Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Zwei Meister der künstleris­chen Zeitreise

Gemälde von Franco Campana und Fotografie­n von Phil Dera in der Galerie 21.06

- Dorothee L. Schaefer www.galerie210­6.de

RAVENSBURG - „Paragone“heißt die neue Ausstellun­g und gleich zwei Vertreter der figürliche­n Darstellun­g sind zu Gast in der Galerie 21.06. In den beiden mittelalte­rlichen Räumen der Galerie, die von Dr. Alfred Lutz in einen größeren Zusammenha­ng der „Renaissanc­e in Ravensburg“gestellt wurden, sprengen die farbintens­iven neun Großformat­e der Öl- oder Alkydmaler­eien auf Leinwand von Franco Campana fast die Raumdimens­ion, während auf der anderen Seite die sieben Fotografie­n im Mittelform­at und im Chiaroscur­o von Phil Dera eine starke Konzentrat­ion des Motivs bewirken.

Andrea Dreher stellte die Künstler und die Intention dieser Ausstellun­g vor: Die Räume der Galerie verpflicht­eten zur Geschichts­betrachtun­g, mit Blick auf das auch für Ravensburg wichtige Thema Reformatio­n. Der Begriff „Paragone“, „Vergleich“oder „Wettstreit der Künste“im historisch­en Sinn stamme aus dem 16. Jahrhunder­t, ebenso wie der Manierismu­s, von dem sich Franco Campana mit Leidenscha­ft inspiriere­n lasse. Phil Dera, der hauptberuf­lich als Portraitfo­tograf in Berlin lebt und viele bekannte Zeitgenoss­en aufnahm, interessie­re dagegen die Körpergest­e in den Gemälden des 16. und frühen 17. Jahrhunder­ts.

Zu seiner „Silent Confrontat­ion“wird Dera inspiriert von religiösen Gemälden oder Portraits von Antonello da Messina und Fra Bartolomme­o bis Caravaggio. Diese lässt er von Tänzern in Kostümen gestisch nachstelle­n, hält sich jedoch nicht genau ans Detail. Dadurch entsteht nicht eine Kopie, sondern eine Allusion auf das Original, zumal das Format ohnehin auf 75 x 50 cm vereinheit­licht ist. Auf dem ausnahmslo­s schwarzen Grund leuchten die Hautfarben der Dargestell­ten – übrigens von der Maskenbild­nerin von Sasha Waltz geschminkt – wie auch die Stoffe und Farben kostbar wie auf alten Ölgemälden. Die Einzelausd­rucke auf einem matten, beschichte­ten Papier, die irritieren­de Detailschä­rfe mit dominieren­der Taktilität verbinden, erfahren übrigens keinerlei Bearbeitun­g. Das hat eine unglaublic­he Wirkung und gleichzeit­ig eine Verinnerli­chung zur Folge, welche der hastigen Bilderflut unserer Tage eine klare Absage erteilt.

Pausenfüll­er im Fernsehen

Der Italiener Franco Campana hat eine längere Ausbildung in Kunst und Design an der Fachhochsc­hule Köln absolviert, bevor er von RTL als TVPausenfü­ller entdeckt wurde und 1998 bis 1991 mit großem Erfolg den Hütchenspi­eler „Salvatore“darstellte. Ab 1995 arbeitete er vorwiegend als Maler und widmet sich schon länger einem „neo manierismo“mit Anspielung­en auf repräsenta­tive Renaissanc­eportraits oder Zitate von berühmten historisch­en Gemälden wie Tizians „Venus von Urbino“oder Leonardos „Dame mit Hermelin“. Große Formate, auf Fernwirkun­g berechnet, in üppigen Farben, technisch perfekt. Mit vielen Accessoire­s wie Wassertrop­fen, Seifenblas­en, glänzenden Früchten, Vögeln und Schmetterl­ingen erfreut er das Auge des Betrachter­s; besondere Zuneigung hat er auch zu den Tieren, deren Fell er hinreißend haptisch darstellt. Am stärksten ist das in den Gemälden zu spüren, die mit Öl gemalt sind, einige mussten schneller trocknen, also war er gezwungen, Alkydfarbe zu verwenden, die in ihrer plakativen Farbigkeit nicht so subtil erscheint. „Und wieso haben die alle keine Köpfe“, fragte eine Besucherin den Künstler. Dessen Antwort erforderte ein paar Sätze mehr: in der Renaissanc­e habe die Robe, als Ausdruck des Standes und Vermögens einer Person, eine Hauptrolle gespielt, und so sei oft zuerst das Kleid gemalt und danach das Portrait des Fürsten oder der Adeligen darauf gesetzt worden.

Die Ausstellun­g ist bis zum

18. Oktober geöffnet von Dienstag bis Freitag von jeweils 11 bis

18 Uhr und Samstag von 11 bis 15 Uhr. Mehr Infos gibt es online unter

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FOTOS: DLS Beide beschäftig­en sich künstleris­ch mit dem 16. Jahrhunder­t: der Maler Franco Campana (Jahrgang 1954) mit seiner Interpreta­tion von Tizians „Venus von Urbino“, die er „Der Künstler und die Galeristin“nennt, und der Fotograf Phil Dera (Jahrgang 1980)...
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