Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Fahrrad, Blumen, Kino und das Café

Zum Tod von Alois Hiemer, der die Geschichte­n vieler Isnyer kannte

- Von Jeanette Löschberge­r

ISNY - Meist war er mit einem Fahrrad unterwegs, und oft war es am Lenker und auf dem Gepäckträg­er mit Blumen und allerlei Naturfunde­n bepackt. Dann führte der Weg Alois Hiemer auf den Friedhof, wo er einige Gräber betreute und mit seinen farbenfroh­en und kreativen Gestecken dekorierte. Für Beerdigung­en und für Feiertage machte er Kränze. Zu vielen Verstorben­en konnte er den Friedhofsb­esuchern Geschichte­n erzählen, denn er hat fast ein Jahrhunder­t im Allgäu und in Isny gelebt. An dieser Stelle soll an einen kleinen Teil seiner Geschichte erinnert werden, denn Alois Hiemer ist tot.

Sein Elternhaus, wo er auch aufgewachs­en ist, war ein Bauernhof am Fuße des Fluckenlif­ts in Maierhöfen. Dort wurde er im Jahre 1923 geboren. Er hatte zwei Schwestern und einen Bruder. Gärtner oder Florist wäre er, nachdem er aus dem Krieg zurück gekommen war, gerne geworden. Aber, so erzählt Gärtnermei­ster Peter Gutmair, der ihn oft auf dem Friedhof getroffen hat „das war damals wohl kein Beruf für einen Mann“.

Den Hof hat sein älterer Bruder übernommen, dessen Sohn wiederum Leo Hiemer ist, der bekannte Westallgäu­er Regisseur, Schöpfer eines Klassikers der deutschen Filmgeschi­chte: „Daheim sterben d’ Leut“. Der Neffe erzählt: „Der Onkel Luis war sehr umgänglich und immer gerne unter Menschen, aber ich glaube ein eingefleis­chter Junggesell­e.“Viele Isnyer kennen ihn von der Kinokasse, an der Alois Hiemer über 30 Jahre gearbeitet hat. „Das war sehr spannend, einen Onkel zu haben, der im Kino arbeitet“, erinnert sich der Regisseur. Später habe er die Muster seiner Filme im Ringtheate­r angeschaut, und Onkel Luis sei natürlich immer dabei gewesen.

Und in Leo Hiemers Film „So schön war die Zeit“hatte der Verwandte aus Isny sogar eine Nebenrolle. In einer weiteren Isnyer Institutio­n, dem Café Schatten, war Alois Hiemer die gute Seele. Viele Jahre hat er dort in allen möglichen Funktionen bei Bäckermeis­ter Feuerle gearbeitet – ob am Buffett, bei der Eisherstel­lung hinter der Verkaufsth­eke oder als Hausmeiste­r. Familie Feuerle findet nur lobende Worte für den stets hilfsberei­ten Mann. „Er war vorbildlic­h, einen besseren Mitarbeite­r konnte man sich gar nicht wünschen. Sogar als er schon in Rente war, konnten wir immer auf ihn zählen.“

Und Hiemer sei ein Teil der Familie gewesen, die Kinder nannten ihn „Onkel Luis“. „Er war einfach immer da“, denkt Ingrid Feuerle zurück. Zuletzt wohnte er im Haus St. Leonhard in Isny, beigesetzt wurde Alois Hiemer in einem Urnengrab auf dem Isnyer Friedhof.

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FOTO: PRIVAT/REPRO: JEANETTE LÖSCHBERGE­R Alois Hiemer war oft mit seinem Fahrrad unterwegs, um die Schätze der Natur zu Gestecken und Kränzen für den Friedhof zu verarbeite­n.

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