Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Großer Künstler, fleißiger Chronist

Der Zeichner Heinz Schubert kam nach dem Zweiten Weltkrieg nach Kempten – Er hat den Wandel des Stadtbilds festgehalt­en

- Von Michael Dumler

KEMPTEN - Er ist ein Vertrieben­er gewesen, ein Flüchtling, der in Kempten seine zweite Heimat fand: Heinz Schubert. Der Maler, Grafiker und Illustrato­r, der am 7. Oktober 1912 im sächsisch-böhmischen Grenzland, in Zwettnitz, geboren wurde, startete nach dem Zweiten Weltkrieg in Kempten einen Neuanfang. „Heinz Schubert – Malerische Streifzüge durch Kempten“ist der Titel einer Ausstellun­g, die ab heute im Börsensaal des Kornhauses zu sehen ist. Der Maler und Zeichner erweist sich hier als Chronist der Stadt. Gut 50 Jahre lang hat er auch die bauliche Veränderun­g der Stadt mit seismograp­hischem Gespür und großem zeichneris­chen Können dokumentie­rt.

„Ein Warenhaus wird vor die Residenz gestellt“hat Schubert am 16. August 1970 eine Zeichnung genannt. Der Betrachter von heute reibt sich die Augen: Aha, das Große Loch hatte also einen Vorgänger, denkt man sich angesichts der riesigen Baustelle des Horten-Kaufhauses, der heutigen Kaufhof-Galeria. Schubert hat die Bauarbeite­n mit Feder und Kreide skizziert und aquarellie­rt. Frappieren­d die fotografis­che Detailverl­iebtheit des Künstlers, der Rohr- und Kabelleitu­ngen, Spundwände und Baugeräte akribisch festhält. Im Titel klingt wohl auch ein wenig Wehmut an – weil sich die Neuzeit (Kaufhaus) unaufhalts­am ihren Weg bahnt und sie der Vergangenh­eit (Residenz) auf den Pelz rückt. Freilich, das Alte lässt sich nicht so schnell ins Abseits rücken. Die Residenz ist – architekto­nisch gesehen – immer noch ein Hingucker, charakters­tark und elegant, das Kaufhaus dagegen, ach, lassen wir das ...

Auch den Abbruch des Lichtspiel­theaters Kali, der die Rückseite der „Alten Münze“freilegte, hat Schubert im Februar 1979 mit Bleistift, Feder und Kreise dokumentie­rt. Weitere Baustellen, die ihn fasziniert­en: die Langen Stände oder auch der Neubau der Kirche St. Michael 1964. Immer wieder hat er die Basilika St. Lorenz aus verschiede­nen Perspektiv­en porträtier­t, mal vom Hofgarten, mal vom Stadtpark aus. Und vom Burghaldef­riedhof aus ist sie über gefaltete Altstadtdä­cher hinweg ein ferner Fixpunkt.

Der Zeichner hat nicht nur markante Orte der Stadt, ihre bauliche Veränderun­g oder auch Schokolade­nseiten festgehalt­en. Er hat seinen neugierige­n Blick immer auch in die Hinterhöfe, in Seitengass­en geworfen. Ein reizvolles Beispiel ist sein Blick auf die Rückseite des ehemaligen Londoner Hofs von 1947. Es ist eine nostalgisc­he Reise zurück in die Vergangenh­eit, die einen im Börsensaal erwartet.

Die Ausstellun­g, die die Freunde der Kemptener Museen (fkm) und der Heimatvere­in Kempten in Kooperatio­n mit der Stadt organisier­t haben, zeigt Schubert als großen Zeichner und fleißigen Chronisten. 2007 hatte der Heimatvere­in Kempten von Schuberts Witwe zahlreiche Originalze­ichnungen erworben. Die Arbeiten mit Kempten-Motiven bilden den Grundstock der Ausstellun­g und werden erstmals gezeigt.

Heinz Schubert war ein rastloser Künstler, einer, der stets Feder und Pinsel zur Hand hatte. Früh wurde sein zeichneris­ches Talent entdeckt. In Prag studierte er an der Technische­n Hochschule und an der Karlsunive­rsität und arbeitete danach als Kunstlehre­r. In Prag lernte er auch seine Frau Josefine kennen. Im Krieg wurde er verwundet, kam in Kriegsgefa­ngenschaft. Ein Kamerad, der Lehrer Engelbert Albrecht, lotste ihn 1947 nach Heiligkreu­z. Glückliche Umstände führten Schubert später wieder mit seiner aus dem Sudetenlan­d vertrieben­en Familie in Kempten zusammen.

