Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Grüne Kirche
Süddeutsche Diözesen fördern schon heute vielfach ökologische Initiativen – Engagement soll zu Vorreiterrolle ausgebaut werden
FULDA - Die katholische Kirche in Deutschland will Vorreiterin in Umweltfragen werden: Kirchliche Gebäude sollen mittelfristig nicht mehr mit Öl oder Gas beheizt werden, der Strom soll aus erneuerbaren Energien kommen. Schon heute gelten süddeutsche Diözesen wie Rottenburg-Stuttgart, Freiburg und Augsburg als Vorbilder, weil sie bis hinunter auf Pfarrei-Ebene ökologische Initiativen fördern. Jetzt informierten sich die katholischen Bischöfe über „grüne“Aktionen.
Ein Blick nach Alsmoos im bayerischen Landkreis Aichach-Friedberg: Dort haben Mitglieder der Pfarrei St. Johann Baptist eine bisher landwirtschaftlich genutzte Pfarrpfründe-Fläche von 1,7 Hektar in eine Wiesenlandschaft mit Sträuchern und Bäumen umgewandelt. Das Artenspektrum hat sich deutlich erhöht, auch ist der seltene Schwalbenschwanzschmetterling wieder heimisch.
„Durch die Lage und Bewirtschaftung dieser kirchlichen Fläche wird in hohem Maße die Artenvielfalt, Biodiversität und das Bewusstsein für die Bewahrung der Schöpfung innerhalb der Pfarrei gefördert“, hieß es, als das Projekt mit dem ersten Schöpfungspreis der Diözese Augsburg ausgezeichnet wurde.
Solarstrom und Bioenergie
Ähnliche Beispiele finden sich zuhauf: Die Vinzentinerinnen aus Untermarchtal (Alb-Donau-Kreis) achten darauf, dass der Strom für ihre Missionsstationen umweltfreundlich gewonnen wird. Die Ordensfrauen hatten zudem mit kleinen Kraftwerken die Stromversorgung im besonders strukturschwachen Süden Tansanias deutlich verbessert. Die Mischung aus Solarstrom und Bioenergie aus der JatrophaPflanze schont außerdem die Umwelt. Strom sei entscheidend, um in der Region Krankenhäuser betreiben zu können und die Wirtschaft zu stärken.
Im Kloster Reute (Landkreis Ravensburg) wurde ein Nachhaltigkeitskonzept für die Klostergärtnerei erarbeitet. Und mit der „Initiative Stromsparcheck“sorgt die Caritas in der Region Bodensee-Oberschwaben nicht nur für niedrigere Stromkosten, sondern auch für weniger Umweltschäden.
Die deutschen katholischen Bischöfe wollen, dass solche Projekte Schule machen. Und sie wollen, dass der „Lebensstil der Kirche“sich an ökologischen Maßstäben orientiert, wie sie während ihrer Vollversammlung in Fulda in der vergangenen Woche deutlich machten. Denn die Kirche sieht sich spätestens seit dem päpstlichen Lehrschreiben „Laudato si“zu Umweltfragen aus dem Jahr 2015 auch selbst in der Pflicht zum Handeln. Entsprechend kündigten die Bischöfe in Fulda ein noch stärkeres Engagement an. Sie wollen dazu beitragen, persönliche, gesellschaftliche und politische Leitbilder zu wandeln. Die Kirche selbst müsse ein Ort „der Sensibilisierung für einen umweltbewussten und solidarischen Lebensstil“sein.
Die beiden großen Kirchen gehören zu den bedeutenden Immobilien-, Forst- und Ackerflächenbesitzern in Deutschland. Eine genaue Übersicht gibt es nicht, denn Pfarreien, Stiftungen, Klöster, Diözesen und Wohlfahrtsverbände verwalten ihre Bauten und Ländereien in Eigenverwaltung. Zwei Beispiele verdeutlichen den Handlungsdruck: Es gibt 24 000 Kirchen. Und allein die badische evangelische Landeskirche besitzt 2800 Gebäude. Viele, wahrscheinlich die meisten Gebäude der Kirchen dürften mit Öl und Gas beheizt werden.
Das soll sich ändern: Der in der Bischofskonferenz für Öko-Themen zuständige Freiburger Weihbischof Bernd Uhl nennt die Kirche einen „schlafenden Riesen beim Thema Umweltschutz“. Als Großorganisation verfüge sie über finanzielle Mittel, um zur Verminderung des CO2Ausstoßes beizutragen. Auf Dauer sollen die fossil betriebenen Heizungen verschwinden.
Ein Beispiel für den sinnvollen Umbau könnte aus der Diözese Rottenburg-Stuttgart kommen: Die Klimainitiative der Diözese wurde vor zehn Jahren ins Leben gerufen, viele Projekte und Entwicklungen in den Gemeinden und in der Diözese gehen auf diesen Impuls zurück. Ein anderes Beispiel nennt der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick: „Bei uns werden Äcker nur noch an Bauern verpachtet, die ökologisch arbeiten.“
Freilich steht die Kirche nicht am Anfang ihres ökologischen Engagements, wie der Vorsitzende der Arbeitsgruppe für gesellschaftliche Fragen, der Essener Bischof FranzJosef Overbeck, betont. Als mögliche weitere Schritte nennt er ein nachhaltiges Gebäudemanagement, klimasensible Energiekonzepte und die Prüfung einer CO2-Kompensation für Flugreisen bis hin zu den „kleinen alltäglichen Dingen“, wie, wo und was gekauft wird. Overbeck betont in Richtung Berlin, für die neue Regierung müssten ökologische Fragen hohe Priorität haben.