Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Damm soll vor Hochwasser schützen
In dem Erdhügel bei Sulzberg ist Technik verbaut, die ohne Strom funktioniert
SULZBERG/OBERALLGÄU - Lieblich und unscheinbar schlängelt sich der Sulzberger Bach durch das Tal oberhalb von Aleuthe. Wer das Wasser durch das schmale Bett plätschern sieht, verfällt leicht in Kindheitserinnerungen – und möchte dort glatt mit Steinen und Ästen einen Damm bauen. Einen weit größeren (nämlich knapp 16 Meter hohen) Damm hat dort nun das Wasserwirtschaftsamt Kempten errichtet – anders als im fröhlichen Kinderspiel allerdings aus weit ernsteren Motiven: Der Damm soll Sulzberg vor einem hundertjährigen Hochwasser schützen. Damit das klappt, wurde eigens eine neue Technik entwickelt.
Über 70 Meter Breite hinweg versperrt der Damm nun künftigen Wassermassen den Weg. Er schützt damit Sulzberg und seinen Ortsteil Aleuthe vor einem Hochwasser, wie es laut Berechnung einmal in hundert Jahren vorkommt. Die Planungen dazu begannen bereits 1999 nach gravierenden Hochwasserereignissen, Baubeginn war 2015. Voraussichtlich 3,5 Millionen Euro kostete es, 35 000 Kubikmeter Erde aufzuschütten, 630 Kubikmeter Beton und 85 Tonnen Stahl zu verbauen.
Das Besondere: Eigens für diesen Damm entwickelten Ingenieure einen neuartigen Regler, der bestimmt, wie viel Wasser des Sulzberger Bachs durch ein Rohr unter dem Damm hindurchfließen kann. Der Clou: Er funktioniert automatisch und ganz ohne Strom.
Schwimmkörper installiert
Sobald der Wasserspiegel am Damm steigt, wächst der Wasserdruck und es würde mehr Wasser durch das Rohr in Richtung Sulzberg fließen – mehr, als für den Ort gut wäre. Deshalb haben die Planer an der Stelle, wo das Wasser am Damm in das Rohr fließt, einen Schwimmkörper installiert. Steigt das Wasser, steigt auch der Schwimmkörper und sorgt dadurch mithilfe einer mechanischen Verkettung dafür, dass sich der Wasserdurchlass verengt.
So steigt das Wasser am Damm immer weiter an. 133 000 Kubikmeter können aufgestaut werden. Damit der Druck dieser gewaltigen Wassermassen nicht den ganzen Damm hinwegreißt, ist ein Notablauf eingebaut: Unterhalb der Dammkante verläuft am nördlichen Rand ein zusätzlicher Kanal, an dem das Wasser abfließen kann. Dieser Notablauf wird laut David Kempter vom Wasserwirtschaftsamt aber nur für Situationen benötigt, die heftiger als ein hundertjähriges Hochwasser ausfallen. Dieser Notablauf ist durch ein Stahlnetz gegen angeschwemmte Baumstämme geschützt. Das Abflussrohr am Grund des Dammes ist ebenfalls gegen Schwemmgut geschützt: Einige Meter bachaufwärts hat das Wasserwirtschaftsamt Pfähle in den Booten eingelassen, die wie ein Kamm Holz und anderes Material abhalten sollen.
Damm wird wohl überlaufen
30 Prozent der Baukosten trägt die Gemeinde Sulzberg, unterstützt vom Landkreis Oberallgäu, der 35 Prozent des Gemeindeanteils übernimmt. Den Rest der Gesamtkosten trägt der Freistaat Bayern. Der Landkreis finanziert das laut Landrat Anton Klotz per Sonderumlage: Die Oberallgäuer Gemeinden zahlen zusätzlich zur üblichen Kreisumlage jährlich einen Beitrag für Hochwasserschutzprojekte. Seit 2005 seien so bereits 14 Millionen Euro zusammengekommen, sagt Klotz.
80 Jahre wird der Damm wohl bestehen, schätzt Bernhard Simon vom Bayerischen Umweltministerium. In dem Fall läge die Wahrscheinlichkeit, dass er in dieser Zeit aufgrund eines Hochwassers vollläuft, bei 80 Prozent. Simon: „Aber wer weiß in Zeiten des Klimawandels, was in 80 Jahren ist?“