jeder Tageszeit nicht lange alleine. Der Wanderweg zieht viele Menschen an.
„An diesem Gebäude hängt das Herz vieler älterer Leutkircher.“Diesen Satz formuliert Karl-Heinz Schweigert, und den früheren Schulleiter von St. Anna verbinden besonders starke Bezüge zur „Moosmühle“. Das geht auch aus seinem Beitrag für die „Leutkircher Blickpunkte“, Band drei, hervor, die von der VHS vor langer Zeit herausgegeben worden sind.
Karl-Heinz Schweigert ist stolz. Stolz darauf, dass es ihm zum Jahr 1995 nach jahrelangen Vorbereitungen gelungen ist, das alte Pumpwerk vorrangig durch das Engagement der Schule wieder in Gang zu setzen – hundert Jahre nach dessen Inbetriebnahme. Er deutet mit seiner Hand auf die noch gut lesbare Tafel an der Außenwand des Gebäudes.
1895 schafften es die Leutkircher, mit einem Mühlrad, gespeist vom Neumühle- und vom Riedlesmühlebach, so viel Energie zu erzeugen, um vorhandenes und sauberes Grundwasser zunächst ohne Strom in die Hochbehälter der Stadt zu pumpen. Modern, für damalige Verhältnisse, höchst ökologisch aus heutiger Sicht sei dieser Wassertransport gewesen.
Auch daraus leitet Schweigert gute Voraussetzungen dafür ab, die „Moosmühle“als Denkmal zu erhalten und herzurichten als Anschauungsunterricht für Schulen oder andere Einrichtungen und Institutionen. Mittendrin im Naturschutzgebiet rund um den Stadtweiher sei genügend Zulauf zu erwarten – nicht nur durch Spaziergänger.
Aber die Diskussion um die „Moosmühle“ist nur ein Beispiel für die unterschiedlichen Interessenslagen in einer Stadt. Historie? Finanzzwänge? Nostalgie, oder auch nur ein Fingerzeig, wie in der Vergangenheit Fortschritt ausgesehen hat?
Besser jedenfalls als das, was aktuell Interessierte erwartet, die ins Innere der Moosmühle gelangen. Feucht ist es dort. Bretterdielen verhindern, dass das Schuhwerk nicht sofort durchnässt ist. Die Decke macht einen maroden, morschen Eindruck. Der alte Generator, den Schweigert und die St.-Anna-Schule 1995 noch einmal aktiviert haben für Demonstrationszwecke, ist äußerlich stark angegriffen. Rost, Moder, keine Spur von Hightech. So sieht die aktuelle Bestandsaufnahme aus.
Crowd-Funding denkbar
Einen wie Karl-Heinz Schweigert fuchst das. Mehrfach in den vergangenen Jahren hat er, zum Teil auch bei offiziellen Bürgerfragestunden im Gemeinderat, die Spitze der Leutkircher Verwaltung daran erinnert, doch wenigstens eine Kostenschätzung in Auftrag zu geben, mit welchem Aufwand die „Moosmühle“vor dem Verfall zu retten sei. Denn er kann sich gut vorstellen, etwa über ein sogenanntes „Crowd-FundingProjekt“und ergänzt durch Spenden aus der Bevölkerung genügend Mittel für die Investition auftreiben zu können. Dazu aber sind belastbare Zahlen nötig.
Eine interessante Idee
Schweigert, der als „Moosmühle“Freund auch über alte Aktenauszüge verfügt, zeigt eine Kostenaufstellung aus dem Jahr 1990. Damals errechnete die Stadt Leutkirch einen Aufwand von 170 000 Mark für eine Generalsanierung. Oberbürgermeister Otto Baumann beschied damals Schweigert, das sei zu teuer. Generell aber wurde die Idee, die „Moosmühle“nicht aufzugeben, als interessant eingestuft. Auch der damalige Leiter des Verkehrsamtes, Dieter Stumpe, hat das laut Schweigerts Dokumenten bekräftigt. Ähnlich formulierte Schreiben finden sich in seinem Dossier auch aus dem Jahr 1995.
Anfang des Jahres hat die Heimatpflege pauschal von der Stadt Leutkirch die Verantwortung übernommen. Doch auch dieses Gremium – belastet durch andere Aktivitäten und nicht mit Geld im Überfluss ausgestattet – kann wohl erst dann aktiv werden, wenn sich das Ausmaß der benötigten Geldmittel besser abschätzen lässt.