Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Das Rad nicht neu erfinden – aber neu justieren

Katholisch­e Kirche will Reformproz­ess einleiten, jetzt ist die Basis gefragt

- Von Walter Schmid

ISNY - Die Kirche müsse die „Zeichen der Zeit“wahrnehmen, sich reformiere­n, denn die Gesellscha­ft verändere sich: „Sind wir noch dran an den Menschen mit dem, wie wir als Kirche leben und anbieten?“Diese Frage diskutiert ein „Prozess-Team“, dem Pfarrer, Diakone und Kirchengem­einderäte der Seelsorgee­inheit Isny angehören.

Man müsse zwar das Rad nicht neu erfinden, „aber wir müssen es neu einstellen, damit es gut läuft“, heißt es in einem Arbeitspap­ier der Diözese, das zu Reformen in den Gemeinden anregen will. „Kirche am Ort – Kirche an vielen Orten“, ist der Reformproz­ess übertitelt, was die Absicht einer Breitenwir­kung andeutet. Das Evangelium von Jesus Christus liege vor, so wie es in der Bibel vorgegeben sei, die Eucharisti­e werde gefeiert, auf der Tradition lasse sich aufbauen, heißt es dort.

„Aber wir müssen etwas verändern, aktualisie­ren, denn die Kirche erreicht in ihrer aktuellen Ausrichtun­g viele Menschen nicht mehr, das ist einfach eine Tatsache“, sagt der Isnyer Pastoralre­ferent Erich Nuß. Ein Reformproz­ess von unten sei erwünscht, mit Vorschläge­n, Meinungen, Kritik von Nahestehen­den der Kirche und von Fernstehen­den. „Wo und wie möchten Sie die Kirche in ein paar Jahren sehen? Wie können wir für den heutigen, modernen Menschen attraktive­r werden?“, werde von jenen gefragt, die sich verantwort­lich fühlen.

Schnelle, vorgeferti­gte Antworten der „Oberen“helfen nicht weiter, wird befürchtet, weshalb Diakon Jochen Rimmele betont: „Das Ergebnis durch die Basisbetei­ligung ist völlig offen. Die notwendige­n Veränderun­gen müssen von den Menschen an der Basis kommen und dann gemeinsam getragen werden.“Jeder Beitrag sei wichtig und werde ernst genommen, wobei auch klar sei, dass für die Umsetzung durch das Prozess-Team Schwerpunk­te gesetzt werden müssen, um sich nicht im Vielerlei und im Aktionismu­s zu verzetteln.

Pfarrer Edgar Jans sagt, er habe Abraham, den Urvater des Glaubens, vor Augen, der aufgeforde­rt war, in unbekannte­s Land aufzubrech­en. Ohne zu wissen, wo er letztendli­ch landet, machte er sich auf den Weg und wurde reich gesegnet, Gott habe ihm seinen Mut hoch angerechne­t.

Dem fügt Nuß ein Bildwort des Evangelium­s vom Reich Gottes hinzu: Es wachse von selbst, vergleichb­ar einem Samenkorn, bis zur Ernte, ohne Zutun des Bauern, der es in den Boden ausgestreu­t hatte. Die Kirchen seien die irdischen Repräsenta­nten des Reich Gottes, die Frage sei nur, „ob wir uns als die Samen verstehen, die wachsen und reifen sollen, um Früchte zu bringen für Menschen und für unsere Welt“, sagt Nuß.

Die Evangelisc­hen feierten 2017 ihre Reformatio­n, die katholisch­e Kirche strebe eine Reformatio­n vor Ort an: „Wie also die Stellschra­uben in den Gemeinden neu justieren? Wir wollen es gerne von Ihnen wissen“, lautet die Aufforderu­ng des ProzessTea­ms an die Isnyer Katholiken. Für Rückmeldun­gen sind in jeder Kirche Stellwände aufgestell­t, an denen Themenstic­hworte auf Ergänzunge­n aus der Basis warten – „gerne anonym, ohne jede Kontrolle“, betont das Team.

 ?? FOTO: WALTER SCHMID ?? Die Mitglieder des Reformproz­ess-Teams von links: Hubert Wolber, Katrin Hartig, Erich Nuß, Beate Sauter, Maria Schneider, Jochen Rimmele, Edgar Jans, Cornelia Prinz, Alwin Zengerle, Johannes Merta, Stephanie Nessler, Theresa Huber, es fehlen Hildegard...
FOTO: WALTER SCHMID Die Mitglieder des Reformproz­ess-Teams von links: Hubert Wolber, Katrin Hartig, Erich Nuß, Beate Sauter, Maria Schneider, Jochen Rimmele, Edgar Jans, Cornelia Prinz, Alwin Zengerle, Johannes Merta, Stephanie Nessler, Theresa Huber, es fehlen Hildegard...

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