Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
„Da sind Freundschaften, und die muss man pflegen“
Eine fast 50-köpfige Delegation aus Leutkirch war zu Gast in den südfranzösischen Partnerstädten
LEUTKIRCH - Intensiv und vielseitig war das Programm, das eine fast 50köpfige offizielle Leutkircher Delegation jüngst in den französischen Partnerstädten erwartet hat. Vom festlichen Empfang durch die Stadtoberhäupter von Bédarieux, Lamalou les Bains und Hérépian über Geselligkeit bei Sauerkraut und Bier bis zu Kirchenkonzert, Kunst-Vernissage und Standkonzerten reichte der Bogen deutsch-französischer Begegnungen. Anlass der Reise war das traditionelle Wein- und Bierfest „Fête des vendanges et de la bière“in den drei Partnerstädten.
Angeführt von Oberbürgermeister Hans-Jörg Henle und seiner Ehefrau, Bürgermeisterin Christina Schnitzler und der Vorsitzenden des Partnerschaftsvereins, Susanne Joser-Schmidt, machten sich Vertreter des Gemeinderats, von Kunst- und Partnerschaftsverein und etwa 20 Mitglieder der Stadtkapelle Leutkirch auf den weiten Weg in den Süden. Die gut ausgefüllten Tage dort bewiesen einmal mehr: Diese Partnerschaft lebt. Gastfreundschaft und Herzlichkeit der Menschen in den Partnerstädten begeisterten die Besucher und überzeugten sie aufs Neue vom Wert dieser Begegnungen.
Auch politische Themen
Gleich der erste Abend, so berichtet Susanne Joser-Schmidt, war nicht nur festlich, sondern auch „sehr politisch“. Antoine Martinez, Bürgermeister von Bédarieux und Chef des Verbunds der drei Partnerstädte, habe beim offiziellen Empfang auf die Bedeutung guter deutsch-französischer Beziehungen hingewiesen. Diese seien der „Motor Europas“und angesichts der anti-deutschen Stimmung, die Marine Le Pen im französischen Präsidentschaftswahlkampf angeheizt hatte, von besonderem Gewicht. Ausdrücklich zollte Martinez der Flüchtlingspolitik von Bundeskanzlerin Angela Merkel Respekt: „Was für ein Mut!“, kommentierte er demnach die „humanitäre Aktion“, eine Million Flüchtlinge in Deutschland aufzunehmen.
„Wenn du willst, dass dein Garten blüht, musst Du ihn öffnen“, zitierte der Rathauschef von Bédarieux ein arabisches Sprichwort. Sein Leutkircher Kollege griff dieses Bild gerne auf: „Der Partnerschaftsverein hat diesen Garten geöffnet“, lobte OB Hans-Jörg Henle die seit 35 Jahren bestehenden Beziehungen. Er dankte dabei besonders dem Ehepaar Cariot und Susanne Joser auf deutscher Seite sowie Marcel Roques, ehemals Bürgermeister von Bédarieux und Lamalou, und Jean-Pierre Callas, dem Vorsitzenden des Partnerschaftsvereins auf französischer Seite. Auch Susanne Joser, die die ganzen Tage über als Dolmetscherin im Einsatz war, findet: „Es ist wichtig für den Partnerschaftsverein, Flagge zu zeigen und gerade jetzt die Bedeutung dieser Beziehungen zu betonen.“
Stabile Säulen
Beziehungen, die seit langem auf einer breiten Basis stehen. „Unsere Partnerschaft gründet auf dem starken Fundament zweier sehr engagierter Partnerschaftsvereine. Sie steht auch auf sehr stabilen Säulen: den Musikkapellen, Chören, Sportvereinen und dem Schüleraustausch“, hob Hans-Jörg Henle hervor. Dadurch gelinge es, auch junge Menschen für die Partnerschaft zu begeistern.
