Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Etablierte Parteien verlieren in der Mitte

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GÜTERSLOH (dpa) - Die etablierte­n Parteien haben bei der Bundestags­wahl laut einer Studie nicht nur am rechten Rand Wähler verloren, sondern auch massiv in der bürgerlich­en Mitte. Demnach haben vier von zehn Wahlberech­tigten dieser Gruppe ihre Stimme nicht abgegeben oder die AfD gewählt. Zu diesem Ergebnis kommt eine am Freitag vorgestell­te Studie der Bertelsman­n-Stiftung in Gütersloh mit dem Titel „Populäre Wahl“.

GÜTERSLOH (dpa) - Die etablierte­n Parteien haben bei der Bundestags­wahl laut einer Studie nicht nur am rechten Rand Wähler verloren, sondern auch massiv in der bürgerlich­en Mitte. Demnach haben vier von zehn Wahlberech­tigten dieser Gruppe ihre Stimme nicht gegeben oder die AfD gewählt. Zu diesem Ergebnis kommt eine am Freitag vorgestell­te Studie der Bertelsman­n-Stiftung in Gütersloh mit dem Titel „Populäre Wahl“.

Demnach verloren CDU/CSU in dieser Gesellscha­ftsgruppe bei der Wahl vor gut zwei Wochen 15 Prozentpun­kte, während die AfD um den gleichen Wert zulegte. „Die etablierte­n Parteien verlieren in der bürgerlich­en Mitte deutlich an Terrain. Der Kampf um die Mitte hat sich massiv verschärft“, erklärte der Autor der Studie, Robert Vehrkamp. Das hat Folgen für die Koalitions­bildung. Eine große Koalition aus Union und SPD würde demnach nur noch 42 Prozent und ein Jamaika-Bündnis aus CDU/CSU, FDP und Grünen nur 39 Prozent aller Wahlberech­tigten aus der bürgerlich­en Mitte repräsenti­eren.

Leistungsb­ereites Bürgertum

Für die Studie hat die Bertelsman­nStiftung die Wahlberech­tigten in Deutschlan­d in zehn Milieu-Gruppen unterteilt. Urheber dieser Definition ist das Sinus-Institut für Markt- und Sozial-Forschung. Das Milieu der bürgerlich­en Mitte bildet dabei 13 Prozent aller Wahlberech­tigten ab und steht laut Beschreibu­ng für ein leistungs- und anpassungs­bereites Bürgertum. Dabei bejaht diese Gruppe die gesellscha­ftliche Ordnung und wünscht sich, beruflich und sozial etabliert zu sein. Allerdings gibt es hier eine wachsende Überforder­ung und Abstiegsän­gste.

„In der bürgerlich­en Mitte gibt es eine Erosion, darum müssen sich die etablierte­n Parteien kümmern. Sonst werden sie das verloren gegangene Terrain nicht wieder zurückgewi­nnen“, sagte Studienaut­or Vehrkamp der Deutschen Presse-Agentur.

Konfliktli­nie Modernisie­rung

Nach Auswertung der Daten haben die Güterslohe­r Forscher eine neue Konfliktli­nie der Demokratie ausgemacht. Die Wählerscha­ft ist demnach gespalten in die Skeptiker und Befürworte­r der Modernisie­rung. Diese Trennlinie hat das Wahlverhal­ten nach Überzeugun­g der Studienaut­oren entscheide­nd geprägt. Auf der einen Seite stünden Milieus, die sich mit Begriffen wie Tradition oder Besitzstan­dswahrung identifizi­erten. Für Milieus, die der Modernisie­rung offen gegenübers­tehen, stünden Begriffe wie Grenzüberw­indung und Beschleuni­gung.

„Die AfD wurde ganz überwiegen­d von Menschen gewählt, die der sozialen und kulturelle­n Modernisie­rung zumindest skeptisch gegenübers­tehen“, befand Vehrkamp nach Auswertung der Zahlen. 65 Prozent aller AfD-Wähler kommen aus Milieus, die eher modernisie­rungsskept­isch sind. Damit habe die AfD im Parteiensp­ektrum ein Alleinstel­lungsmerkm­al, heißt es in der Studie. Die Wähler aller anderen Parteien im Bundestag sind in der Mehrheit Modernisie­rungsbefür­worter: Bei der CDU/CSU sind es 52 Prozent, bei der SPD 56, der FDP 59 und der Linken 62 Prozent. Spitzenrei­ter sind mit 72 Prozent die Wähler der Grünen.

Die Vorsitzend­en der Linken, Katja Kipping, bezeichnet­e in einer Reaktion auf die Studie den Verlust der bürgerlich­en Mitte und der prekären Milieus für die Volksparte­ien CDU und SPD als „das Erbe ihrer eigenen, zutiefst anti-sozialen Politik“.

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