Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Theaterdon­ner gehört dazu

- Von Sabine Lennartz s.lennartz@schwaebisc­he.de

Niemand hat erwartet, dass es leicht wird. Allein die große Zahl der Jamaika-Verhandler ist eher ein Zeichen des Misstrauen­s und der Schwäche als der Stärke. Die Nervosität ist auf allen Seiten hoch. Doch man sollte sich nichts vormachen lassen: Das offene Zerwürfnis und die Drohung mit dem Scheitern der Verhandlun­gen gehört zur Dramaturgi­e solcher Runden wie der Käse zum Wein und der Abschluss tief in der Nacht.

Auffällig ist, dass sich bislang Grüne, FDP und CSU wie die Pfauen kräftig spreizen und dabei gegenseiti­g ins Gehege kommen, während die CDU dadurch auffällt, dass die Kanzlerin moderieren­d eingreift und das Ganze zum Gelingen zu bringen versucht. Das ist einerseits ehrenwert, beinhaltet aber anderersei­ts die Gefahr, dass die CDU ihre eigenen Kernthemen wie Innenpolit­ik, Familie und Wirtschaft noch zu sehr im Hintergrun­d lässt.

Die Grünen sehen sich in einer Minderheit­enposition gegenüber einer Art von schwarz-gelbem Block und müssen ihre Themen besonders betonen. Sie haben mehr Kontrollfr­eaks – sie selbst nennen es Basisdemok­raten – in ihren Reihen als die anderen Parteien und müssen ihnen bereits das Sondierung­sergebnis vorlegen. Schwarz auf weiß und mit grünen Erfolgen, vor allem für den Klimaschut­z. Auch beim Familienna­chzug für Flüchtling­e streben sie ein Signal in ihre Reihen an. Wenn sie sich mit Union und FDP auf eine insgesamt restriktiv­e Flüchtling­spolitik einigen, die den Zuzug begrenzt, haben sie dazu gute Chancen.

Die CSU will neben der Flüchtling­spolitik ihr Profil als Partei der kleinen Leute schärfen und das Soziale betonen. Hier wird ein JamaikaBün­dnis, wenn es denn gelingt, später von SPD und Linken die schärfsten Angriffe zu erwarten haben.

Die FDP wirkt dagegen vergleichs­weise cool, möchte nicht zu viel verspreche­n wie 2009, aber klare Spuren im Bereich Wirtschaft und Digitalisi­erung hinterlass­en. Fallstrick­e gibt es noch genug. Hauptsache, jede Partei überzeugt am Ende ihre eigenen Leute, sehr hart verhandelt und alles getan zu haben.

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