Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Kampf um die Autoversicherung
Onlineportale verschärfen die Konkurrenz
MÜNCHEN (dpa) - Die Kampfansage kommt im Fernsehen: „Mach Schluss mit deinem Versicherungsvertreter.“Mit dem neuen Werbespot will das Maklerportal Check24 den scharfen Wettbewerb um die Kfz-Versicherung anheizen, mit dem Versprechen, für die Kunden die günstigeren Tarife zu bieten. In dem Spot wird der vielen Fernsehzuschauern noch bekannte „Herr Kaiser“in die Wüste geschickt, der einst für die inzwischen nicht mehr existente HamburgMannheimer warb.
Der Anlass: Die alljährliche Wechselsaison in der Kfz-Versicherung hat begonnen, alljährlich im Herbst schließt eine seit Jahren wachsende Millionenschar von Autofahrern neue Policen ab. 2016 vermittelte Check24 erstmals über eine Million Kfz-Versicherungsverträge. Dieses Mal hofft das Münchner Onlineunternehmen auf noch mehr Kunden. „Wir wollen weiter wachsen“, sagt ein Sprecher.
Doch sowohl die zwei größten Kfz-Versicherer als auch die selbstständigen Versicherungsvertreter setzen sich zur Wehr. HUK Coburg und Allianz haben zusammen mit mehr als 20 Millionen Verträgen fast die Hälfte aller privaten Kfz-Versicherungspolicen in Deutschland abgeschlossen. Doch die Angebote der zwei Großen fehlen auf Check24 und anderen Vermittlungsportalen.
Die Allianz als größter deutscher Versicherer und Nummer 2 auf dem Kfz-Markt ist mit ihrer Onlinetochter Allsecur auf Portalen vertreten, nicht aber mit der eigentlichen Marke Allianz. Der Kfz-Marktführer HUK Coburg ist in diesem Herbst noch einen Schritt weiter gegangen und hat sich auch mit der Onlinetochter HUK24 aus dem Portalgeschäft zurückgezogen.
Der Ton wird zunehmend rauer
Die Portale werben mit dem Argument, für die Kunden den günstigsten Tarif zu finden. Die HUK antwortete im September mit einem frontalen Gegenangriff und drehte den Spieß um: „Vergleichsportale sind zu teuer“, lautete die Überschrift der Pressemitteilung, in der das Unternehmen seinen Portalboykott verkündete.
Das bezieht sich darauf, dass die Vergleichsportale Onlinemakler sind und daher ebenso Provision kassieren wie menschliche Vertreter. In der Versicherungsbranche ist von teilweise über 100 Euro pro Kfz-Vertrag die Rede. Häufig genannt wird für Check24 eine Provision von 80 bis 100 Euro, offiziell sagen aber weder Check24 noch die Versicherungen etwas zum Thema Provision. Und da die Onlinekonkurrenten oft aufwendige Werbekampagnen führen, argumentiert die HUK, dass der Versicherungskauf per Portal sogar teurer sei.
Und außerdem setzt auch der Bundesverband der Versicherungskaufleute (BVK) seinen juristischen Feldzug gegen Check24 fort. BVKPräsident Michael Heinz will erreichen, dass der Onlinekonkurrent die Besucher der Webseite möglichst frühzeitig auf die Maklertätigkeit hinweist. Check24 warf Heinz und seinem Verband im Gegenzug vor, selbst gegen die gesetzlichen Informationspflichten zu verstoßen.
Check24 dagegen argumentiert, dass das Portal echte Vorteile biete: Auf der Webseite seien weit mehr Versicherungsunternehmen vertreten als bei einem traditionellen Vermittler – allein 60 Anbieter von KfzPolicen. „Das ist die Demokratisierung des Vergleichswettbewerbs“, sagt Sprecher Daniel Friedheim. Etwa zwei Drittel der Kunden entscheiden sich für Anbieter, die sie vorher nicht kannten. „Gerade die kleinen Anbieter, die der Kunde normalerweise nicht kennt, tauchen bei uns auf.“
Nicht alle Großen der Branche gehen auf Distanz zu den Vergleichsportalen. Keinen Kampf gegen Check24 und Co. führt die italienische Generali-Gruppe, nach der Allianz der zweitgrößte Privatkundenversicherer in Deutschland. „Vergleichsportale sind für bestimmte Produkte, wie zum Beispiel der KfzVersicherung, ein durchaus starker Vertriebsweg, da er zunehmend von Kunden nachgefragt wird“, sagt David Stachon, der Chef des Digitalgeschäfts. Generali wolle allen Kunden über den von ihnen bevorzugten Kanal ein Angebot unterbreiten.
Provisionen seien immer auch Verhandlungssache. „Wir würden daher niemals Provisionsniveaus bezahlen, die die Profitabilität der Produkte infrage stellen würden“, sagt Stachon. „Für uns ist entscheidend, wie lange die vermittelten Kunden beim Versicherer bleiben. Ein KfzKunde, der jedes Jahr wechselt, kann für Versicherer nicht interessant sein.“
Am ungemütlichsten ist die Lage jedenfalls tatsächlich für „Herrn Kaiser“: den Versicherungsvertreter alter Schule. Nach den Zahlen des Gesamtverbands der deutschen Versicherungswirtschaft wurden 2016 bereits 18,5 Prozent des Neugeschäfts in der Versicherungsbranche über Portale oder im Direktvertrieb abgeschlossen, 2014 waren es noch 16,3 Prozent. Mit einem Ende dieses Trends rechnet derzeit niemand in der Branche. Der Kampf um die Kunden wird sich voraussichtlich weiter verschärfen.