Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
„Stürme wie ,Xavier’ gab es immer wieder“
BERLIN - Tobias Schmidt hat mit Gerold Weber, Meteorologe beim Deutschen Wetterdienst, über den Orkan „Xavier“gesprochen.
Herr Weber, Verkehrschaos bis zum Wochenende und sieben Tote:
Sind Bahn, Bevölkerung und Behörden nicht ausreichend vor dem Orkan „Xavier“gewarnt worden?
Das ist falsch. Der Sturm war exakt vorhergesagt, bereits am Mittwochmittag wurde eine Vorabinformation zu diesem Sturmtief herausgegeben, und am Mittwochabend folgte die Unwetterwarnung. Bei sogenannten Schnellläufern sind die genaue Windstärke und ihre Zugbahn schwer zu prognostizieren. Die meisten Vorhersagemodelle hatten einen etwas südlicheren Weg vorausgesagt. Doch der Fehler war gering, es ging um eine Abkehrsflugzeuge weichung von 50 bis 80 Kilometern. Beim Tempo lagen wir genau richtig. Die Bahn hat gut reagiert, indem sie die Züge in den Bahnhöfen angehalten hat. Allerdings stellt sich die Frage, warum die Bäume links und rechts der Strecken nicht stärker freigeschnitten werden, um die Gleise vor umstürzenden Stämmen und Ästen zu schützen.
Was ist das Besondere an Stürmen wie „Xavier“?
Solche Sturmtiefs entstehen über dem Nordatlantik und meistens im Herbst, wenn dort wegen des Golfstroms die höchsten Wassertemperaturen herrschen und viel Energie liefern. Außerdem bedarf es in höheren Luftschichten auch sehr hoher Windgeschwindigkeiten. Diesmal waren es in einer Höhe von 11 000 Metern, also dort, wo Ver- unterwegs sind, mehr als 200 Stundenkilometer. „Xavier“war ein echter Schnellläufer, sein Kern hat in 24 Stunden 1600 Kilometer zurückgelegt. Am Mittwochmittag lag er noch westlich von Irland und ist dann mit 65 Stundenkilometern nach Deutschland gerast.
Hat „Xavier“auch etwas mit dem Klimawandel zu tun?
Eine Verbindung zur Erderwärmung können wir nicht bestätigen. Es gibt keinen Nachweis, dass solche Phänomene zugenommen hätten. Stürme wie „Xavier“gab es in den vergangenen 150 Jahren immer wieder. Erinnern können sich viele vermutlich noch an den Wintersturm „Kyrill“im Jahr 2007, der noch höhere Windgeschwindigkeiten mit sich brachte. Auch der Weihnachtssturm „Lothar“im Jahr 1999 war ein Schnellläufer, er hatte allerdings eine ganz ungewöhnliche Zugbahn und hatte alle überrascht.