Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Nur nicht aufgeben
„Maudie“ist ein optimistischer Film über eine außergewöhnliche Frau
Eine Künstlerin kommt aus sehr einfachen Verhältnissen, ist körperlich eingeschränkt und feiert dann unerwarteten Erfolg, das Fernsehen kommt und sogar der amerikanische Vizepräsident bestellt eines ihrer Bilder – man kann sich vorstellen, was Hollywood aus so einer Geschichte gemacht hätte. Aber die irische Regisseurin Aisling Walsh wählt einen anderen Weg: Ihr Künstlerporträt kommt so daher wie die Hauptfigur – zurückhaltend, aber nicht ohne Optimismus.
Getragen wird der Film von Sally Hawkins. Sie spielt Maud Newis mit einer solchen gebeugten körperlichen Zerbrechlichkeit, dass man ihr sofort zu Hilfe eilen möchte, wären da nicht der Schalk und der unbeugsame Lebenswille, die aus ihren Augen blitzen. Wegen einer rheumatoiden Arthritis, ist sie an Armen und Beinen behindert. Sie wächst in einer kleinen Gemeinde in der kanadischen Provinz Neuschottland unter dem strengen Regime ihrer Tante Ida (Gabrielle Rose) auf.
Ein hartes Leben
Da eröffnet sich die Aussicht auf ein eigenständigeres Leben – wenn auch ein nicht sonderlich attraktives. Denn der Fischer und Gelegenheitsarbeiter Everett (Ethan Hawke) sucht per Aushang im örtlichen Gemischtwarenladen eine Haushaltshilfe. Everett ist als Waise aufgewachsen, ein sturer Eigenbrötler und grunzt meist lieber als große Worte zu machen. Sein kleines Haus liegt abgelegen und verfügt über keinen Strom. Doch obwohl Maud sich mit der körperlichen Arbeit schwertut, bietet sie sich hartnäckig Everett als Hilfe an, die sein heruntergekommenes Heim bewohnbarer machen kann. Nicht zuletzt mangels Alternativen willigt der ein, stellt aber schnell klar: „Erst komme ich, dann die Hunde, dann die Hühner, dann Du!“. Zu Beginn schlägt er Maudie sogar einmal.
Eine wundersame Verwandlung in einen Traummann ist dann auch nicht zu erwarten. Dennoch gelingt es Hawke, mit kleinen Nuancen im grobschlächtigen Gehabe erkennen zu lassen, wie Respekt und Zuneigung für Maud bei ihm langsam zunehmen – Rückschläge jederzeit möglich. Auf Initiative Mauds heiraten die beiden, die sich von Beginn an das einzige Bett im Hause teilen müssen.
In ihrer freien Zeit beginnt sie, fast jede freie Fläche des Hauses zu bemalen. Als die New Yorkerin Sandra (Kari Matchett), die in der Gegend ein Ferienhaus hat, auf die Zeichnungen der bescheidenen Malerin stößt, kauft sie diese und gibt weitere in Auftrag – bis schließlich selbst der besagte Vizepräsident, ein gewisser Richard Nixon, ein Bild bestellt und Maud zur Hauptverdienerin im Haushalt aufsteigt...
Die bis heute in ihrer Heimat sehr beliebte Maud Lewis – ihr winziges Original-Haus steht in einem Museum, an seinem ursprünglichen Standort ein Denkmal – war eine Volkskünstlerin im besten Sinne. Ihre Zeichnungen sind von einer teils kindlichen Schlichtheit, stellen aber besonders durch ihre Farbwahl die Schönheit ihrer Umgebung heraus. Es war dieser Optimismus, der viele Menschen ansprach – und das gleiche gilt auch für Hawkins Darstellung der 1970 verstorbenen außergewöhnlichen Frau.
Maudie. Regie: Aisling Walsh. Mit Ethan Hawke, Sally Hawkins, Kari Matchett. Irland/Kanada 2016. 115 Minuten. FSK ab 14.