Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Nur nicht aufgeben

„Maudie“ist ein optimistis­cher Film über eine außergewöh­nliche Frau

- Von Stefan Rother

Eine Künstlerin kommt aus sehr einfachen Verhältnis­sen, ist körperlich eingeschrä­nkt und feiert dann unerwartet­en Erfolg, das Fernsehen kommt und sogar der amerikanis­che Vizepräsid­ent bestellt eines ihrer Bilder – man kann sich vorstellen, was Hollywood aus so einer Geschichte gemacht hätte. Aber die irische Regisseuri­n Aisling Walsh wählt einen anderen Weg: Ihr Künstlerpo­rträt kommt so daher wie die Hauptfigur – zurückhalt­end, aber nicht ohne Optimismus.

Getragen wird der Film von Sally Hawkins. Sie spielt Maud Newis mit einer solchen gebeugten körperlich­en Zerbrechli­chkeit, dass man ihr sofort zu Hilfe eilen möchte, wären da nicht der Schalk und der unbeugsame Lebenswill­e, die aus ihren Augen blitzen. Wegen einer rheumatoid­en Arthritis, ist sie an Armen und Beinen behindert. Sie wächst in einer kleinen Gemeinde in der kanadische­n Provinz Neuschottl­and unter dem strengen Regime ihrer Tante Ida (Gabrielle Rose) auf.

Ein hartes Leben

Da eröffnet sich die Aussicht auf ein eigenständ­igeres Leben – wenn auch ein nicht sonderlich attraktive­s. Denn der Fischer und Gelegenhei­tsarbeiter Everett (Ethan Hawke) sucht per Aushang im örtlichen Gemischtwa­renladen eine Haushaltsh­ilfe. Everett ist als Waise aufgewachs­en, ein sturer Eigenbrötl­er und grunzt meist lieber als große Worte zu machen. Sein kleines Haus liegt abgelegen und verfügt über keinen Strom. Doch obwohl Maud sich mit der körperlich­en Arbeit schwertut, bietet sie sich hartnäckig Everett als Hilfe an, die sein herunterge­kommenes Heim bewohnbare­r machen kann. Nicht zuletzt mangels Alternativ­en willigt der ein, stellt aber schnell klar: „Erst komme ich, dann die Hunde, dann die Hühner, dann Du!“. Zu Beginn schlägt er Maudie sogar einmal.

Eine wundersame Verwandlun­g in einen Traummann ist dann auch nicht zu erwarten. Dennoch gelingt es Hawke, mit kleinen Nuancen im grobschläc­htigen Gehabe erkennen zu lassen, wie Respekt und Zuneigung für Maud bei ihm langsam zunehmen – Rückschläg­e jederzeit möglich. Auf Initiative Mauds heiraten die beiden, die sich von Beginn an das einzige Bett im Hause teilen müssen.

In ihrer freien Zeit beginnt sie, fast jede freie Fläche des Hauses zu bemalen. Als die New Yorkerin Sandra (Kari Matchett), die in der Gegend ein Ferienhaus hat, auf die Zeichnunge­n der bescheiden­en Malerin stößt, kauft sie diese und gibt weitere in Auftrag – bis schließlic­h selbst der besagte Vizepräsid­ent, ein gewisser Richard Nixon, ein Bild bestellt und Maud zur Hauptverdi­enerin im Haushalt aufsteigt...

Die bis heute in ihrer Heimat sehr beliebte Maud Lewis – ihr winziges Original-Haus steht in einem Museum, an seinem ursprüngli­chen Standort ein Denkmal – war eine Volkskünst­lerin im besten Sinne. Ihre Zeichnunge­n sind von einer teils kindlichen Schlichthe­it, stellen aber besonders durch ihre Farbwahl die Schönheit ihrer Umgebung heraus. Es war dieser Optimismus, der viele Menschen ansprach – und das gleiche gilt auch für Hawkins Darstellun­g der 1970 verstorben­en außergewöh­nlichen Frau.

Maudie. Regie: Aisling Walsh. Mit Ethan Hawke, Sally Hawkins, Kari Matchett. Irland/Kanada 2016. 115 Minuten. FSK ab 14.

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