Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Immer mehr Menschen haben eine Patientenverfügung
Hospizverband plädiert für öffentliche Debatte zu Sterben und Tod
BERLIN - Noch immer beschäftigt sich die Gesellschaft zu wenig mit den Themen Sterben und Tod. Zu dieser Erkenntnis kommt der Deutsche Hospiz- und Palliativverband (DHPV) auf Basis einer Erhebung der Forschungsgruppe Wahlen. Der DHPV fordert daher von der Politik eine bundesweite Kampagne. Erfreulich ist laut DHPV-Geschäftsführer Benno Bolze aber, dass inzwischen 43 Prozent der bundesweit mehr als 1000 Befragten eine Patientenverfügung verfasst hätten. Fünf Jahre zuvor waren es noch 26 Prozent. Auch die Akzeptanz für Hospizund Palliativdienste sei bei den Menschen gestiegen. Doch gebe es noch Regionen, in denen die Versorgung ausgebaut werden müsse, gestand Bolze ein – vor allem in ländlichen Gebieten.
„Die Menschen haben noch nicht genug von diesem Thema“, sagte die stellvertretende DHPV-Vorsitzende Anja Schneider am Freitag in Berlin. „Wir wünschen uns von der Politik eine bundesweite Kampagne, was Hospiz und Palliativ ist und an wen sich die Menschen wenden können.“Als Vorbild nannte sie Kampagnen wie jene zur Aufklärung über Aids und zur Notwendigkeit von Impfungen. Die Befragung habe etwa ergeben, dass 73 Prozent nicht wüssten, dass Hospizdienste kostenlos seien. Mehr als die Hälfte der Befragten seien der Meinung gewesen, dass sich die Gesellschaft zu wenig mit Sterben und Tod befasse.
Mehr Vertrauen in Hospizarbeit
Zum zweiten Mal nach 2012 hat der DHPV die Studie „Sterben in Deutschland“in Auftrag gegeben. Eine klare Verschiebung zeigt sich bei der Frage, wo die Befragten sterben möchten. Zwar nennen noch immer die meisten das eigene Zuhause als gewünschten Ort, doch ist der Wert im Vergleich von 66 Prozent vor fünf Jahren auf nun 58 Prozent gesunken. „Manche haben Angst vor dem Sterben zu Hause“, sagte Bolze und erklärte das unter anderem damit, dass immer mehr Menschen allein lebten.
Dass diesmal 27 Prozent und damit fast zehn Prozent mehr angaben, in einer Einrichtung für Schwerstkranke sterben zu wollen, zeige indes ein „Vertrauen in die Hospizarbeit“, erklärte Bolze.
Ob es denn flächendeckend genügend Hospiz-Einrichtungen gebe, lässt sich laut Bolze und Schneider nicht pauschal beantworten. „In städtischen Bereichen gibt es fast schon ein Überangebot“, sagte Schneider. Auf dem Land sieht es laut Bolze aber zum Teil anders aus. „Im ländlichen Raum gibt es viel weitere Wege. Da gibt es sicher im ambulanten Bereich noch einen deutlich höheren Bedarf, als es Angebote gibt.“Auch im stationären Bereich müsse auf dem Land trotz der vielen Neubauten der vergangenen Jahre nachgelegt werden. „Wir müssen strukturell neu denken für den ländlichen Raum.“Er plädierte dafür, mehr auf kleinere, dezentralere Einrichtungen zu setzen, die vielleicht nur drei oder vier Betten bieten.
Der Verband forderte von der Politik, Pflegeheime besser für die Sterbebegleitung aufzustellen. Dafür solle das Personal weitergebildet werden und darauf hinwirken, dass die Häuser stärker mit ambulanten Hospizdiensten und Palliativärzten kooperieren. Und DHPV-Vizevorsitzender Schneider sagte: „Wichtig ist, dass es eine Vernetzung der ambulanten Dienste gibt.“Also ein abgestimmtes Miteinander von Pflegediensten, Hausärzten und Hospizdiensten.
Hausärzte sind laut der Studie die Informationsgeber, wenn sich Menschen über Hospiz- und Palliativangebote informierten. Der DHPV fordert daher die Kostenträger auf, den Ärzten dafür mehr Zeit einzuräumen.