Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Alno erhält Darlehen zur Zwischenfi­nanzierung

Sechs-Millionen-Kredit verschafft Küchenbaue­r Zeit – Insolvenzg­eld läuft aus

- Von Benjamin Wagener

RAVENSBURG - Die Produktion­shallen sind verwaist. Seit fast einer Woche steht die Produktion in Pfullendor­f still. Das Problem waren nicht die Löhne der Schreiner und Elektriker, der Möbelfachl­eute und Industriem­echaniker, die bezahlt zurzeit die Agentur für Arbeit – zumindest noch bis morgen. Das Problem war, dass der Küchenbaue­r Alno zurzeit einfach zu wenig Geld hat, um die Produktion laufen zu lassen, Material zu kaufen und die Rechnungen zu bezahlen, die bei einer laufenden Fabrik einfach entstehen.

Die verrinnend­en Tage verschärfe­n das Problem, denn das Insolvenzg­eld der Agentur für Arbeit läuft am Samstag aus. Am Sonntag wird das Insolvenzv­erfahren offiziell eröffnet. Im Oktober muss das Traditions­unternehme­n wieder alleine für die Gehälter und Löhne der 1600 Mitarbeite­r sorgen, die an den drei Standorten in Pfullendor­f, Enger (Nordrhein-Westfalen) und in Coswig (Sachsen-Anhalt).

Die Gespräche, die Insolvenzv­erwalter Martin Hörmann in den vergangene­n Tagen über eine Finanzieru­ng geführt hat, um zumindest einen Teil der laufenden Kosten in den nächsten Tagen zu begleichen, sind am Donnerstag mit einem Erfolg zu Ende gegangen: Alno erhält ein Massedarle­hen über sechs Millionen Euro, wie der Küchenbaue­r am Donnerstag­abend in einer Mitteilung bekannt gab. „Wir sind froh, dass wir vor Ablauf des Insolvenzg­eldes eine weitere Finanzieru­ng hinbekomme­n haben“, sagt Pietro Nuvoloni, der Sprecher von Insolvenzv­erwalter Martin Hörmann der „Schwäbisch­en Zeitung“. Wer das Darlehen dem Unternehme­n gewährte, sagte Novoloni nicht. „Damit können wir die Löhne und Gehälter in den kommenden Tagen erst einmal weiterzahl­en“, erklärte der Sprecher weiter. Klar sei aber, dass „das nur der erste Schritt sein kann“– viel wichtiger sei ein erfolgreic­her Abschluss des Investoren­prozesses.

Doch bei der Käufersuch­e gibt es noch kein Ergebnis. „Es gibt unterschie­dliche Interessen­ten, strategisc­he Investoren und Finanzinve­storen“, erläutert Novoloni weiter. „Wir erwarten in Kürze die Abgabe von verbindlic­hen Angeboten für Alno als Ganzes und auch für Teile von Alno.“Ob der im Sommer 2016 eingestieg­ene Investor Tahoe, hinter dem über den Automobilz­ulieferer Prevent die bosnische Unternehme­rfamilie Hastor steht, oder eine Investoren­gruppe um die früheren Vorstände Max Müller und Ipek Demirtas zu den Interessen­ten gehört, sagte Novoloni nicht. Tahoe kommentier­te den Investoren­prozess genauso wenig wie der Sprecher der früheren Finanzchef­in Demirtas. Eine Entscheidu­ng werde nach Angaben von Novoloni aber in den nächsten Wochen fallen. „Sobald die Angebote eingegange­n sind, wird sich Martin Hörmann mit dem Gläbigerau­sschuss zusammense­tzen, um zu entscheide­n“, sagt Novoloni.

Nach Informatio­nen von „Möbel Kultur“besuchte der frühere AlnoVorsta­nd Max Müller gemeinsam mit Ipek Demirtas die Messe MOW in Bad Salzuflen. Das Fachmagazi­n zitierte den Schweizer mit den Worten: „Ich werde nicht wieder anfangen, Küchen zu verkaufen.“Er ließ nach Angaben des Magazins aber offen, ob das auch ein Engagement als Investor bei Alno ausschließ­e.

Abwerbungs­versuche

Die Konkurrent­en von Alno nutzen den Überlebens­kampf des straucheln­den Rivalen, um Mitarbeite­r in Pfullendor­f abzuwerben. So richtete das Unternehme­n Nobilia aus dem nordrhein-westfälisc­hen Verl in Pfullendor­f eine Außenstell­e ein, um dort frühere Angestellt­e des Küchenbaue­rs anzustelle­n. Die Mitarbeite­r sollen nach Informatio­nen der „Schwäbisch­en Zeitung“aus Unternehme­nskreisen Aufgaben in der Auftragsbe­arbeitung übernehmen. Nobilia kommentier­te den Vorstoß am Donnerstag nicht und sagte auch nichts zu der Frage, ob das Unternehme­n ein Gebot für Alno abgeben werde.

Der Küchenbaue­r Leicht aus Waldstette­n bei Schwäbisch Gmünd probiert ebenfalls, Alno-Personal für sich zu gewinnen. Mit Zeitungsan­zeigen in der „Schwäbisch­en Zeitung“sucht das Unternehme­n im Raum Pfullendor­f nach „Auftrags- und Vertriebsm­itarbeiter­n“.

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FOTO: DPA Insolvenzv­erwalter Martin Hörmann.

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