Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Wenn das Knie immer dicker wird
Rheumapatienten sind anfälliger für Infektionen des Kunstgelenks
Das Knie wird dick und beginnt zu schmerzen – einem Rheumatiker ist dann meist klar: Er hat einen Krankheitsschub. Handelt es sich allerdings um ein künstliches Gelenk, kann auch eine Infektion dahinterstecken. Nicht selten werde diese Möglichkeit übersehen, einfach weil die Betroffenen häufig Probleme mit schmerzenden Gelenken haben.
Dabei sind Kunstgelenke bei Rheumapatienten anfälliger für Infektionen als bei anderen Menschen. Darauf haben Rheuma-Experten anlässlich des gemeinsamen Jahreskongresses der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh), der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie (DGORh) und der Gesellschaft für Kinderund Jugendrheumatologie (GKJR) in Stuttgart hingewiesen. Entscheidend für den Behandlungserfolg ist die frühzeitige Diagnose. Gelenke übergreifen, kann dies übersehen werden. „Der fließende Wechsel von einem Gelenk zum anderen ist typisch für die Rheumaerkrankung“, berichtet Bause. Im schlimmsten Fall kommt es zu einer lebensgefährlichen Blutvergiftung, einer sogenannten Sepsis.
Infektionsdiagnostik hat sich verbessert
Die Unterscheidung zwischen Infekt, rhreumatischer Entzündung oder auch Prothesenverschleiß im Langzeitverlauf erfordert viel Erfahrung. Glücklicherweise hat sich die Infektdiagnostik bei Kunstgelenken verbessert. „Der sogenannte Alpha-Defensin-Test zeigt uns, ob das Immunsystem auf Krankheitserreger gestoßen ist“, so Bause. Der Test liefert einfach und unkompliziert innerhalb einer Viertelstunde ein meist eindeutiges Ergebnis. Die Ärzte wissen dann allerdings noch nicht, mit welchem Erreger sie es zu tun haben. Zur standardmäßigen Betreuung in Fachkliniken gehören deshalb frühzeitige Gelenkpunktionen mit der Zellanalyse und der labormedizinischen Identifizierung der jeweiligen Erreger. Auch die histologische Untersuchung von Gewebeproben der Gelenkhaut unter dem Mikroskop hat sich enorm weiterentwickelt. Bause: „Wir können dann eindeutig zwischen Verschleißfolgen und einer Infektion unterscheiden.“
Bei früher Diagnose Erhalt des Kunstgelenks möglich
Bei einer frühzeitigen Diagnose der Infektion kann das Kunstgelenk durch eine Operation oft erhalten werden. Bei einer späten Diagnose mit dauerhafter Besiedlung der Bakterien an der Prothesenoberfläche ist immer ein Austausch erforderlich, der meist mit zwei, für die Patienten belastenden, Operationen verbunden ist: Im ersten Eingriff wird das infizierte Kunstgelenk entfernt und durch einen Platzhalter, den „Spacer“aus Knochenzement mit Antibiotikazumischung ersetzt. Erst wenn die Infektion überwunden ist, können die Patienten ein neues Kunstgelenk erhalten. Zwischen den beiden Eingriffen liegen ungefähr vier bis sechs Wochen. (dpa/sz)