Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Die Tragödie geht vor Gericht weiter
Sechs Jugendliche erstickten in der Gartenlaube – Familienvater muss sich verantworten
WÜRZBURG (dpa) - Es ist ruhig im großen Saal des Landgerichts Würzburg während der Verteidiger des Angeklagten dessen persönliche Erklärung verliest. Nur das Weinen und Schluchzen des 52-Jährigen durchbricht die Stille. Der Vater hat seine zwei ältesten Kinder verloren – weil er einen Stromgenerator in seiner Gartenlaube falsch aufgestellt hatte. Seine Tochter, sein Sohn und vier weitere junge Leute im Alter von 18 und 19 Jahren starben deshalb im Januar an einer Kohlenmonoxidvergiftung. Am ersten Prozesstag hat der Unterfranke die volle Verantwortung dafür übernommen. „Ich kann es mir nicht erklären. Ich will aber keine Schuld von mir weisen“, las Strafverteidiger Hubertus Krause am Mittwoch vor.
Der Vater steht wegen sechsfacher fahrlässiger Tötung vor Gericht. Der im Technikraum des Häuschens aufgestellte Stromgenerator war nicht für Innenräume geeignet. Der Anklageschrift zufolge soll der 52-Jährige zudem eine wackelige Abgasableitung gebastelt haben, die im Laufe des Abends zusammengebrochen war. „Bei der Aufstellung des Generators missachtete der Angeklagte aus nicht nachvollziehbarer Nachlässigkeit Warnhinweise“, heißt es in der Anklageschrift.
Erst 2013 hatte der Familienvater das Grundstück mit dem Gartenhaus darauf gekauft. Das fast 50 Quadratmeter große Häuschen mit seinen sechs Räumen hatte er seitdem umfassend renoviert und modernisiert.
Vor Gericht beschrieb der Kraftfahrer so ausführlich wie möglich den Tag und die Vorbereitungen für den 18. Geburtstag seiner ältesten Tochter zu beschreiben. Zuvor hatte er extra Feuerwerk gekauft und eine Genehmigung für das Abbrennen besorgt. An dem Tag war es sehr kalt. Damit es die jungen Leute bei der Feier im Garten warm haben, fuhr er dreimal zum Grundstück. Er heizte den Holzofen an, brachte später die Geburtstagstorte und das Essen. Am Abend habe er seiner Tochter und den fünf Jungs zum Abschied viel Spaß gewünscht und gesagt, dass sie es nicht übertreiben sollen.
Verzweiflung ist spürbar
Das tödliche Gas, das nicht gerochen und geschmeckt werden kann, hatte sich schnell in der Hütte ausgebreitet. Der Anklageschrift zufolge starben die sechs Teenager vermutlich schon ein bis zwei Stunden nachdem ihre Party gegen 21 Uhr begonnen hatte. Die Verzweiflung des Mannes ist deutlich spürbar. „Was im Januar passiert ist, ist die schlimmste Katastrophe meines Lebens.“Er selbst fand die Jugendlichen am Morgen. Der persönlichen Erklärung zufolge mussten er und seine Frau schon einmal ein eigenes Kind zu Grabe tragen.
Die Verteidiger könnten auf Paragraf 60 des Strafgesetzbuches plädieren. Demzufolge kann ein Gericht von einer Strafe absehen, wenn die Folgen der Tat für den Täter bereits so schwer sind, dass die Verhängung einer Strafe verfehlt wäre.
Gerichtssprecher Michael Schaller gab allerdings zu bedenken, dass nicht nur die Kinder des Angeklagten, sondern auch vier weitere Jugendliche in der Gartenlaube starben. Zwei Familien sitzen als Nebenkläger im Gerichtssaal.