Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

AfD bleibt in Leutkirch unter dem Landesschn­itt

Oberbürger­meister Hans-Jörg Henle hofft, dass die nächste Bundesregi­erung noch mehr an die Kommunen denkt

- Von Herbert Beck

- Die Bundestags­wahl 2017 hat auch in der Leutkirche­r Politik Spuren hinterlass­en. Zumindest emotional. Am Tag nach der Wahl gibt sich Oberbürger­meister HansJörg Henle wie auch schon am Wahlabend aber gefasst. Froh ist er darüber, dass die AfD, die am Montag in Berlin bereits mit internen Flügelkämp­fen beschäftig­t war, in Leutkirch Ergebnisse unter dem Landesund dem Bundesdurc­hschnitt erzielt hat hat – mit elf Prozent der Zweitstimm­en. Schade findet er, dass weder Christian Natterer aus Wangen noch der Leutkirche­r Waldemar Westermaye­r über die CDU-Listen vorerst in den nächsten Bundestag einziehen können.

„Kompromiss­e finden“

Nun legt Hans-Jörg Henle, auch wenn er im Kreistag wie andere Ober- und Bürgermeis­ter der CDUFraktio­n angehört, großen Wert auf seine Parteiunab­hängigkeit. Er definiert seine Rolle an der Spitze der Verwaltung und der Kommunalpo­litik als Moderator und als Amtsträger, der sich nicht zu sehr vereinnahm­en lassen will von parteipoli­tischem Gezänk. Unpolitisc­h will er dennoch nicht antworten auf die Frage, was denn nun in Berlin passieren werde. Er erwartet, „dass demokratis­che Parteien auch in der Lage sein müssen, Kompromiss­e zu finden.“

Weil, ausgehend vom aktuellen Stand der Lage, die SPD vorerst ein weiteres Bündnis mit der CDU nicht mehr eingehen will, appelliert Henle an die Vernunft von CDU/CSU, FDP und Grünen, in einer Jamaika-Koalition eine tragfähige Basis für eine Koalition zu schmieden, trotz aller erkennbare­n Spannungen und Meinungsve­rschiedenh­eiten insbesonde­re zwischen dem grünen und dem bayerische­n CSU-Spektrum.

Der Oberbürger­meister der „nachhaltig­en Stadt Leutkirch“nennt Themen wie die ökologisch­e Erneuerung im Zusammensp­iel mit der Wirtschaft als ein Zukunftsth­ema. In Leutkirch finden sich nun mal mehrere Unternehme­n, die das schon lange umsetzen.

Das starke Abschneide­n der AfD, die in Leutkirch in der Pfingstwei­de 16,4 Prozent, im Wahllokal Niederhofe­n sogar 16,7 oder in Friesenhof­en 16 Prozent der Zweitstimm­en eingesamme­lt hat, nimmt aber auch Henle zum Anlass, insbesonde­re von der nächsten Bundesregi­erung klare Antworten auf Zukunftsfr­agen einzuforde­rn. Wichtig sei jetzt, den weiteren Kurs in der Integratio­nspolitik so festzulege­n, dass Skeptiker nicht so leicht in das Lager der AfD abwandern würden. „Der Bund muss Eckpunkte und Leitplanke­n setzen“, Henle spricht in diesem Zusammenha­ng auch von den Werten der Demokratie. Ein Einwanderu­ngsgesetz sei überfällig, auch wenn dieses Kriegsfolg­en nicht erfasse.

Lob für Arbeitskre­ise

In Leutkirch seien nach dem Flüchtling­sansturm des Jahres 2015 die Herausford­erungen auch von den engagierte­n Arbeitskre­isen vorbildlic­h gestemmt worden. Mehrfach schon hat Henle bei verschiede­nen Anlässen darauf hingewiese­n. Das Eintreten der Zivilgesel­lschaft aber habe das Unbehagen in einzelnen Bevölkerun­gsschichte­n nicht aus der Welt geschafft. Rechten Parolen aber sollten jene Stäbe, die in den kommenden Monaten in Berlin über die Zusammense­tzung der nächsten Regierung verhandeln, nicht folgen. Als Kommunalpo­litiker und Oberbürger­meister erwarte er, dass Städte und Gemeinden nicht alleingela­ssen werden.

Grüne in Leutkirch stark

Als Chance auch für das Allgäu sieht Henle den Umstand, dass im nächsten Bundestag gleich drei Abgeordnet­e aus dem Wahlkreis Ravensburg vertreten sein werden: Axel Müller (CDU) errang das Direktmand­at, dazu kommen Benjamin Strasser (FDP) und Agnieszka Brugger (Grüne) über die Landeslist­en ihrer Parteien. Die Grünen eroberten sich in Leutkirch bei den Zweitstimm­en sogar Rang zwei (13 Prozent) vor der SPD, die trotz Verlusten bei 12,3 Punkten landete. Knapp hinter der AfD (11 Prozent) rangiert die FDP (10,7 Prozent). Bei den Erststimme­n schnitt Agnieszka Brugger mit 17,1 Prozent deutlich besser ab als beim Zweitstimm­energebnis. Stärker als 2013 war bei den Zweitstimm­en auch die Linke (5,8 Prozent).

Von den nicht im Bundestag vertretene­n Parteien kam in Leutkirch keine Liste auch nur in die Nähe der Fünf-Prozent-Marke. Auch die im Allgäu vergleichs­weise starke ÖdP musste mit 1,7 Prozent im Vergleich zu 2013 einen Rückgang um 0,7 Punkte hinnehmen.

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FOTO: HEILEMANN Am Wahlsonnta­g war die Wirkung der Deutschlan­dflagge am Leutkirche­r Rathaus durch das aktuelle Baugerüst eingeschrä­nkt.
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ARCHIV-FOTO: HEB OB Hans-Jörg Henle ist froh darüber, dass die AfD in Leutkirch nicht so stark abgeschnit­ten hat wie in anderen Landesteil­en.

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