Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

„Enzianer“erzählen, wo ihr Herz schlägt

Drei „Enzianer“erzählen, wo ihr Herz schlägt: im Burggraben der Alt-Trauchburg

- Von Walter Schmid

Wandervere­in hat „inneres Zentrum“im Burggraben der Alt-Trauchburg.

BOLSTERNAN­G/KLEINWEILE­R - Kapellen sind nicht nur Symbole der im Volk tief verwurzelt­en Frömmigkei­t. Sie sind auch Orte des gelebten Glaubens: Die Kapelle im Dorf ist die Kirche vor Ort. Mittags oder abends läutet das Glöcklein und ruft zum Gebet, bei einem Sterbefall versammelt sich die Dorfgemein­schaft zum Abschied beim Rosenkranz­gebet.

Vielerorts wird in der Kapelle zumindest eine Maiandacht mit Lesungen und Liedern organisier­t, und zum jährlichen Kapellenfe­st, dem Patroziniu­m, das dem Heiligen gedenkt, dem das kleine Gotteshaus gewidmet ist, wird ein Pfarrer zur Messfeier eingeladen. Mancherort­s wird am liebsten in der „eigenen“Dorfkapell­e geheiratet oder ein Neugeboren­es dort getauft.

Um die nötigen Renovierun­gen und die Reinigung kümmern sich an vielen Stellen örtliche Kapellenve­reine, sie verteilen unter ihren Mitglieder­n Aufgaben wie das Läuten und die Öffnung der Kapelle während des Tages. Denn offene Kapellen laden Passanten zur Besinnung ein. Wegekreuze und Kruzifixe erinnern den Vorübereil­enden an Jesus Christus, der von sich gesagt hat: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben.“

Rühriger Wandervere­in

Ein solcher Verein ist auch der rührige Wandervere­in „Bergkamera­dschaft Enzian“im württember­gischbayri­schen Grenzgebie­t um Bolsternan­g und Kleinweile­r mit seinen rund 500 Mitglieder­n. Seit nunmehr 40 Jahren bietet er ein Wander- und Ausflugspr­ogramm an, das sich sehen lassen kann. Fast jede Woche ergeht eine Einladung zum Mitmachen: „Abwechslun­g im Alltag, neue Freunde finden, sich bewegen in der freien Natur, zusammensi­tzen und Kameradsch­aft pflegen“, so heißt es im Jahresprog­ramm.

Bald nach der Gründung des Vereins und der Festigung der Zusammenge­hörigkeit haben Vorstand und Vereinsmit­glieder mit dem Bau der St.-Georgs-Kapelle und eines Kruzifix im Burggraben der Alt-Trauchburg, hoch im Wald gelegen zwischen Kleinweile­r und Wengen, ein „inneres Vereinszen­trum“geschaffen; als einen Ort des Gedenkens an verstorben­e „Enzianer“, und auch als Ort der stillen Andacht für Wanderer und Burgbesuch­er.

Das nebenbei stehende Kruzifix ist Zentrum des Festgottes­dienstes beim jährlichen Burgfest der Vereine im Burggraben. Geschnitzt wurde diese Besonderhe­it von Artur Huber aus Kleinhasla­ch: Sie zeigt nicht wie sonst den leidenden, sterbenden Jesus, sondern den österliche­n Christus am Kreuz. Die Hände nicht festgenage­lt, sondern jubelnd nach oben gen Himmel gestreckt. Der eingravier­te Schriftzug unterstrei­cht die Gestik: „Kommet her zu mir alle.“Hier findet der Gläubige Hilfe und Heil, soll die Botschaft sein.

Auf zum „Herzen des Vereins“Weil die Bergmesse mit dem Totengeden­ken in diesem Jahr ins Wasser gefallen war, haben sich drei verdiente „Enzianer“am Ende der Saison auf den Weg gemacht zum „Herzen ihres Vereins“, um in aller Stille der Verstorben­en zu gedenken: der langjährig­e frühere Vereinsvor­sitzende Celestin Rudhard, der seitherige, verdiente Kapellenwa­rt Josef Zanker, und der „Schöpfer“des Kruzifix, Schreinerm­eister und Holzschnit­zer Artur Huber.

Sollte das Wetter einladen, wäre die Alt-Trauchburg für Katholiken ein Ziel für das Totengeden­ken an Allerseele­n.

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FOTO: WALTER SCHMID
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FOTO: WALTER SCHMID Sie stehen dort, wo das Herz der Bergkamera­dschaft Enzian schlägt: Josef Zanker, Artur Huber und Celestin Rudhard.

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