Begegnung mit Alfred Weitnauer

Eine glückliche Fügung war 1948 die Begegnung mit dem Heimatpfle­ger, Autor und Verleger Dr. Alfred Weitnauer. Für dessen 1950 gegründete­n Verlag illustrier­te Schubert bis 1972 50 Bücher. Hinzu kamen weitere 170 Arbeiten für andere Buchverlag­e. Für Weitnauers legendäre dreibändig­e „Allgäuer Chronik“fertigte er insgesamt 647 Vignetten in Zinkhochät­zung an.

Für sein künstleris­ches Schaffen erhielt Schubert zahlreiche Auszeichnu­ngen, darunter den Kunstpreis der Stadt (1959) und des Bezirks Schwaben (1968), das Bundesverd­ienstkreuz (1986), die Große Goldene Residenzme­daille (1992) und Merkur-Büste der Stadt Kempten (1997) sowie die fkm-Johannesme­daille. Schubert starb am 26. August 2001 in Kempten, jener Stadt, die ihm zur Heimat geworden war, die er liebevoll, wach und virtuos ein Leben lang porträtier­te.

Öffnungsze­iten: Die Ausstellun­g „Heinz Schubert – Malerische Streifzüge durch Kempten“im Börsensaal des Kornhauses läuft von 15. September bis 10. Dezember (täglich außer montags von 10 bis 16 Uhr).

Amtzell Dies & Das

Mofarennen, Uhr

Friedrichs­hafen

Café Internatio­nal, Begegnung und Austausch unterschie­dlichster Kulturen, Zeppelin Museum, ZeppLab, Seestr. 22, So, 15 Uhr

Sommerfest und einen Tag der offenen Tür, Motto: Fründen in Wirschaft, Kultur und Politik, Zeppelin Universitä­t, SeeCampus, Seemooser Horn 20, Sa, 14.30 Uhr

Langenarge­n

Atelier-Eröffnung, Rhythm und Kunscht, Atelier Annette Weber, Rosenstr. 46, So, 14-18 Uhr

Lindau

Internatio­nale Bodensee-Kunstaukti­on, Vorbesicht­igung, Auktionsha­us Michael Zeller, Bindergass­e 7, Insel, Sa, So, 11-18 Uhr

Ravensburg

Tattoo Convention, Oberschwab­enhalle, Bleicherst­r. 20, Sa, So

Wolfegg

MSC, Schmitten, So, 11

Eseltreffe­n, Wettbewerb­e, Vorführung­en, Figurenthe­ater, Kinderprog­ramm, Bauernhaus­museum, Vogter Str. 4, Sa, So, 10-17 Uhr

Feste & Feiern Amtzell

Verabschie­dung von Pfarrer Martin Schniertsh­auer, Festgottes­dienst, anschließe­nd Umtrunk, Kapellenbe­rg, Heilig-Kreuz-Kapelle, So, 17 Uhr

Leutkirch im Allgäu

Erntedankf­est, mit Feuerwehr-Fahrzeugse­gnung, Kultur- und Gemeindetr­eff, Sylvesterk­apelle, Heggelbach­er Str. 24, Tautenhofe­n, So, 8.45 Uhr Feuerwehrf­est: Feuerwehr-Staffellau­f, Kultur- und Gemeindetr­eff, Heggelbach­er Str. 24, Tautenhofe­n, Sa, 15 Uhr

Maierhöfen

Maierhöfer Heimatfest, im Rahmen des Viehscheid­es, 10 Uhr Gottesdien­st im Festzelt, 11 Uhr Frühschopp­en, 12 Uhr Schellenwü­rfeln, 12.30 Uhr Kinderfest, 14 Uhr Unterhaltu­ng mit den Allgäu Krainer, So Viehscheid, Alpabtrieb, 10 Uhr Festzeltbe­trieb am Scheidplat­z, ca. 11.30 Uhr Eintreffen des Alpzuges, Stimmungsm­usik mit der Musikkapel­le Maierhöfen im Festzelt, Sa

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Lindauer Marionette­noper: Die Zauberflöt­e,
Lindauer Marionette­noper: La Traviata, Oper von Giuseppe Verdi, Stadttheat­er, Konzertsaa­l, Fischergas­se 37,...
REPRO: RALF LIENERT Heinz Schubert dokumentie­rte den Bau des Kaufhauses Horten Anfang der 1970er-Jahre. 19-23.59 Uhr Lindauer Marionette­noper: Die Zauberflöt­e, Lindauer Marionette­noper: La Traviata, Oper von Giuseppe Verdi, Stadttheat­er, Konzertsaa­l, Fischergas­se 37,...

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