Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
„Man sucht ja nicht die Besten“
Markus Bazan gibt im Zeugenstand Einblicke in die Bewerberprozedur
Zwei Verhandlungstage mit insgesamt nahezu elf Sitzungsstunden und neun Zeugen lagen da hinter den Beteiligten. Die Staatsanwaltschaft hatte ein höheres Urteil, wie von ihr in Wangen mit einem Jahr und zehn Monaten gefordert, erreichen wollen. Die Verteidigung strebte ein geringeres Strafmaß an, das mit der viermonatigen Untersuchungshaft abgegolten gewesen wäre.
Dass er weder einen Uni-Abschluss geschweige denn einen Doktortitel hat, das hatte Nolte bereits am Amtsgericht eingeräumt. Ebenso dass er Laptop, i-Phone und Tresorschlüssel nach seiner fristlosen Entlassung nicht abgegeben und entgegen der Absprachen auf die Kurbetriebe ein Auto angemietet hatte. Über den der Stadt dadurch entstandenen Schaden ist ein zivilrechtliches Verfahren am Arbeitsgericht anhängig.
Durch die Zeugenaussagen kristallisierte sich heraus, dass auch seine Arbeit als Geschäftsführer der städtischen Kurbetriebe das hohe Gehalt (7500 Euro brutto monatlich) nicht wert war. Zwar gab es vom einen oder anderen Befragten durchaus lobende Worte. „Ich fühlte mich bei Personalangelegenheiten gut eingebunden“, so der damalige Personalratsvorsitzende. „Es war alles okay“, so eine Kurbetriebsmitarbeiterin. Doch insgesamt sei in Noltes Amtszeit „nicht so viel signifikant passiert“, wie es Markus Bazan, Geschäftsführer BAD WURZACH (sl) - Interessante Einblicke auch allgemeiner Art in die Bewerbungsprozedur bei kommunalen Betrieben gab Markus Bazan im Zeugenstand. Der 56-Jährige ist Unternehmensberater, war vor Nolte Interims-Geschäftsführer der Wurzacher Kurbetriebe und ist seit Noltes Entlassung wieder befristet in dieser Funktion tätig.
Mit der Suche nach einem neuen Geschäftsführer nach Alfons Diems Ausscheiden Anfang 2015 (Bazan: „Eine politische Entscheidung.“) sollte dieser den Kurbetrieb auf die neue Zeit einstellen, erläuterte Bazan. Es sollte zum Beispiel von der Verwaltung des Betriebs – ein anderer Zeuge sprach vom „Durchschleusen der Patienten“– hin zu einem Dienstleistungsbetrieb gehen.
Dabei aber, so Bazan, „sucht man ja nicht die Besten“. Manche Bewerbungen seien abgelehnt worden, weil sie zu gut gewesen seien. „Dann befürchtet man, dass derjenige nicht lange bleibt“, sagte der Vorsitzende Richter Axel Müller – als Weingartener Gemeinderat und Aufsichtsratsmitglied der Oberschwaben-Klinik durchaus ein Insider – nickend. „Das“, so Bazan, „ist der Unterschied zwischen uns
und der Welt.“Bei der Bewerberauswahl seien verschiedene Interessen aufeinandergestoßen, so der Experte weiter. „Der Bürgermeister hatte Interesse an jemandem aus der Region, der die Mentalität der Menschen hier kennt und Netzwerke hat. Der Chefarzt, das ist in ganz Deutschland so, will jemanden, der ihm möglichst wenig reinredet, den er lenken kann, der nicht ein zweiter König neben ihm ist. Wir als Berater wollten einen professionellen Geschäftsführer an Bord holen, der den Betrieb aus dem strukturellen Defizit herausführen kann.“
Am Ende seien in Bad Wurzach drei Bewerber übrig geblieben, die sich im Gemeinderat vorstellen sollten. Nolte, mit seiner Erfahrung im klinisch-medizinischen Bereich; ein branchenfremder Geschäftsführer einer kommunalen Wohnungsbaugesellschaft aus Sachsen in Elternzeit; und außerdem ein Bewerber aus der Region.
„Fatal“sei dann gewesen, dass dieser Bewerber aus der Region so kurzfristig vor der Ratssitzung abgesagt habe, wie er sich bereits beworben hatte. Er hätte Branchenkenntnisse gehabt, wäre aus der Region gewesen, und er wollte einen eigenen Chefarzt mitbringen. „Das wäre ideal gewesen“, so Bazan bedauernd.