Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Kuko wird zum AfD-Treffpunkt
Kreisverband mietet Saal in Weingarten – Partei nennt Parkmöglichkeiten als Grund
WEINGARTEN - Die Partei „Alternative für Deutschland“(AfD) wird am kommenden Mittwoch, 20. September, erneut eine Veranstaltung im Kultur- und Kongresszentrum Oberschwaben (Kuko) in Weingarten abhalten. Sowohl Direktkandidat Helmut Dietz wie auch die Stadt Weingarten bestätigten dies auf SZ-Nachfrage.
Damit muss sich die Stadtverwaltung erneut widerwillig den gesetzlichen Vorgaben beugen. „Da im Kulturund Kongresszentrum Parteiveranstaltungen grundsätzlich zugelassen sind und die AfD als demokratisch zugelassene Partei dem Gleichheitsgrundsatz und dem Parteienprivileg unterliegt, konnten weder das Kultur- und Kongresszentrum noch die Stadt Weingarten als Träger eine Inanspruchnahme des Hauses durch AfD untersagen“, teilt die Stadtverwaltung in einer schriftlichen Stellungnahme mit.
Doch auch die AfD ist nur bedingt glücklich mit der Lösung. Gerne hätten sie ihre Veranstaltungen weiterhin in Gaststätten abgehalten. Doch nach Demonstrationen gegen eine AfD-Versammlung im Gasthof „Rössle“in Weingarten Mitte Juli, wo in der Nacht zuvor auch das Gebäude mit Anti-AfD-Sprüchen beschmiert worden war, hatten in der Folge beinahe alle Besitzer gutbürgerlicher Gaststätten in Ravensburg und Weingarten erklärt, die Partei künftig nicht mehr zu beherbergen. Einige, weil sie sich um ihren Ruf und das Geschäft sorgten, andere, weil sie politisch nicht auf einer Linie mit der AfD seien.
„Wir müssen in öffentliche Gebäude gehen“, sagt Dietz. Und da kommen in Ravensburg eigentlich nur der Schwörsaal und in Weingarten das Kuko infrage. Da die vergangene Veranstaltung in Weingarten stattfand, rechnete man bei der Stadtverwaltung eigentlich mit einem anderen Wahlkampfort. Man wisse nicht, warum sich die AfD zum zweiten Mal für das Kuko entschieden habe. „Bisher war es eher die Regel, dass Parteien Veranstaltungen an unterschiedlichen Orten durchführen, um eine größtmögliche Zahl von Wählerinnen und Wählern anzusprechen“, schreibt die Stadt.
Das habe einzig mit der Parksituation zu tun, erklärt Helmut Dietz. „Die Leute laufen nicht gerne“, sagt er. „Beim Schwörsaal ist es schlecht zu parken. In Weingarten gibt es Platz, zu parken.“Auf Nachfrage, ob man Ravensburg bewusst meide, weil es dort mehr linke Gruppierungen und damit potenziell mehr Proteste geben könnte, verneint Dietz: „Das hat mit dem überhaupt nichts zu tun.“Wie schon bei der Versammlung im Kuko im August hat die AfD auch dieses Mal einen eigenen Sicherheitsdienst engagiert. Auch die Polizei wird wieder vor Ort sein.
Bei der Veranstaltung im August hatten rund 60 vornehmlich junge Menschen friedlich gegen die AfD demonstriert. Diese hatten sich zudem darüber beschwert, dass man erst über die „Schwäbische Zeitung“und vor allem sehr kurzfristig von der Versammlung erfahren hatte. Mit mehr Vorlaufzeit hätte man eine größere Demo organisieren können, so der Vorwurf. Oberbürgermeister Markus Ewald hatte daraufhin erklärt, dass es nicht Aufgabe der Stadt sei, über einzelne politische Wahlkampftermine zu informieren.
Keine Ankündigung auf Facebook
Das macht die AfD mittlerweile mit etwa einer Woche Vorlauf. Die Versammlung im Gasthof „Rössle“war der SZ zwar nicht mitgeteilt worden. Die Veranstaltung im Kuko dagegen mit einer Vorlaufzeit von sechs Tagen. Für die aktuelle Versammlung hat Dietz die SZ am Donnerstag gebeten, die Veranstaltung im redaktionellen Teil – wie auch bei anderen Wahlkampfterminen üblich – anzukündigen. So wird es am 20. September ab 19 Uhr um die Themen „Kosten der Migration“und „Kosten der Eurorettung“gehen. Redner werden die Bundestagskandidaten Dirk Spaniel und Peter Boehringer sein. Derweil fährt die AfD in den Sozialen Medien eine andere Strategie. Auf der Facebook-Seite des Ravensburger Kreisverbandes ist von der bevorstehenden Veranstaltung nichts zu lesen. Im August hatte AfD-Kreisverbandssprecherin Rosemarie Neher erklärt, dass man die damalige Veranstaltung aus Sorge vor Gegendemonstrationen nicht über die sozialen Medien beworben habe.
Das irritiert auch die Stadtverwaltung: „Auch die Informationsstrategie der AfD in Bezug auf die Veranstaltung ist überraschend. Normalerweise werden Wahlveranstaltungen langfristig im Voraus angekündigt, damit interessierte Bürgerinnen und Bürger den Termin rechtzeitig einplanen können.“Auf Nachfrage hatte Rosemarie Neher Ende der vergangen Woche noch gemeint, dass die Veranstaltung am 20. September noch nicht fix sei, sich das aber Anfang dieser Woche klären werde. Trotz mehrfacher Versuche an unterschiedlichen Tagen war Neher in dieser Woche telefonisch nicht mehr zu erreichen. Erst Helmut Dietz bestätigte die Veranstaltung und ließ die offizielle Ankündigung folgen. Das Kuriose dabei: Die Stadt Weingarten hat der AfD die Veranstaltung bereits am 6. September bestätigt – also schon vor der ersten Anfrage der SZ bei der AfD.