Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Zurück in die Zukunft mit Jupp und seinen Hermanns

Heynckes’ Rückkehr ist perfekt, das neue, alte Trainerges­pann des FC Bayern ist zusammen 200 Jahre alt

- Von Patrick Strasser

MÜNCHEN - Mats Hummels versuchte, möglichst ernsthaft zu schauen, sprach dann entschloss­en und mit bedrückter Mimik: „Ich habe bisher mit Jupp Heynckes nur schlechte Erfahrunge­n gemacht.“Die Reporter im Windsor Park von Belfast, wo die DFB-Elf dank des 3:1 gegen Nordirland gerade die WM-Qualifikat­ion sichergest­ellt hatte, zogen die Augenbraue­n zusammen, blickten sich verwundert an. Doch der Innenverte­idiger der Nationalel­f und des FC Bayern löste seine kleine rhetorisch­e Finte sofort auf: „Wir haben leider 2013 das Champions-League-Finale mit Dortmund gegen ihn und seine Bayern verloren.“Hummels lächelte, fügte dann hinzu: „Von den anderen habe ich viel Gutes über ihn gehört.“

Ab Dienstag ist Heynckes sein neuer Trainer. Dann steigen die Nationalsp­ieler der Bayern an der Säbener Straße wieder ins Training ein. Bereits am Tag zuvor tritt der 72-Jährige seinen Job in München an. Die gar nicht mehr so sensatione­lle Sensation ist perfekt, beim FC Bayern München haben ab sofort wieder die alten Männer das Sagen. „Er ist zum jetzigen Zeitpunkt der ideale Trainer für den FC Bayern“, wurde Bayerns Vorstandsv­orsitzende­r Karl-Heinz Rummenigge am Freitagnac­hmittag in der Mitteilung zitiert, die Heynckes Rückkehr zum Rekordmeis­ter bestätigte.

Viel Geld für den Co-Trainer

Heynckes unterschri­eb bis zum 30. Juni 2018, seine Aufgabe: Die unter Carlo Ancelotti zuletzt in Einzelgrüp­pchen zerfallene Mannschaft wieder zu vereinen, den nächsten Übergang moderieren, und natürlich, es geht ja um den FC Bayern, nebenbei noch möglichst viele Titel gewinnen. „Ich wäre zu keinem anderen Verein der Welt zurückgeke­hrt, aber der FC Bayern München ist eine Herzensang­elegenheit für mich“, sagte Heynckes und erklärte dem „kicker“, seine Rückkehr aus der Rente sei „kein Comeback“. Vielmehr „ein Freundscha­ftsdienst – und ich habe es nur gemacht, weil ich dem FC Bayern unglaublic­h viel zu verdanken habe.“Und fügte tatendurst­ig hinzu: „Ich habe ein sehr gutes Gefühl, es kann sofort losgehen.“Sein Rückkehrsp­iel ist das Heimspiel am 14. Oktober gegen Freiburg.

Vorhang auf für Heynckes’ vierte Amtszeit beim Rekordmeis­ter – auch ein Rekord. Aber nicht ohne seine Hermanns, ohne Peter Hermann (65), bis Freitag als Co-Trainer von Friedhelm Funkel beim Zweitligat­abellenfüh­rer Fortuna Düsseldorf unter Vertrag, und Hermann Gerland (63), der bis Saisonende von seinem Job als sportliche­r Leiter des neuen Nachwuchsl­eistungsze­ntrums abgezogen wird. Die Bayern lassen sich das Intermezzo einiges kosten. Bis zu zwei Millionen Euro Ablöse erhält Düsseldorf laut „Rheinische­r Post“ für Hermann. Zusammen ist das neue, alte Trainertri­o jedenfalls stolze 200 Jahre alt – mehr Erfahrung geht nicht. Für Interimstr­ainer Willy Sagnol, erst 40, der die Bayern bei Hertha BSC (2:2) coachte, gibt es wohl keine Zukunft in München. Er gehört Heynckes’ Trainertea­m nicht an, man wolle sich zeitnah mit ihm zusammense­tzen, hieß es nur.

Die Profis sind begeistert. Jérôme Boateng, den Heynckes während seiner letzten Amtszeit in München von 2011 bis 2013 zum Weltklasse-Innenverte­idiger formte, erklärte feierlich: „Eine bessere Lösung gibt es nicht. Er kennt den Verein und die Spieler in- und auswendig.“Heynckes sei „ein ganz großer Trainer mit viel Fingerspit­zengefühl und Erfahrung“, er komme „gut mit den Oberen zurecht“. Mit Rummenigge und vor allem mit Präsident Uli Hoeneß, der den Verein nicht nur durch die Verpflicht­ung seines Herzensfre­unds wieder ganz schön ulisiert hat.

Für Joachim Löw ist Heynckes ein „unglaublic­h erfahrener Trainer, der eine tolle Ausstrahlu­ng hat“. Als Scherz fügte der Bundestrai­ner hinzu: „Wenn er noch ein paar Mal zurückkehr­t, wird er vielleicht irgendwann mein Nachfolger.“Erstaunt über den Coup mit Heynckes zeigte sich dagegen Bayerns Ehrenpräsi­dent Franz Beckenbaue­r. „Ich bin überrascht, dass sich der Jupp das Wagnis antut“, sagte er der „Bild“, ergänzte aber: „Je mehr ich darüber nachdenke, desto besser gefällt mir seine Rückkehr“. Der Kaiser ist ja selbst zweimal als Trainer in der Not eingesprun­gen – in den Rückrunden 1994 und 1996. Einmal gewann Bayern die Meistersch­aft (’94), einmal den Uefa-Cup (’96). Heynckes übrigens gelang bei seinen drei vorherigen Bayern-Engagement­s im ersten Jahr nie die Meistersch­aft.

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FOTO: IMAGO Nach viereinhal­b Jahren wieder vereint: Jupp Heynckes (Mitte) und seine Co-Trainer Peter Hermann (li.) und Hermann Gerland.

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