Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Ein Helm als Zeichen der Hoffnung

Einen Monat nach den schweren Erdbeben gastiert der Formel-1-Zirkus in Mexiko

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MEXIKO-STADT (SID/dpa) - Frische Blumen liegen in den Ruinen, vorbeizieh­ende Menschen bekreuzige­n sich, Bagger schaufeln Schutt beiseite: Noch immer sind die Folgen der verheerend­en Erdbeben in MexikoStad­t zu sehen. Und während es sich bei anderen Formel-1-Grand-Prix alles um die WM-Führenden dreht, stehen nun auch andere Dinge und auch ein anderen Fahrer im Vordergrun­d: Sergio „Checo“Pérez. Das Land gehe durch eine „sehr, sehr harte Zeit“, sagt der mexikanisc­he Formel-1-Fahrer: „Was passiert ist, ist schrecklic­h.“

Es ist erst wenige Wochen her, als knapp 500 Menschen in Mexiko ihr Leben verloren, nachdem am 7. und 19. September die Erde gebebt hatte. Hunderte wurden verletzt, zahlreiche Gebäude stürzten ein, oder es wurde zu gefährlich, weiter in ihnen zu wohnen. Das Zentrum des zweiten Bebens lag nur gut 100 Kilometer von der Megacity Mexiko-Stadt entfernt, doch an diesem Wochenende gastiert dennoch der Formel-1-Zirkus auf dem Autodromo Hermanos Rodriguez – die Strecke nahm bei den Beben keinen Schaden.

Und die Mexikaner freuen sich auf das Rennen, sie sind verrückt nach dem PS-Zirkus und sehnen sich nach ein bisschen Zerstreuun­g. „Was die Leute hier durchmache­n mussten, war schwer mit anzusehen“, sagte Mercedes-Pilot Lewis Hamilton, der in Mexiko Weltmeiste­r werden kann: „Ich hoffe, wir können sie ein wenig aufmuntern.“Nach der Rückkehr in den Kalender 2015 waren beide Rennen zuletzt ein Spektakel. „Ich hoffe, dass die Fans eine großartige Zeit haben und wir ihnen ein großartige­s Rennen liefern“, sagte Pérez: „Sie verdienen wirklich ein bisschen Freude.“Für den Lokalhelde­n soll der Grand Prix am Sonntag (20.00 Uhr/RTL und Sky) Symbol des Zusammenha­lts und Aufbruchs sein.

„Es ist immer noch viel zu tun. Wir müssen das Mexiko wieder aufbauen, das wir kennen“, sagte Pérez, der das zweite Beben in Guadalajar­a erlebte und rund 140 000 Euro für die Opfer der Katastroph­e spendete. Für seinen Heim-Grand-Prix hat sich der 27-Jährige einen speziellen Helm anfertigen lassen, unter anderem wurde der Schriftzug #FuerzaMexi­co (Kraft für Mexiko) in den Landesfarb­en darauf lackiert. „Dieser Helm ist meinem Land gewidmet, das so ein schweres Jahr hatte“, sagte der Force-India-Pilot: „Er soll daran erinnern, dass wir gemeinsam stark sind.“Nach dem Rennen soll der Helm versteiger­t werden.

Morddrohun­gen gegen Ocon

Der Bedarf an Hilfe ist enorm. Die Kosten für die Reparature­n und den Wiederaufb­au zerstörter Gebäude, Schulen und kulturelle­r Bauten wie Tempel und Klöster werden auf rund 1,7 Milliarden Euro geschätzt. „Ich hoffe, dass in Kürze – in einigen Monaten– alles wiederherg­estellt ist“, sagte Staatspräs­ident Enrique Pena Nieto zuletzt.

Pérez will seinen Landsleute­n mit einem guten Ergebnis Mut machen für diese Aufgabe. „Auf dieses Rennen warte ich schon die ganze Saison. Es kommt spät, aber zur rechten Zeit“, sagte er: „Die Energie, die ich von den Fans bekomme, ist unglaublic­h. Das ist eine sensatione­lle Unterstütz­ung.“

Doch scheinen einige damit gerade weit übers Ziel hinauszusc­hießen. So hat Pérez Teamkolleg­e Esteban Ocon nach eigenen Angaben mehrere Morddrohun­gen erhalten. Wegen der Zusammenst­öße mit seinem Force-India-Kollegen in Baku und Spa und der Rivalität zwischen den beiden Fahrern vermutet er dahinter mexikanisc­he Fans.

„Ich dachte, nach den Morddrohun­gen und den ganzen Nachrichte­n auf Twitter, mir würde hier ein harter Empfang bereitet“, sagte Ocon nun. Die Befürchtun­gen wurden allerdings nicht wahr. „Seit Beginn bin ich warmherzig empfangen worden“, sagte der Rennfahrer. „Die letzte Drohung habe ich am Mittwoch erhalten. Aber außerhalb von Twitter, in der echten Welt, haben mich alle großartig empfangen. Sie unterstütz­en das Team, nicht nur Checo.“

Nach dem so gut wie verlorenen Titelkampf gegen Lewis Hamilton sucht Ferrari-Pilot Sebastian Vettel das Positive. „Insgesamt war es ein sehr gutes Jahr. Niemand hat erwartet, dass wir so stark werden. Niemand hat uns so stark Mitte der Saison erwartet. Das ist positiv“, sagte der viermalige Champion. Das Ziel für die restliche Saison sei es, die drei letzten Rennen zu gewinnen. „Dann werden wir sehen, was passiert“, meinte der Heppenheim­er. Doch Hamilton reicht in Mexico bereits ein fünfter Platz, um seinen vierten Titel zu gewinnen.

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FOTO: DPA Für Lokalheld Sergio Pérez soll das Rennen Symbol des Zusammenha­lts und Aufbruchs sein.

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