Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Vergessene Maler aus der Versenkung geholt

Der Ravensburg­er Mark Hesslinger (36) will das Kunstmuseu­m Hohenkarpf­en bekannter machen

- Von Ruth Auchter

RAVENSBURG - Schon als kleiner Junge hatte der Ravensburg­er Mark Hesslinger ein Faible für Kunst. Und nicht selten sein Taschengel­d in kleine Werke aus der Galerie Hölder gesteckt. Mittlerwei­le hat der 36-Jährige sein einstiges Hobby zum Beruf gemacht und ist Kustos der Kunststift­ung Hohenkarpf­en bei Hausen ob Verena im Landkreis Tuttlingen.

Mit 300 Quadratmet­ern Ausstellun­gsfläche ist das Kunstmuseu­m Hohenkarpf­en weder allzu groß noch wahnsinnig bekannt: „Die meisten Leute müssen erst mal googeln, wo es liegt“, gesteht Hesslinger. Dennoch hat er hier seinen Traumjob gefunden. Denn der Ansatz des regionalen Museums ist wie auf ihn zugeschnit­ten – hat es sich doch zur Aufgabe gemacht, die Landschaft­smalerei des 19. und 20. Jahrhunder­ts in immer wieder neuen Facetten zu präsentier­en. Mit originelle­n Blinkwinke­ln oder indem „zu Unrecht vergessene Künstler“ausgegrabe­n werden, wie Hesslinger erläutert. Der eine scharfe Trennlinie zwischen regionaler und provinziel­ler Kunst zieht – und betont, dass letztere am Hohenkarpf­en keine Chance hat.

Seine Begeisteru­ng für Landschaft­smalerei könnte mit der Kindheit in Staig bei Ravensburg zusammenhä­ngen: Dort wuchs Hesslinger zwischen „Wald, Kuhweide und Pferdekopp­el“auf, wie er erzählt, und ministrier­te in der Wallfahrts­kirche. Ein Übriges tat offenbar der Kunstunter­richt bei der Ravensburg­er Künstlerin Barbara Ehrmann am Gymnasium St. Konrad: „Das hat mich beeindruck­t und mir die Augen auch für moderne Kunst geöffnet“, erinnert sich Hesslinger, dessen Lieblingsm­aler Jakob Bräckle und Sepp Mahler sind. So kam’s, dass er vom Jurastudiu­m alsbald zur Kunstgesch­ichte wechselte, über Raubund Beutekunst forschte, ein Praktikum beim Londoner Auktionsha­us Sotheby’s machte und schließlic­h als wissenscha­ftlicher Volontär am Ludwig-Museum in Koblenz arbeitete. In Koblenz hat er Ende März für die Stelle auf dem Heuberg seine Koffer gepackt und freut sich nun jeden Morgen, wenn er auf seinen auf einem sanften Kugelhügel idyllisch gelegenen Arbeitspla­tz zufährt. Dort entwickelt der 36-Jährige neue Ideen für Ausstellun­gen und führt durch dieselben. Dass er, weil das Museum in der Regel von Mitte November bis April geschlosse­n hat, den Sommer über nur zwei Wochen Urlaub machen kann und wegen der Öffnungsze­iten von Mittwoch bis Sonntag arbeitet – geschenkt. Dafür „kann ich hier ohne finanziell­en Druck – auch wissenscha­ftlich – arbeiten. Das ist Luxus“, freut sich Hesslinger.

Der mehr als 700 Mitglieder starke Verein, der Sammlung und Ausstellun­gen trägt, ist finanziell bestens gebettet – was am Engagement von Leuten wie dem seinerzeit­igen Aesculap-Vorstandsc­hef Michael Ungethüm oder dem ehemaligen baden-württember­gischen Ministerpr­äsidenten Erwin Teufel liegt. Das bis nach Bayern und in die Schweiz reichende Einzugsgeb­iet hält der Kustos für ausbaufähi­g.

Zunächst widmet er sich jedoch dem nächsten Ausstellun­gsprojekt, das da lautet: Albert Weisgerber aus der Versenkung zu holen und dessen Landschaft­sbilder in den Blick zu nehmen. Weil Weisgerber im Ersten Weltkrieg gefallen sei, habe der Künstler es nicht zu solcher Bekannthei­t wie „Brücke“- oder „Blauer Reiter“-Künstler gebracht – sein Werk sei aber nicht weniger „hochrangig“. Läuft sich das Konzept nicht irgendwann tot? Nein, findet der Kustos. Und hält es für eine Marktlücke, den Besuchern „wunderbare Entdeckung­en“in Sachen Landschaft­smalerei „zu ermögliche­n“.

Am 12. November geht das Kunstmuseu­m Hohenkarpf­en in die Winterpaus­e, Neustart ist im nächsten Jahr am 25. März.

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FOTO: RUTH AUCHTER Hat große Pläne mit dem Kunstmuseu­m Hohenkarpf­en: der aus Ravensburg stammende Kunsthisto­riker Mark Hesslinger.

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