Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Ovationen für Collegium Instrumentale
Stuttgarter Kammerorchester begeistert Zuschauer in Isny mit „Wiener Klassik“
ISNY - Es ist jedes Mal eine große Freude, ein solches Orchester live zu erleben. Und das in einem Ambiente wie der Evangelischen Nikolaikirche mit ihrer Atmosphäre und Akustik. „Meisterwerke der Wiener Klassik“titelte das Konzert des Collegium Instrumentale Stuttgart am Montagabend. Mit dabei hatte Dirigent Albrecht Schmid zwei erlesene junge Solisten – die Sopranistin Sara-Bigna Janett aus Zürich und den Geiger Lukas Stepp aus New York.
Joseph Haydn, Wolfgang Amadeus Mozart und Ludwig van Beethoven sind die drei großen Namen, die die Stilrichtung der sogenannten Wiener Klassik in der Zeit von 1770 bis 1830 bestimmt haben. Drei Charaktere, die jeder für sich ein eigenes musikalisches Universum bilden, und gerade das – ihre Universalität – spannt sie musikalisch zusammen. Das 1981 in Reutlingen von dem deutsch-schweizer Dirigenten und Kirchenmusiker mit Musikstudenten gegründete Collegium Instrumentale hat sich in seinem Gastspiel diesen drei Komponisten zugewandt. Auf äußerst abwechslungsreiche und dabei wohlüberlegte Weise.
Haydns Sopran-Arien „Nun beut’ die Flur das frische Grün“und „Auf starkem Fittige“aus dem Oratorium „Die Schöpfung“machten den Auftakt. Mit einer beeindruckenden, sehr feinen und zugleich kraftvollen Solopartie von Sara-Bigna Janett. Sie ist Jahrgang 1990, stammt aus einer alten schweizer Musikerfamilie und hat am Tiroler Landeskonservatorium in Innsbruck Gesang studiert.
Bekanntschaft mit dem Dirigenten Albrecht Schmid hat sie während der von ihm gegründeten „Wiblinger Bachtage“gemacht. Wenn Haydns berühmtestes Oratorium sich anschickt, die Erschaffung der Natur und der Vogelwelt zu preisen, tönt das aus Janetts Kehle von klarer durchdringender Schönheit. Sie beweist eine Leichtigkeit und lautmalerische Ausgereiftheit, die von betörender Wirkung ist. Besonnenheit und Stringenz zeichneten ihren Aufritt auf. Eine Stimme, für die Mozart damals die treffenden Worte „einer geläufigen Gurgel“gefunden haben soll. Die Vermittlung des Gefühls einer Unbeschwertheit auf hohem künstlerischen Niveau, das auch Albrecht Schmid am Pult zum Lächeln brachte. In ihrem zweiten späteren Solopart mit Haydns Arie „Quoniam tu solus sanctus“aus seiner Cäcilienmesse verlieh ihr Koloratursopran dem Geistigen das Frohgestimmte in Haydns Kirchenmusik.
Begnadete Solopartie von Lukas Stepp
Mit dem 1989 in Stuttgart geborenen, ebenfalls aus einer Musikerfamilie stammenden Geiger Lukas Stepp erklang Mozarts 5. Konzert in A-Dur. Lukas Stepp ist ein vielfach ausgezeichneter Virtuose bei internationalen Wettbewerben. Er ist Absolvent der Berliner Musikhochschule Hanns Eisler und zählt zu den Hochbegabten. Davon gab es am Abend eine Kostprobe, die das Publikum im gut besuchten Kirchenschiff den Atem anhalten ließ. Was seine Interpretation auszeichnet, ist über die perfekte Beherrschung des Instruments hinaus das Einfühlsame, das behutsam Gestalterische und die überlegte Artikulation.
Beethoven einmal nicht heroisch
Nach dem dominanten Bläsersatz, mit dem das Allegro anhebt, entfacht die Stepps Violine eine Solopartie von großartiger Gelassenheit. Die Melodie bewegt sich in ungebrochenem Fluss dahin, setzt Akzente und erzeugt eine betörende Spannung, die die Aufmerksamkeit der Zuhörer bannt. Es gibt kein Abdriften in Seichtes, sondern genau diese Ausgefeiltheit gepaart mit Melodischem birgt die Faszination im Zusammenspiel von Orchester und Solisten.
Mit Albrecht Schmid hat das Collegium Instrumentale einen überaus versierten und prägenden Dirigenten, der eine deutliche Sprache spricht. Er lotet jede Nuance aus, so dass wechselnde Tempi und Klangfarben jederzeit durchhörbar sind. Par excellence bot das Ensemble Beethovens 7. Symphonie in A-Dur dar, bei der der bereits fast vollständig ertaubte Komponist während der Uraufführung im Dezember 1813 selbst den Taktstock führte.
Die vier temperamentvollen Sätze, die Beethoven einmal nicht als den Ernsten und Zerrissenen zeigen, sind von einer ungeheuren, bisweilen tänzerisch rhythmisierten Spannkraft und Ausgelassenheit. Hierbei bewies das Collegium in allen Facetten seine Präsenz, die das Publikum mit stehenden Ovationen feierte.