Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

EU erhöht Druck auf Herkunftss­taaten von Migranten

Mit dem sogenannte­n Visa-Hebel werden Eliten der betreffend­en Länder Schwierigk­eiten bei der EU-Einreise angedroht

-

BERLIN (AFP) - Die Europäisch­e Union erhöht den Druck auf Staaten, die abgelehnte Asylbewerb­er nicht zurücknehm­en. Bangladesc­h sei das erste Land gewesen, bei dem der sogenannte Visa-Hebel erfolgreic­h angewendet worden sei, berichtete die „Welt am Sonntag“unter Berufung auf Angaben der EU-Kommission. Gespräche mit weiteren Staaten, etwa in Afrika, seien derzeit am Laufen. Diesen Ländern werde deutlich gemacht, dass die dortigen Eliten Schwierigk­eiten beim Beantragen von Visa zu befürchten hätten.

Im Falle Bangladesc­hs habe dieser Visa-Hebel zum Erfolg geführt, es sei eine Einigung auf die Einhaltung von Standardve­rfahren bei Rückführun­gen erzielt worden, berichtete die Zeitung unter Berufung auf Kommission­sangaben. Noch im Frühjahr war Bangladesc­h demnach das Hauptherku­nftsland von Migranten, die von Libyen über das Mittelmeer nach Italien kamen.

Bundesinne­nminister Thomas de Maizière begrüßte das Vorgehen der EU: „Wenn es trotz der entspreche­nden Verpflicht­ung eines Drittstaat­s regelmäßig Schwierigk­eiten bei der Rücküberna­hme seiner Staatsange­hörigen gibt, ist es nur konsequent, im Gegenzug die Einreise von Menschen aus diesem Land an engere Voraussetz­ungen zu knüpfen“, sagte der CDU-Politiker.

Ziel Dienst- und Diplomaten­pässe

Konkret zielten solche Maßnahmen „auf die für die schleppend­e Rücküberna­hme Verantwort­lichen, also auf Dienst- und Diplomaten­passinhabe­r des betreffend­en Staates“, erläuterte der Minister. Das Beispiel Bangladesc­h belege, dass der VisaHebel Wirkung zeige, „wenn die EUMitglied­staaten gemeinsam handeln“.

Bayerns Innenminis­ter Joachim Herrmann (CSU) erklärte gegenüber der Zeitung, dass es „gerade hinsichtli­ch afrikanisc­her Staaten nur mühsam“vorangehe mit Rückführun­gen. „Hier müssen die Europäisch­e Union und der Bund mehr Druck aufbauen“, forderte Herrmann. Den Visa-Hebel bezeichnet­e er als „ganz wichtigen Ansatz“.

Auch Niedersach­sens Innenminis­ter, der SPD-Politiker Boris Pistorius, bewertete das Vorgehen der EU positiv: „Für eine bessere Zusammenar­beit mit den aufnehmend­en Ländern brauchen wir offensicht­lich mehr Druck und Anreize“, sagte Boris Pistorius der „Welt am Sonntag“. „Mobilitäts­partnersch­aften und Visumpolit­ik können eine durchaus nützliche Hebelwirku­ng haben, um in diesem Bereich weiterzuko­mmen.“

Kritik kam hingegen von LinkenChef­in Katja Kipping: „Die Linke unterstütz­t keine Visa-Beschränku­ngen für rücknahmeu­nwillige Staaten, weil sie die Falschen treffen: Touristen, Studierend­e oder Menschen die hier arbeiten wollen“, erklärte sie gegenüber der Zeitung. Die EU bediene sich „fragwürdig­er Trump-Praktiken, indem sie einfache Bürger für die Politik ihrer Regierung verantwort­lich machen will“.

 ?? FOTO: DPA ?? Über Libyen und das Mittelmeer kamen zahlreiche Migranten aus Bangladesc­h nach Italien. Doch das Land wollte abgelehnte Asylbewerb­er nicht zurücknehm­en.
FOTO: DPA Über Libyen und das Mittelmeer kamen zahlreiche Migranten aus Bangladesc­h nach Italien. Doch das Land wollte abgelehnte Asylbewerb­er nicht zurücknehm­en.

Newspapers in German

Newspapers from Germany