Beispiele dafür gab es gleich mehrere: Beim samstäglichen Markt in Hérépian unterhielt die Stadtkapelle Leutkirch die Besucher gut eineinhalb Stunden lang, später, im Gemeindesaal, spielte sie die beiden Nationalhymnen. Bürgermeister Jean-Louis Lafourie hatte seinen Kindergemeinderat mitgebracht und damit die Botschaft, den Partnerschaftsgedanken an die nächste Generation weiterzugeben.
OB Henle wird ausgezeichnet
Im Rahmen dieses Empfangs verlieh Lafourie die Ehrenmedaille der Stadt Hérépian an Hans-Jörg Henle, der sich von dieser Auszeichnung „sehr berührt“zeigte. Die von einem örtlichen Künstler gegossene Medaille sieht Henle „als Anerkennung für den Einsatz all jener Leutkircher, die sich seit Jahrzehnten in die Partnerschaft einbringen“. Das folgende Essen in kleiner Runde, zu dem Lafourie im Anschluss einlud, sollte dem noch besseren gegenseitigen Kennenlernen dienen. Interessante Einblicke brachte zudem der Besuch des Glockenmuseums in Hérépian, und die Coamels boten mit ihren Tänzen lokale Folklore dar.
Mit der Vernissage einer Kunstausstellung im Glockenmuseum folgte ein weiterer Höhepunkt. Erstmals waren mit Monika Stoffel und Michael Weinmann zwei Vertreter des Kunstvereins vor Ort. Mit dabei hatten sie rund 20 Bilder und Fotos, die nun bis Ende Oktober in Hérépian zu sehen sind. Der Kammerchor Cantabile wird sie nach seiner Konzertreise im Herbst wieder zurück nach Leutkirch bringen.
Sauerkraut, Bier, Schwarzwälder Kirschtorte und Dirndl – diese „Zutaten“dürfen nicht fehlen beim deutsch-französischen Abend. Veranstaltet hat ihn der dortige Partnerschaftsverein, das Bier wurde aus Leutkirch mitgebracht, der Wein stammte (natürlich) aus Frankreich. Stadtkapelle und die Musikkapelle Bédarieux spielten, und fast 300 (zahlende) Gäste genossen ein geselliges Beisammensein.
Musik verbindet
Ganz im Zeichen der Musik stand der Sonntag: In Lamalou les Bains gab die Stadtkapelle Leutkirch ein Standkonzert, ehe die örtliche Stadtverwaltung zum Aperitif einlud. Schönes Wetter, viele Zuhörer, es war „richtig super“, blickt Susanne Joser zurück. Und auch Henle zeigte sich beeindruckt vom „enormen Einsatz“der kleinen Abordnung der Stadtkapelle und der positiven Reaktion der französischen Zuhörer: „Die Menschen waren begeistert vom Konzert, und ich wurde von vielen Franzosen auf den tollen Auftritt angesprochen.“
Für einen weiteren musikalischen Höhepunkt sorgten am Abend dann Christian Segmehl und Ludwig Kibler. In der Kirche Saint Alexandre in Bédarieux gaben die beiden ProfiMusiker ein Konzert mit Saxofon und Orgel, das die vielen Besucher tief beeindruckte.
Der offizielle Teil des Programms war damit zu Ende, ein Teil der Delegation trat den Heimweg an. Für die übrigen gab es noch die Gelegenheit, ans Meer zu fahren oder einen Ausflug nach Béziers zu unternehmen.
Die Mitglieder des Partnerschaftsvereins wiederum trafen sich zur jährlichen gemeinsamen Sitzung, um Ideen für das kommende Jahr zu sammeln. Vereine, Sportler, Musikkapellen, Chöre, Schüleraustausch – es gibt viele Standbeine für eine erfolgreiche deutsch-französische Partnerschaft. Und viele Möglichkeiten für gemeinsame Aktivitäten. Vor allem aber, fasst Susanne Joser ihr Anliegen zusammen: „Da sind Freundschaften, und die muss man pflegen.“Der Besuch habe das einmal mehr gezeigt.