Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
„Enzianer“erzählen, wo ihr Herz schlägt
Drei „Enzianer“erzählen, wo ihr Herz schlägt: im Burggraben der Alt-Trauchburg
Wanderverein hat „inneres Zentrum“im Burggraben der Alt-Trauchburg.
BOLSTERNANG/KLEINWEILER - Kapellen sind nicht nur Symbole der im Volk tief verwurzelten Frömmigkeit. Sie sind auch Orte des gelebten Glaubens: Die Kapelle im Dorf ist die Kirche vor Ort. Mittags oder abends läutet das Glöcklein und ruft zum Gebet, bei einem Sterbefall versammelt sich die Dorfgemeinschaft zum Abschied beim Rosenkranzgebet.
Vielerorts wird in der Kapelle zumindest eine Maiandacht mit Lesungen und Liedern organisiert, und zum jährlichen Kapellenfest, dem Patrozinium, das dem Heiligen gedenkt, dem das kleine Gotteshaus gewidmet ist, wird ein Pfarrer zur Messfeier eingeladen. Mancherorts wird am liebsten in der „eigenen“Dorfkapelle geheiratet oder ein Neugeborenes dort getauft.
Um die nötigen Renovierungen und die Reinigung kümmern sich an vielen Stellen örtliche Kapellenvereine, sie verteilen unter ihren Mitgliedern Aufgaben wie das Läuten und die Öffnung der Kapelle während des Tages. Denn offene Kapellen laden Passanten zur Besinnung ein. Wegekreuze und Kruzifixe erinnern den Vorübereilenden an Jesus Christus, der von sich gesagt hat: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben.“
Rühriger Wanderverein
Ein solcher Verein ist auch der rührige Wanderverein „Bergkameradschaft Enzian“im württembergischbayrischen Grenzgebiet um Bolsternang und Kleinweiler mit seinen rund 500 Mitgliedern. Seit nunmehr 40 Jahren bietet er ein Wander- und Ausflugsprogramm an, das sich sehen lassen kann. Fast jede Woche ergeht eine Einladung zum Mitmachen: „Abwechslung im Alltag, neue Freunde finden, sich bewegen in der freien Natur, zusammensitzen und Kameradschaft pflegen“, so heißt es im Jahresprogramm.
Bald nach der Gründung des Vereins und der Festigung der Zusammengehörigkeit haben Vorstand und Vereinsmitglieder mit dem Bau der St.-Georgs-Kapelle und eines Kruzifix im Burggraben der Alt-Trauchburg, hoch im Wald gelegen zwischen Kleinweiler und Wengen, ein „inneres Vereinszentrum“geschaffen; als einen Ort des Gedenkens an verstorbene „Enzianer“, und auch als Ort der stillen Andacht für Wanderer und Burgbesucher.
Das nebenbei stehende Kruzifix ist Zentrum des Festgottesdienstes beim jährlichen Burgfest der Vereine im Burggraben. Geschnitzt wurde diese Besonderheit von Artur Huber aus Kleinhaslach: Sie zeigt nicht wie sonst den leidenden, sterbenden Jesus, sondern den österlichen Christus am Kreuz. Die Hände nicht festgenagelt, sondern jubelnd nach oben gen Himmel gestreckt. Der eingravierte Schriftzug unterstreicht die Gestik: „Kommet her zu mir alle.“Hier findet der Gläubige Hilfe und Heil, soll die Botschaft sein.
Auf zum „Herzen des Vereins“Weil die Bergmesse mit dem Totengedenken in diesem Jahr ins Wasser gefallen war, haben sich drei verdiente „Enzianer“am Ende der Saison auf den Weg gemacht zum „Herzen ihres Vereins“, um in aller Stille der Verstorbenen zu gedenken: der langjährige frühere Vereinsvorsitzende Celestin Rudhard, der seitherige, verdiente Kapellenwart Josef Zanker, und der „Schöpfer“des Kruzifix, Schreinermeister und Holzschnitzer Artur Huber.
Sollte das Wetter einladen, wäre die Alt-Trauchburg für Katholiken ein Ziel für das Totengedenken an Allerseelen.