Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Madrid schlägt Neuwahlen in Katalonien vor
Zentralregierung entschuldigt sich für Gewalt – 90,18 Prozent stimmen für Unabhängigkeit
BARCELONA (AFP/sz) - In der Katalonien-Krise hat sich die spanische Regierung für Neuwahlen in der nach Unabhängigkeit strebenden Region ausgesprochen. Es müsse der „Bruch“zwischen Madrid und Barcelona gekittet werden, sagte Regierungssprecher Íñigo Méndez de Vigo am Freitag. Dies könne über Regionalwahlen in Katalonien geschehen.
Zuvor hatte es mögliche Anzeichen einer Entspannung gegeben. So entschuldigte sich Madrid für die Verletzten durch Polizeigewalt beim Unabhängigkeitsreferendum in Katalonien. Der Vertreter der spanischen Zentralregierung für Katalonien, Enric Millo, sagte am Freitag im katalanischen Fernsehsender TV3, er „bedauere“die Verletzungen und bitte im Namen der Polizisten um Entschuldigung. Die Hauptverantwortung für die Vorkommnisse liege aber bei der Regionalregierung.
Bei dem umstrittenen Referendum haben laut dem am Freitag veröffentlichten Endergebnis 90,18 Prozent der Teilnehmer für die Unabhängigkeit von Spanien votiert. Die Beteiligung lag bei 43 Prozent, wie die katalanische Regionalregierung dem Parlament mitteilte.
Unterdessen wachsen auch in der Wirtschaft die Sorgen. Mehrere katalanische Unternehmen denken über eine Abwanderung nach.
Katalonien ist in Spanien die wirtschaftlich wichtigste Region für Deutschland. Knapp 1000 deutsche Firmen haben laut Regionalregierung dort eine Niederlassung. Die umsatzstärksten Firmen davon sind die VW-Tochter Seat, die Chemiekonzerne Bayer und BASF sowie die Supermarktkette Lidl. Deutschland exportierte 2015 Waren im Wert von etwa 14 Milliarden Euro nach Katalonien, das entspricht fast 40 Prozent aller Exporte nach Spanien. Besonders gefragt waren Fahrzeuge. Umgekehrt importierte Deutschland Waren im Wert von 7,5 Milliarden Euro. Der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der deutschen Industrie (BDI), Joachim Lang, teilte mit: „Die Industrie in Deutschland schaut mit Sorge auf die heftiger werdenden Auseinandersetzungen in Spanien.“Der Außenwirtschaftschef des Deutschen Industrie- und Handelskammertags, Volker Treier, erklärte: „Bei einer Abspaltung droht große Rechtsunsicherheit.“(AFP)