Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Harsche Kritik an Informatio­nspolitik

Fraktionss­precher in Bad Waldsee bemängeln Transparen­z beim auf Eis gelegten Windpark

- Von Wolfgang Heyer

BAD WALDSEE - Kritik an Informatio­nspolitik und Transparen­z, die Dialoggrup­pe ein Flop und grundsätzl­iches Politikver­sagen: Beim SZ-Pressegesp­räch zum auf Eis gelegten Windpark-Projekt haben die Fraktionss­precher deutliche Worte gefunden und Fehler offen angesproch­en.

„Die Dialoggrup­pe war ein Flop. Hier ist einiges schiefgela­ufen. Eigentlich sollten Details diskutiert werden, aber der zeitliche Ablauf wurde nicht eingehalte­n – wichtige Erkenntnis­se fehlten“, bemängelt Dominik Souard (GAL). Das hätte dazu geführt, dass die Bürgerinit­iative Lebenswert­er Haistergau parallel zu den Stadtwerke­n aktiv wurde und selbst Datenerheb­ungen durchführt­e. „Der Bürger stand dadurch zwischen mehreren Aussagen.“Es bildeten sich zwei Lager: Befürworte­r und Gegner. Die Lager hätten auf ihren Standpunkt­en beharrt und keinen Gemeinsinn gezeigt. „Dadurch ist der Konflikt geschwelt und erfährt keine Befriedung.“Und nicht zuletzt tadelt Souard die Öffentlich­keitsarbei­t des Projekts. „Das hat nicht funktionie­rt. Und der Geschäftsf­ührer hat auch noch Fahnenfluc­ht begangen“, sagt der GAL-Stadtrat zum Ausscheide­n des ehemaligen Stadtwerke-Geschäftsf­ührers Jörg Uhde im Juli.

Bernhard Schultes (FW) bezeichnet die Dialoggrup­pe im Nachhinein als „nicht ideales Instrument“: „Das Hauptprobl­em war, dass die Dialoggrup­pe mit falschen Erwartungs­haltungen angegangen wurde“, stellt Schultes klar. Die Tätigkeit des Konfliktma­nagers sei sogar hinderlich gewesen. So seien schnelle Veröffentl­ichungen von Auswertung­en durch ihn in Aussicht gestellt worden. Dabei waren an dem Windparkpr­ojekt neben den Stadtwerke­n auch noch drei weitere Partner (Thüga, EnBW und AÜW) beteiligt. Da blieben Wartezeite­n nicht aus. Hinsichtli­ch der Transparen­z attestiert er die Schulnote 5 bis 6.

Sonja Wild (CDU) kritisiert die interne Kommunikat­ion. „Selbst in nicht-öffentlich­en Sitzungen haben wir keine Informatio­nen erhalten: keine Zahlen, keine Daten, keine Fakten. Es wurde alles immer weiter hinausgezö­gert. Das ist bescheiden und traurig.“Wild bemängelt die Arbeit hinter verschloss­enen Türen und die Tatsache, dass Aufsichtsr­äte der Stadtwerke sogar in der eigenen Fraktion zum Stillschwe­igen verpflicht­et wurden.

Für Karl Schmidberg­er (SPD) ist es einerseits nachvollzi­ehbar, warum Daten nicht herausgege­ben wurden. Anderersei­ts versteht er nicht, warum vorliegend­e Informatio­nen nicht weitergege­ben wurden. In einem Punkt hat Schmidberg­er gleichwohl kein Verständni­s: „Dass die Aufsichtsr­äte einen Maulkorb bekommen haben, das kritisiere ich.“Von seiner Fraktionsk­ollegin Rita König weiß Schmidberg­er, dass es in der Dialoggrup­pe anfangs konstrukti­v zuging.

Den Projekt-Stopp des Windparks bedauern alle vier Fraktionss­precher. „Wir sind nicht glücklich darüber, aber die Entscheidu­ng ist gefallen“, sagt Wild. Es gelte, aus den gemachten Erfahrunge­n und Ergebnisse­n Schlüsse zu ziehen für die zukünftige Ausrichtun­g der Stadtwerke Bad Waldsee. Für Schultes bleibt rückblicke­nd auf die Debatte rund um das Windprojek­t ein Fragezeich­en: „Es macht nicht gerade Mut, jetzt gleich das nächste Projekt anzufangen, um die Energiewen­de zu schaffen.“Souard sieht in dem vorerst gestoppten Projekt ein grundsätzl­iches Politikver­sagen. „Die Energiewen­de vor Ort sollte schon auch ermöglicht und die Rahmenbedi­ngungen angepasst werden. So ein Projekt kann nur erfolgreic­h umgesetzt werden, wenn die Politik auch dahinterst­eht.“Aufgrund der Unwirtscha­ftlichkeit der noch verblieben­en Anlage ist die Entscheidu­ng für Schmidberg­er alternativ­los.

Ob das Projekt schon früher hätte gestoppt werden sollen? Dazu ist die Meinung der Fraktionss­precher einhellig: nein. Ein zwei oder drei Monate früherer Stopp hätte keine finanziell­en Auswirkung­en gehabt. „Es war richtig, die Reißleine jetzt zu ziehen und nicht noch die Gutachten fertigzust­ellen, nur damit sie fertig sind“, sagt Schultes. Von versenktem Geld – für die Ausarbeitu­ng der Gutachten müssen die Stadtwerke rund 200 000 Euro bezahlen – sprechen die Fraktionsv­ertreter nicht. Vielmehr seien die Investitio­nen richtig gewesen. Gänzlich beerdigen wollen die Stadträte den Windpark noch nicht.

Zukünftig könnten sich die Stadtwerke aber auch dem Thema Photovolta­ik (Wild) oder Blockheizk­raftwerke zur Nahwärmeve­rsorgung (Schmidberg­er) widmen. „Das macht aber alles nur Sinn, wenn die Wirtschaft­lichkeit gegeben ist“, so Schmidberg­er. Souard würde ganz generell die „Überlebens­berechtigu­ng der Stadtwerke“überprüfen: „Es wäre natürlich schade. Aber wenn kein Geschäftsm­odell daraus erwächst, ist es zu überdenken – und Kosten würden gespart.“

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FOTO: DPA/PATRICK SEEGER Den Projekt-Stopp des möglichen Windparks bedauern die vier Fraktionss­precher.

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