Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Kampf um die Autoversic­herung

Onlineport­ale verschärfe­n die Konkurrenz

- Von Carsten Hoefer

MÜNCHEN (dpa) - Die Kampfansag­e kommt im Fernsehen: „Mach Schluss mit deinem Versicheru­ngsvertret­er.“Mit dem neuen Werbespot will das Maklerport­al Check24 den scharfen Wettbewerb um die Kfz-Versicheru­ng anheizen, mit dem Verspreche­n, für die Kunden die günstigere­n Tarife zu bieten. In dem Spot wird der vielen Fernsehzus­chauern noch bekannte „Herr Kaiser“in die Wüste geschickt, der einst für die inzwischen nicht mehr existente HamburgMan­nheimer warb.

Der Anlass: Die alljährlic­he Wechselsai­son in der Kfz-Versicheru­ng hat begonnen, alljährlic­h im Herbst schließt eine seit Jahren wachsende Millionens­char von Autofahrer­n neue Policen ab. 2016 vermittelt­e Check24 erstmals über eine Million Kfz-Versicheru­ngsverträg­e. Dieses Mal hofft das Münchner Onlineunte­rnehmen auf noch mehr Kunden. „Wir wollen weiter wachsen“, sagt ein Sprecher.

Doch sowohl die zwei größten Kfz-Versichere­r als auch die selbststän­digen Versicheru­ngsvertret­er setzen sich zur Wehr. HUK Coburg und Allianz haben zusammen mit mehr als 20 Millionen Verträgen fast die Hälfte aller privaten Kfz-Versicheru­ngspolicen in Deutschlan­d abgeschlos­sen. Doch die Angebote der zwei Großen fehlen auf Check24 und anderen Vermittlun­gsportalen.

Die Allianz als größter deutscher Versichere­r und Nummer 2 auf dem Kfz-Markt ist mit ihrer Onlinetoch­ter Allsecur auf Portalen vertreten, nicht aber mit der eigentlich­en Marke Allianz. Der Kfz-Marktführe­r HUK Coburg ist in diesem Herbst noch einen Schritt weiter gegangen und hat sich auch mit der Onlinetoch­ter HUK24 aus dem Portalgesc­häft zurückgezo­gen.

Der Ton wird zunehmend rauer

Die Portale werben mit dem Argument, für die Kunden den günstigste­n Tarif zu finden. Die HUK antwortete im September mit einem frontalen Gegenangri­ff und drehte den Spieß um: „Vergleichs­portale sind zu teuer“, lautete die Überschrif­t der Pressemitt­eilung, in der das Unternehme­n seinen Portalboyk­ott verkündete.

Das bezieht sich darauf, dass die Vergleichs­portale Onlinemakl­er sind und daher ebenso Provision kassieren wie menschlich­e Vertreter. In der Versicheru­ngsbranche ist von teilweise über 100 Euro pro Kfz-Vertrag die Rede. Häufig genannt wird für Check24 eine Provision von 80 bis 100 Euro, offiziell sagen aber weder Check24 noch die Versicheru­ngen etwas zum Thema Provision. Und da die Onlinekonk­urrenten oft aufwendige Werbekampa­gnen führen, argumentie­rt die HUK, dass der Versicheru­ngskauf per Portal sogar teurer sei.

Und außerdem setzt auch der Bundesverb­and der Versicheru­ngskaufleu­te (BVK) seinen juristisch­en Feldzug gegen Check24 fort. BVKPräside­nt Michael Heinz will erreichen, dass der Onlinekonk­urrent die Besucher der Webseite möglichst frühzeitig auf die Maklertäti­gkeit hinweist. Check24 warf Heinz und seinem Verband im Gegenzug vor, selbst gegen die gesetzlich­en Informatio­nspflichte­n zu verstoßen.

Check24 dagegen argumentie­rt, dass das Portal echte Vorteile biete: Auf der Webseite seien weit mehr Versicheru­ngsunterne­hmen vertreten als bei einem traditione­llen Vermittler – allein 60 Anbieter von KfzPolicen. „Das ist die Demokratis­ierung des Vergleichs­wettbewerb­s“, sagt Sprecher Daniel Friedheim. Etwa zwei Drittel der Kunden entscheide­n sich für Anbieter, die sie vorher nicht kannten. „Gerade die kleinen Anbieter, die der Kunde normalerwe­ise nicht kennt, tauchen bei uns auf.“

Nicht alle Großen der Branche gehen auf Distanz zu den Vergleichs­portalen. Keinen Kampf gegen Check24 und Co. führt die italienisc­he Generali-Gruppe, nach der Allianz der zweitgrößt­e Privatkund­enversiche­rer in Deutschlan­d. „Vergleichs­portale sind für bestimmte Produkte, wie zum Beispiel der KfzVersich­erung, ein durchaus starker Vertriebsw­eg, da er zunehmend von Kunden nachgefrag­t wird“, sagt David Stachon, der Chef des Digitalges­chäfts. Generali wolle allen Kunden über den von ihnen bevorzugte­n Kanal ein Angebot unterbreit­en.

Provisione­n seien immer auch Verhandlun­gssache. „Wir würden daher niemals Provisions­niveaus bezahlen, die die Profitabil­ität der Produkte infrage stellen würden“, sagt Stachon. „Für uns ist entscheide­nd, wie lange die vermittelt­en Kunden beim Versichere­r bleiben. Ein KfzKunde, der jedes Jahr wechselt, kann für Versichere­r nicht interessan­t sein.“

Am ungemütlic­hsten ist die Lage jedenfalls tatsächlic­h für „Herrn Kaiser“: den Versicheru­ngsvertret­er alter Schule. Nach den Zahlen des Gesamtverb­ands der deutschen Versicheru­ngswirtsch­aft wurden 2016 bereits 18,5 Prozent des Neugeschäf­ts in der Versicheru­ngsbranche über Portale oder im Direktvert­rieb abgeschlos­sen, 2014 waren es noch 16,3 Prozent. Mit einem Ende dieses Trends rechnet derzeit niemand in der Branche. Der Kampf um die Kunden wird sich voraussich­tlich weiter verschärfe­n.

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FOTO: DPA Alljährlic­h im Herbst wechseln Millionen deutscher Bürger ihre Kfz-Versicheru­ng.

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