Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
In der Not das Beten gelernt
Claudia und Manfred Giselbrecht aus Röthenbach bauen eine Marienkapelle im Ortsteil Egg
RÖTHENBACH - Mancher Passant schaut im wahrsten Sinne des Wortes ungläubig. Doch es ist tatsächlich eine Kapelle, die da am Rand des Wanderweges von Egg nach Oberhäuser in der Gemeinde Röthenbach derzeit entsteht. Auf ihrem privaten Grundstück errichten sie Claudia und Manfred Giselbrecht – doch ganz bewusst nahe am Weg, denn nach der Fertigstellung soll die Kapelle für Jedermann offenstehen und zum Gebet einladen.
Zu Gott beten – Manfred Giselbrecht weiß, dass dies und ein öffentliches Bekenntnis zum Glauben heutzutage oft mit einem Lächeln oder gar mit Kritik beantwortet wird. Umso überraschter und erfreuter ist er von den bisherigen Reaktionen seit dem Baubeginn im August. Viele Helfer beim Bau haben sich bereits gefunden. Mancher Handwerker sei trotz vollem Terminkalender pünktlich erschienen („für eine Kapelle habe ich immer Zeit“) und auch über zahlreiche Sachspenden konnte sich das Ehepaar schon freuen.
Intensive Krankheitsschübe
Auch von der Gemeinde mit Bürgermeister Stephan Höß an der Spitze sehen sich die Giselbrechts unterstützt. So stimmte der Gemeinderat dem Bau zu, obgleich er mit einer Höhe von 5,40 Metern die baurechtlichen Vorgaben überschritt.
Doch wie kommt es überhaupt zu dem Bau? Er sei ein „Ausdruck von großer Dankbarkeit“, erzählt Manfred Giselbrecht. Er und seine Frau sind seit 35 Jahren ein Paar. Als Claudia Giselbrecht 20 Jahre alt war, erhielt sie die Diagnose, an Multipler Sklerose erkrankt zu sein. Sie erlebte zahlreiche intensive Krankheitsschübe, musste starke Medikamente einnehmen und saß dennoch nach wenigen Jahren im Rollstuhl. „Uns gegenüber stand ein sehr netter, hilfsbereiter und doch ratloser Hausarzt“, blickt Manfred Giselbrecht zurück. Und: „In dieser Not lernten wir das Beten.“Das Paar bat Gott um Heilung. Und tatsächlich: „Nach langer Zeit kam in die völlig leblosen Beine langsam das Leben wieder.“Mühsam erlernte Claudia Giselbrecht das Laufen wieder. Und nach Jahren erfüllte sich sogar noch der laut Ärzten unmögliche Kinderwunsch. Schon seit 30 Jahren kann Claudia Giselbrecht nun schon auf den Rollstuhl verzichten.
Das Ehepaar ist von einem Wirken Gottes überzeugt – und möchte dies mit dem Kapellenbau bezeugen und weitergeben. „Wir wollen anderen verzweifelten und kranken Menschen Mut machen und sie zum Gebet ermuntern“, sagt Manfred Giselbrecht.
Im Winter ruht der Bau
Bis zum ersten Gebet in der Kapelle dauert es noch einige Zeit. Der Rohbau steht zwar bereits, und vor dem Winter soll das Dach gedeckt sein. Dann aber werde der Bau ruhen, kündigen die Giselbrechts an. Viele Gedanken machen sie sich noch um die Fenster. „Sie sollten schon bleiverglast sein“, sagt Manfred Giselbrecht. Das freilich ist teuer: „Aber vielleicht finden sich ältere Kirchenfenster, die wir verwenden können.“So, wie die Kapelle ihre Glocke bekommen hat.
Die hatte Josef Felder aus Simmerberg schon vor 30 Jahren anfertigen lassen, sie aber nie in einem Gotteshaus gehört. Zuletzt hatte sie Dekan Thomas Renftle in Verwahrung. Und der übergab sie jetzt in Felders Namen an die Giselbrechts.
Als Wunschtermin für die Fertigstellung haben Claudia und Manfred Giselbrecht den 15. August 2018 – Mariä Himmelfahrt – im Auge. Denn: Es soll eine Marienkapelle werden. So soll es im Inneren neben einem Stein mit Kreuz auch eine Marien-Statue geben.