Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Hohe Hürde für die Horde
Im Viertelfinale der Volleyball-EM gegen Aserbaidschan
BAKU (SID/dpa) - Es klang fast wie eine Drohung, als Felix Koslowski loslegte. „Wir freuen uns echt über den Sieg, aber wir sind noch nicht fertig“, sagte der Bundestrainer nach dem Einzug seiner Volleyballerinnen ins EM-Viertelfinale. Gegen das favorisierte Bulgarien zeigte seine Mannschaft zum ersten Mal im Turnier ihr ganzes Potenzial. Koslowski sah es mit Genugtuung: „Nach dem Sieg gegen Bulgarien respektiert uns jeder. Auch Aserbaidschan hat jetzt Respekt vor uns.“Am heutigen Freitag (16 Uhr/Sport1) geht es in der Runde der letzten Acht zum zweiten Mal gegen den Co-Gastgeber.
In der Vorrunde konnte die Auswahl des Deutschen Volleyball-Verbandes nur einen Satz lang mit dem körperlich starken Gegner mithalten; sie verlor 1:3 (25:19, 19:25, 18:25, 18:25). Das soll nun anders werden. Das Erfolgsrezept ist klar: „Wenn wir es wieder schaffen, Taktik und Herz zusammenzubringen, haben wir eine Chance“, sagt Felix Koslowski.
Der 33 Jahre alte Taktiker stellte im Achtelfinale unter Beweis, dass er der richtige Mann ist, um die Volleyballerinnen zu den Olympischen Spielen in Tokio zu führen. Koslowski setzte den Videobeweis gekonnt ein, um den Gegner in den richtigen Momenten zu zermürben und seiner Mannschaft einen Schub zu verleihen. Der sonst eher ruhige, analytische Schweriner wurde nach dem ersten Satz sogar richtig laut: „Ich war schon ein bisschen sauer, weil wir uns zwischenzeitlich nicht an unseren Matchplan gehalten haben. Wir haben uns dann gegenseitig angestachelt, die Bulgarinnen haben die Tür aufgemacht, und wir sind mit der ganzen Horde reingestürmt“, so Koslowski, der nach dem Spiel minutenlang ausgepowert am Boden lag.
In der Vorrunde hatten seine Spielerinnen gegen Polen (2:3), Ungarn (3:1) und eben Aserbaidschan ihr Können immer nur aufblitzen lassen. Erst gegen die sehr athletischen, körperlich starken Bulgarinnen platzte der Knoten – auch dank EMDebütantin Louisa Lippmann. Unbeschwert, beherzt und mit sehr viel Talent füllt die 23-jährige Diagonalangreiferin die Lücke, die der Rücktritt Margareta Kozuchs gerissen hat. Lippmann war in allen Spielen beste deutsche Punktelieferantin. Mit 87 Zählern liegt sie in der TopscorerListe auf Platz zwei hinter Malwina Smarzek (103) – die ist mit Polen allerdings bereits ausgeschieden.
Felix Koslowski vertraut in Baku auf ein junges Team um die Routiniers Maren Fromm (Außenangriff), Lenka Dürr (Libero) und Denise Hanke (Zuspiel). Gegen Bulgarien konnte sich die deutsche Mannschaft auf die sichere Annahme Dürrs zu einhundert Prozent verlassen, Hanke sorgte mit ihrer unkonventionellen Spielweise immer wieder für Verunsicherung beim Gegner. Nun scheint alles möglich – glaubt auch Louisa Lippmann: „Gegen Aserbaidschan müssen wir an unser Maximum gehen. Aber wir haben gezeigt, dass wir gegen so eine physisch starke Mannschaft bestehen können.“