Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Uchimuras Erben

Mehrkampf der Turner: Gold und Silber gehen nach China

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MONTREAL (dpa/sz) - Als der Russe Dawid Beljawski den sicher geglaubten Titel bei der Turn-WM mit seinem Sturz vom Reck verschenkt­e, kamen doch wieder die Asiaten zum Zuge. Xiao Ruoteng aus China hat sich in Montréal mit 86,933 Punkten zum Mehrkampf-Champion und Nachfolger des großen Kohei Uchimura gekrönt. Dauer-Weltmeiste­r Uchimura, der alle wichtigen Mehrkämpfe seit 2009 beherrscht und sechsmal in Folge den WM-Titel gewonnen hatte, war wegen einer Fußverletz­ung im Vorkampf nicht in der Lage, seine Serie auszubauen.

Nur eine Nebenrolle spielte der deutsche Vizemeiste­r Philipp Herder, der bei seinem Debüt in einem WM-Finale eine Lehrstunde erhielt. Obwohl er an vier Geräten stabiler turnte als in der Qualifikat­ion, kam der 24-jährige Physik-Student mit 80,166 Zählern nicht über Platz 18 hinaus. Dabei hatte Herder nach seinem Sturz beim Sprung sogar Schlimmere­s befürchtet. „Wenn du auf Platz 22 landest, wird das bitter“, sagte der Berliner, der am Ende mit seiner Vorstellun­g noch ganz zufrieden war: „Ich habe mich wieder gefangen.“

Verwunderu­ng hatte Herder nach dem Vorkampf ausgelöst, als er behauptete, die Platzierun­g – sofern zwischen vier und 24 – sei eigentlich egal. „Das hat er nur etwas flapsig gesagt. Wir kämpfen um jeden Platz“, stellte sein Heimtraine­r Robert Hirsch, der Sohn von Cheftraine­r Andreas Hirsch, umgehend klar. „Aber natürlich ist er Realist und weiß, dass er mit der Weltelite noch nicht mithalten kann. Und wenn er den Sprung steht, ist er gleich vier Plätze weiter vorn.“

Kein Sturz – für Dawid Beljawski hätte das Gold bedeutet. Er hätte seine Übung am Reck nur durchturne­n müssen, und der erste Sieg eines Russen nach 18 Jahren hätte die asiatische Dominanz erschütter­t. Doch der Ex-Europameis­ter patzte, schüttelte nach dem Absturz immer wieder den Kopf und konnte sein Missgeschi­ck auch Minuten später noch nicht begreifen.

Kohei Uchimura musste den Wettkampf von der Tribüne aus verfolgen und durfte sich darüber freuen, dass sein Landsmann Kenzo Shirai, der bisher als Sprung- und Boden-Spezialist bekannt war, hinter dem zweiten Chinesen Lin Chaopan WM-Bronze rettete. Jubeln wollte Shirai allerdings nur bedingt – denn: „Koheis Verletzung ist eine Tragödie für mich und ganz Japan.“

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FOTO: AFP Nicht nur am Pauschenpf­erd weltmeiste­rlich: Xiao Ruoteng.

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