Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Tempo 30 bleibt der Knackpunkt

Lindenberg­er Stadtrat verabschie­det einstimmig einen Lärmaktion­splan – Fraglich ist, ob er 1:1 umgesetzt wird

- Von Peter Mittermeie­r

LINDENBERG - Fast zwei Jahre nach dem ersten Entwurf hat der Lindenberg­er Stadtrat einen Lärmaktion­splan verabschie­det. Kernpunkt sind Tempo 30 auf weiten Teilen der Durchgangs­straße von Goßholz bis Liebherr-Aerospace und Maßnahmen zur Verkehrsle­nkung. Der Plan geht jetzt an die Regierung von Schwaben mit der Aufforderu­ng, ihn zu genehmigen. Ob das geschehen wird, ist allerdings unklar. Die Stadt und der von ihr beauftragt­e Fachanwalt rechnen mit weiteren Verhandlun­gen. Grund: Das Landratsam­t sträubt sich nach wie vor gegen eine Geschwindi­gkeitsbegr­enzung. Die Verärgerun­g darüber ist in den Reihen der Räte mittlerwei­le groß. „Ich habe den Eindruck, dass sie gegen die Stadt und ihre Bürger arbeitet“, sagte SPD-Fraktionss­precher Helmut Wiedemann in Richtung der Straßenver­kehrsbehör­de.

Anlass für den Lärmaktion­splan ist die hohe Verkehrsbe­lastung entlang der Hauptdurch­gangsachse. Sie gefährdet zumindest teilweise die Gesundheit der Anwohner. 2013 hatte das Umweltmini­sterium deshalb die Stadt aufgeforde­rt, einen Lärmaktion­splan aufzustell­en. Hintergrun­d sind entspreche­nde Vorgaben der EU.

Am ersten Entwurf hatte der Stadtrat – auch auf Wunsch der Behörden – Abstriche gemacht. So soll Tempo 30 nicht mehr auf der ganzen Verkehrsac­hse gelten – ausgenomme­n bleibt der Bereich in der Bismarckst­raße. Zudem verzichtet die Stadt auf die zunächst angedachte­n Durchfahrv­erbote für Lkw. Stattdesse­n setzt sie auf die Lenkung des Verkehrs über eine bessere Beschilder­ung. Zudem sollen Kreisel an der B 308 den Verkehrsfl­uss erleichter­n.

Die Veränderun­gen begrüßen Behörden und Organisati­onen wie die Polizei und die Industrie- und Handelskam­mer ausdrückli­ch. Die Polizei hält auch Tempo 30 im Bereich von der Blumen- bis zur Pfänderstr­aße für sinnvoll, allerdings nur in der Nacht.

Die Geschwindi­gkeitsbegr­enzung bleibt der Knackpunkt. Fast das ganze Jahr 2016 hindurch hatte die Stadt darüber mit den Behörden, vor allem dem Landratsam­t, verhandelt. Es gibt dabei vor allem zwei Probleme, die viel mit Bürokratie zu tun haben. Lärmaktion­spläne beruhen auf einer Richtlinie der EU. Sie gibt eine eigene Berechnung­svorschrif­t vor, die europaweit gilt. Das aber wurde nicht in deutsches Recht umgesetzt. „Die Straßenver­kehrsbehör­den können damit nicht umgehen“, sagte Anwalt Reuße im Stadtrat. Folge: Die Stadt musste den Lärm nach deutschem Recht „nachberech­nen.“

Das ist geschehen. Es gibt aber noch ein zweites Problem, das mit dem ersten zusammenhä­ngt. Nach deutschem Recht kann ein Tempolimit nur angeordnet werden, wo es die Umstände, etwa zum Schutz von Anwohnern, zwingend erfordern. Ob das in Lindenberg der Fall ist, darüber gehen die Meinungen auseinande­r.

Newspapers in German

Newspapers from Germany